Lübeck. Allein im Kreis Stormarn stahl der Serientäter Pkw im Gesamtwert von mehr als einer Million Euro. Wird Rafal W. ausgeliefert?
Rafal W. ist ein Serienverbrecher. Doch jetzt wird der Pole, der unter anderem im Kreis Stormarn Luxusautos gestohlen hat, wohl eine lange Zeit nicht mehr seiner kriminellen Tätigkeit nachgehen. Das Landgericht in Lübeck hat den 42-Jährigen zu fünf Jahren Haft und einer Schadensersatzzahlung von 351.000 Euro verurteilt. Die Verteidigung hat Revision eingelegt.
Rafal W. droht außerdem eine Auslieferung nach Österreich. Dort war der 42-Jährige bereits zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden, hatte sich aber nach der Urteilsverkündung abgesetzt. Die Möglichkeit einer Flucht wird Rafal W. in Deutschland nicht bekommen. Nachdem Richter Kai Schröder das Urteil verkündet hatte, das ein Jahr unter der Forderung der Staatsanwaltschaft lag, wurde der Autodieb von Justizbeamten abgeführt.
Der Autodieb lebte zuletzt auf Mallorca
14 schwere Diebstähle wurden ihm zur Last gelegt. Hinzu kamen ein versuchter Diebstahl, Urkundenfälschung und Widerstand bei der Festnahme. „Wir sind in den meisten Fällen zu der Ansicht gekommen, dass der Angeklagte die Fahrzeuge eigenhändig gestohlen hat“, sagte Richter Schröder in der Urteilsbegründung. Zu Rafal W., der dem Prozess mit Hilfe einer Dolmetscherin folgte, sagte Schröder: „Sie sind ein versierter Dieb, der seine Taten zu verschleiern weiß. Und das ist hier geschehen.“ Doch das Gericht habe die Versuche des Angeklagten durchschaut, von seiner Schuld abzulenken.
Rafal W. lebte mit seiner Verlobten auf Mallorca, war bis zu seiner Festnahme mit falschen Personalien unterwegs. Er nutzte Tarnidentitäten, falsche Ausweise, unterschiedliche Mobiltelefone. Im Prozess wollte er den Eindruck erwecken, er sei immer nur Komplize gewesen, nicht der Haupttäter. Doch letztendlich verrieten ihn die Standortdaten seiner Smartphones.
Der Serienverbrecher wurde längere Zeit observiert
W. war vor seiner Festnahme über einen längeren Zeitraum überwacht worden. Immer wieder konnte er der Polizei entkommen. Zuletzt im Mai 2017, als Polizisten ihn am Steuer eines Lexus mit polnischen Kennzeichen auf der A 21 stoppten. Wie sich später herausstellte, war das Luxusauto zuvor gestohlen worden. Der 42-Jährige legte den Beamten falsche Ausweispapiere vor. Der Schwindel flog auf, doch bevor der gebürtige Pole festgenommen werden konnte, lief er über ein Feld davon. Die Polizisten konnten ihn nicht verfolgen, weil sich in dem Auto noch ein Kind befand.
Diesen Punkt hielt Staatsanwältin Britta Berkenbusch dem Angeklagten im Plädoyer explizit vor: „Sie haben nicht einmal davor zurückgeschreckt, Ihr Kind mit in Ihre Machenschaften hineinzuziehen.“ Sie attestierte Rafal W. eine „hohe Kaltschnäuzigkeit“. Die Forderung nach einer langen Haftstrafe begründete die Juristin auch damit, dass W. nach der Beinahe-Festnahme offenbar nicht daran dachte, mit Diebstählen aufzuhören.
Langes Vorstrafenregister aus verschiedenen Ländern
Hinzu kam die Sammlung an Vorstrafen, die der Mann seit Anfang der 90er-Jahre in mehreren europäischen Ländern angehäuft hatte: In Deutschland, Polen, Österreich und Spanien füllten die Behörden ihre Datenbanken mit den Vergehen des Mannes: schwerer Diebstahl, Betrug, Hehlerei, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Staatsanwältin Berkenbusch: „Sie sind ein Berufsverbrecher.“
Für den Angeklagten spreche allein die Tatsache, dass viele der gestohlenen Autos zu ihren Besitzern zurückgekommen seien: „Wobei das weniger ihm als vielmehr der guten Arbeit der Polizei zu verdanken ist.“
Autos im Gesamtwert von einer Million Euro gestohlen – nur aus Stormarn
Auch wenn Rafal W. bei der Lexus-Kontrolle flüchten konnte, brachte das Auto die Ermittler auf die Spur des Mannes. Im Wagen fanden die Polizisten Mobiltelefone, einen Funkwellenverlängerer, mit dem sich Keyless-Go-Systeme überlisten lassen, gefälschte Papiere – und den echten Personalausweis sowie DNA-Spuren.
Die von Mai 2017 bis September 2018 auch in Glinde, Reinbek, Ahrensburg, Barsbüttel, Siek und Oststeinbek gestohlenen Autos hatten einen Wert von mehr als einer Million Euro. Die Staatsanwaltschaft forderte sechs Jahre Gefängnis, der Verteidiger plädierte für unter vier Jahren. Sein Mandant habe sich in einigen Anklagepunkten geständig gezeigt.
Das letzte Wort hatte Rafal W. „Es tut mir leid, dass ich diese Verbrechen begangen habe“, übersetzte seine Dolmetscherin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Über den österreichischen Auslieferungsantrag muss noch entschieden werden. Sollte das Urteil in der Revision bestätigt werden, wäre es denkbar, dass W. einen Teil der Strafe in Deutschland absitzt und dann in sein Heimatland Polen überstellt wird.