Grossensee. Katharina Kagel renovierte ein 100 Jahre altes Bauernhaus in Großensee. Ihr neues Zuhause dient gleichzeitig als Kulturstätte.
Sie hat für sich ein neues Zuhause geschaffen, gleichzeitig auch eine Kulturstätte für Großensee: Sechs Monate lang restaurierte Opernsängerin Katharina Maria Kagel ein mehr als 100 Jahre altes Bauernhaus an der Fritz-Berodt-Straße. Stück für Stück brachte sie dessen alte Schönheit wieder zum Vorschein: Die unter mehreren Schichten versteckte goldschimmernde Seidentapete an der Garderobe sowie die unter dem Laminat gelegenen ockerfarbenen Fliesen. Kagel versucht, die Geschichte des Hauses so gut es geht zu konservieren. Dies betrifft weit mehr als nur die Optik der Räumlichkeiten.
In den 1980er und -90er Jahren wurde im Haus von Herrmann und Ursula Möller regelmäßig musiziert. Diese Tradition möchte Kagel nun wieder aufleben lassen. Über eine von den Eheleuten ins Leben gerufene Stiftung bezog die Opernsängerin die Räume im Erdgeschoss. Um diese der Öffentlichkeit zu präsentieren, hat sich Katharina Kagel ein besonderes Format ausgedacht: Im Rahmen einer mehrteiligen Veranstaltungsreihe will sie Hauskonzerte für etwa 40 bis 60 Personen geben.
Die Veranstaltungsreihe startet im August
In Anlehnung an die NDR-Sendung „Inas Nacht“ will auch Kagel ihre Gäste mit einer Mischung aus Talk und viel Musik unterhalten. Ähnlich maritim wie im Aufzeichnungsort der Late Night Show – der Hamburger Seemannskneipe Zum Schellfischposten – hat die Großenseerin Teile des offenen Eingangsbereichs mit Bildern von Segelschiffen gestaltet. Die eigentlichen Konzerte sind jedoch im großzügig angeordneten Wohn- und Gesangszimmer geplant, das durch einen schwarzen Flügel, Stuckleisten und Kronleuchter besticht.
Das erste Konzert ist für Sonntag, 25. August geplant. Die Opernsängerin lädt ab 16 Uhr zu einer Soiree ein, bei der klassische Musik im Vordergrund steht. Konzertpianistin Karolina Trojok wird Werke von Chopin, Brahms und Schubert spielen. Kagel selbst widmet sich ebenfalls Schubert sowie italienischen Arien. In den Pausen werden Wasser und Wein gereicht. Da es sich um ein Hauskonzert handelt, nimmt Kagel keinen Eintritt. Um die Veranstaltungsreihe durchführen und die Künstler ausreichend bezahlen zu können, ist die Opernsängerin jedoch auf Spenden der Besucher angewiesen.
Am 9. November wird Kagel dann „Posch und Popp“ präsentieren. Mit „Sie nennen es Nichtstun“ feierte Alexander Posch 2014 sein Romandebüt. In Großensee will der Hamburger Autor unterhaltsame Kurzgeschichten vortragen. Der Singer-Songwriter Johann Popp begleitet ihn dabei musikalisch. Mit einem ähnlichen Konzept gestalteten Kagel und Posch im vergangenen Jahr das ausverkaufte Neujahrskonzert in der Trittauer Wassermühle. „Jetzt, wo die Innenräume fertig renoviert sind, möchten wir unbedingt wieder etwas zusammen machen“, sagt Kagel. „Das Haus war in einem tiefen Dornröschenschlaf.“ Geweckt wurde es mit einer Arie des italienischen Komponisten Giacomo Puccini. Bei der ersten Besichtigung testete die Opernsängerin kurzum die Akustik der historischen Räume.
Schon Plácido Domingo sang in dem Haus
Sie ist nicht die Erste, die sich zu einer spontanen Gesangsdarbietung hinreißen ließ. Neben dem Opernsänger Karl Schulz soll auch Plácido Domingo in den Räumen an der Fritz-Berodt-Straße sein Talent unter Beweis gestellt haben. In seinen jungen Jahren war der spanische Opernsänger nach seinem Auftritt in der Hamburger Staatsoper zu einem Umtrunk nach Großensee gekommen. Mitten in der Nacht und bei offenem Fenster soll er schließlich eine Arie angestimmt haben. „Manche Nachbarn haben Ruhe gebrüllt“, sagt Kagel und lacht. „Sie wussten nicht, dass hier ein Weltstar singt.“
Maria Kagel kennt viele Geschichten über das 1910 gebaute Haus und schätzt jede Einzelne davon. Sie erzählt von legendären Weihnachtsfeiern, Teeparties und Soirees. Mit einem eigenen Format möchte sie nun alte Erinnerungen aufleben lassen – und gleichzeitig neue schaffen. „Das war schon immer mein Traum“, sagt Kagel. „Es ist fast so als hätte das Haus auf mich gewartet.“