Ahrensburg. Zwischen Klassik und Folk: Beim Konzert im Ahrensburger Marstall bietet das kanadisch-amerikanische Ensemble das Beste aus zwei Welten.

Sobald das kanadisch-amerikanische Ensemble The Fretless auf der Bühne vom Marstall in Ahrensburg steht, ist es in seinem Element. Im Programm des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) firmierte das Konzert unter der Überschrift „Irish Folk“, doch das, was die Zuschauer erwartete, eröffnete einen Horizont, der weit über dieses Genre hinausreichte.

Schon im Namen The Fretless („Die Bundlosen“) klingt an, dass die tiefenentspannte Band sich Freiräume schafft, in denen ihre Musik gedeihen, sich entwickeln kann. Das zeigt sich bereits beim Blick in die Konzertbroschüre, die Besucher vor Ort erhalten. Ein genaues Programm mit der Spielabfolge der Stücke? Fehlanzeige. Es bleibt den Zuschauern also nichts anderes übrig, als sich auf das, was da kommen mag, einzulassen.

Faszinierendes Crossover mit dem Besten aus zwei Welten

Und das beginnt bedächtig, langsam schält sich eine Melodie aus der Abfolge von Tönen heraus. Das Ganze nimmt Fahrt auf, steigert sich zu einem furiosen Stück und ist dabei doch voller Leichtigkeit und Lässigkeit. Schon beim ersten Stück zeigt sich: Wer beim Kartenkauf nur traditionelle irische Melodien à la Jigs und Reels im Kopf hatte, liegt genauso falsch wie Besucher, die auf ein Streichquartett mit klassischem Repertoire gesetzt haben. Statt dessen bieten The Fretless das Beste aus zwei Welten und verschmelzen es in faszinierenden Arrangements zu einem ungewohnten, aber unglaublich authentischen Hörerlebnis.

Die Instrumentierung aus dreimal Viola beziehungsweise Fiddle sowie einem Cello eröffnet den klassisch ausgebildeten Musikern durch angepasste Spielweise viel Raum für unterschiedliche Gewichtung und eigene Gestaltung. In ihren Songs verarbeiten sie weitere Einflüsse wie beispielsweise Country („Maybe Molly“) oder Electro wie im zukunftsweisenden „Hold on“ zu ihrem individuellen, innovativen und technisch bis zur Perfektion getriebenen Stil. Da wird gestrichen, geklopft, angetippt, gezupft oder Streich- einfach zu Rhythmusinstrumenten umfunktioniert. Das Publikum lässt sich von der Begeisterung der Künstler und ihrem schwungvollen Vortrag anstecken. Enthusiastischere Naturen klatschen im Takt, andere wippen nur mit, die dritte Gruppe verfolgt scheinbar unbeeindruckt das Geschehen und zeigt ihre Begeisterung erst durch reichlich Beifall.

Zwischen den Songs plaudern Ben Plotnick, Karrnnel Sawitsky, Trent Freeman und Eric Wright mit dem Publikum, loben deutsches Bier und den warmherzigen Empfang. Mit ihrer unkomplizierten Art und den humorvollen Bemerkungen gewinnen sie schnell die Sympathien der Zuschauer. Mit ihrer Musik sorgen sie dafür, dass dieses Konzert noch lange nach seinem Ende in den Köpfen nachklingt. Erinnerungen wie diese können nur dann entstehen, wenn die Musik den Verstand und das Herz erreicht hat.