Großhansdorf. Tiere und Menschen lebten in Abfall, Kot und Urin. Der Bürgermeister will die Gebäudenutzung jetzt verbieten.
Es ist Donnerstagvormittag, 11 Uhr. Den zweiten Tag in Folge sind Tierheimmitarbeiter und Polizisten auf dem verwahrlosten Grundstück an der Schnittstelle Sieker Landstraße/Grenzeck direkt hinter der Aral-Tankstelle in Großhansdorf. Auch eine Veterinärin des Kreises ist vor Ort. Sie wollen Katzen retten, die nicht artgerecht gehalten werden. Rund 80 von ihnen wurden bereits am Vortag in speziellen Boxen abtransportiert und in Heimen untergebracht.
Auf das Klopfen an der Tür reagiert niemand. Also legen die beiden Polizisten in ihren grünen Schutzanzügen den Bolzenscheider an, öffnen ein Fenster des Messie-Hauses und verschaffen sich Zutritt. Dabei tragen sie einen Mundschutz. Kurze Zeit später treten sie mit den Bewohnerinnen, einer 70-Jährigen und ihrer Tochter (50), aus der Eingangstür. Die Frauen verhalten sich ruhig, wissen genau, was jetzt passiert: Auch die rund 20 weiteren Samtpfoten werden ihnen entzogen. Die Veterinärin redet die Damen kurz und bestimmt an, es fällt das Wort Quälerei. Dann spricht sie ein Tierhalteverbot aus. Zudem müssen die beiden Großhansdorferinnen draußen warten, um diejenigen, die im Gebäude nach Tieren suchen, nicht zu stören. Neben ihnen türmt sich der Müll.
Bürgermeister: "Am liebsten würden wir das Haus dichtmachen“
Bürgermeister Janhinnerk Voß ist der Zustand schon seit Längerem ein Dorn im Auge. Er sagt: „Wir haben am Donnerstagmorgen die Bauaufsicht des Kreises eingeschaltet. Am liebsten würden wir das Haus dichtmachen.“ Er prüfe derzeit, ob die Gemeindeverwaltung ein Nutzungsverbot aussprechen könne. In der Immobilie stinkt es gewaltig. Auf dem Boden liegt teilweise eine mehrere Zentimeter hohe Schicht aus Urin, Kot und Abfall – das bestätigte auch ein Polizist dem Abendblatt. Es gibt kein Strom im Haus, die Heizung ist defekt.
Untätig war Voß in der Vergangenheit nicht, um die Situation zu verbessern. Er berichtet von Klagen der Nachbarn, die ihn dazu bewogen, verschiedene Abteilungen des Kreises zu benachrichtigen: das Veterinäramt, die Bauaufsicht und zum Beispiel die Abfallbehörde. 2014 ordnete der Kreis eine Säuberung des Geländes an. Dagegen klagte die Eigentümerin mit Erfolg. „Wir hatten keine Chance, rechtlich etwas zu tun. Die persönliche Freiheit ist ein hohes Gut“, sagt Landrat Henning Görtz.
Nachbarn alarmierten die Polizei
Die Bewohnerinnen gaben stets an, eine einstellige Zahl von Katzen zu halten. Nachbarn schauten jedoch genauer hin und kamen auf einen anderen Wert. Sie waren es auch, die erneut die Polizei alarmierten. Diese Aktion mündete am Mittwoch in einen Großeinsatz mit Beteiligung der Freiwilligen Feuerwehr Großhansdorf, des Kreisveterinäramts, einer Amtstierärztin, des Gesundheits- sowie des Ordnungsamts und des psychiatrischen Notdienstes des Kreises.
Auch der Löschzug Gefahrgut rückte an, brachte Schutzanzüge für die Feuerwehrleute und Helfer. Nicht zu vergessen Mitarbeiter von Tierheimen aus Großhansdorf, Mölln, Bad Segeberg, Bad Oldesloe, Henstedt-Ulzburg und Hamburg, die Katzen in ihre Einrichtungen mitnahmen. Verwaltungschef Voß kam später dazu, streifte sich einen gelben Schutzanzug sowie Handschuhe über. „Ich wollte mit anfassen“, sagt der 54-Jährige. Dabei biss ihn ein Tier in die linke Hand. Voß eilte in die Parkklinik und erhielt Antibiotika.
Helfer suchten im Kotgemisch nach Katzen
Über den Mittwoch sagt der Großhansdorfer Bürgermeister: „Kompliment an alle Helfer und die Tierschützer, die zehn Stunden bis in den späten Abend in dem Kotgemisch nach Katzen gesucht haben.“ Alle wurden an jenem Tag aber nicht eingesammelt. Deshalb war ein weiterer Einsatz am Donnerstag nötig.
Mit dabei war auch Julia Specht vom Großhansdorfer Tierheim samt zwei Kolleginnen. Sie sagt: „Erwachsene Tiere waren gut genährt, Welpen jedoch krank.“ Eine Katze leide an einer so schlimmen Infektion, dass das Auge zugeschwollen sei. „Die Tiere werden jetzt untersucht, gegebenenfalls geimpft und kastriert.“ Vorerst bleiben die Vierbeiner in den Tierheimen. „Bevor sie an Interessenten abgegeben werden, muss die Gemeinde Großhansdorf eine Freigabe erteilen“, sagt Specht.