Elmenhorst. Abfallwirtschaft Südholstein appelliert an Verbraucher, Geräte zum Wiederverwerten wertvoller Rohstoffe abzugeben.
Einen „echten Knochen“ habe Jerome Stolz ausgegraben, sagte Olaf Stötefalke, Kommunikationschef der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH). Bei einem Gewinnspiel hatte das Unternehmen nach dem ältesten Handy aus den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg gesucht. Mit aktuellen Modellen hat das Siegergerät, ein International 3200 der Marke Motorola aus dem Jahr 1992, wenig gemein.
Neben Apples iPhone X, das Stolz als Gewinner erhielt, schien es kaum vorstellbar, dass das ungefähr 30 Zentimeter hohe und zehn Zentimeter breite Gerät mit ausklappbarer Antenne seinerzeit ein Aushängeschild in Sachen Innovation und Technik war. Skurrilitäten sammeln wollte die Abfallwirtschaft mit der Aktion nicht, vielmehr wolle man auf ein Problem aufmerksam machen: „Zahllose Althandys liegen jahrelang ungenutzt herum. Dabei enthalten sie wertvolle Komponenten, die dringend recycelt werden sollten“, sagt Stötefalke.
Deutschlandweit liegen rund 124 Millionen Geräte ungenutzt herum
„Angesichts der sich überschlagenden Neuentwicklungen im Mobilsektor und dem Drang vieler Menschen, stets technisch auf dem Stand zu sein, erleben wir gerade eine Flut von Altgeräten“, warnt der Experte. „In hoher Zahl liegen sie zu Hause in einer Schublade.“ Im Schnitte habe jeder Deutsche 1,5 Althandys im Schrank liegen. In Stormarns Haushalten liegen schätzungsweise rund 330.000 ungenutzte Handys zu Hause, deutschlandweit seien es rund 124 Millionen Geräte. Abgegeben würden auf AWSH-Recyclinghöfen nur etwa 2000 Geräte pro Jahr. „Das ist verwerflich, weil die verbauten Rohstoffe dem Wiederverwertungskreislauf nicht wieder zugeführt würden, die Ressourcen aber nur begrenzt zur Verfügung stehen“, so Olaf Stötefalke.
Tonnenweise Gold, Silber und Kupfer schlummern in den Althandys
„In deutschen Althandys schlummern drei Tonnen Gold, 30 Tonnen Silber und noch mehr Kupfer.“ Auch Coltan, Kobalt und Lithium seien rare Rohstoffe. „Gerade der Neuabbau von Kobalt erfolgt in Afrika unter schlimmsten Bedingungen.“ Auch Jerome Stolz hatte sich bisher wenig Gedanken über die Abgabe seiner Altgeräte gemacht. „Das Motorola gehörte meinem Vater, wir haben noch drei weitere Althandys zu Hause liegen“, sagt der 22-jährige Möllner. Erst als er über Facebook auf den Wettbewerb gestoßen sei, habe er sie hervorgekramt. Unter mehr als 50 Einsendungen, vom vorletzten iPhone-Modell bis zum antiquierten Nokia-Gerät war sein Motorola das betagteste Relikt einer früheren Mobilfunk-Ära.
Mit 27 Jahren ist das Siegergerät sogar älter als Stolz selbst. „Es war damals eines der ersten Mobiltelefone auf dem deutschen Markt“, weiß er. Den Kaufwert schätzt er auf mehr als 1000 D-Mark. 30 Minuten habe man mit dem Motorola telefonieren können, „dann musste der Akku zehn Stunden aufgeladen werden.“ Zuletzt habe es sein Vater vor 25 Jahren benutzt. Stolz: „Der Akku hat zwar über die Jahre gelitten, aber wenn man ihn auswechseln würde, könnte man das Handy auch heute noch gut nutzen.“
Auf 13 Recyclinghöfen stehen Spezialbehälter für die Abgabe bereit
Für die Abgabe der Altgeräte hat die AWSH auf allen ihrer 13 Recyclinghöfe Spezialbehälter aufgestellt, denn in den Handys sind Gefahrstoffe enthalten, die eine Entsorgung im normalen Abfall ausschließen. „Der Förderverein Ökologische Freiwilligendienste sammelt die Geräte dort ein und leitet sie an das Unternehmen Mobile Box weiter“, erklärt Stötefalke. Die Aachener Firma ist auf die Rückgewinnung der seltenen Rohstoffe spezialisiert.
Ein Teil des Erlöses aus der Wiederverwertung erhält der Förderverein zurück. „Je nach Qualität des Handys liegt er bei 50 Cent bis einem Euro“, so der Kommunikationschef. „Mit dem Geld finanziert der Verein Projekte zum Freiwilligen Ökologischen Jahr in der Region.“ Dadurch trage das Handyrecycling im doppelten Sinne zum Umweltschutz bei – durch Ressourcenschutz und durch die Förderung ökologischer Freiwilligendienste. Alternativ sind seit 2016 auch Händler zur Rücknahme von Altgeräten verpflichtet, sofern die Verkaufsfläche für Elektronikartikel mindestens 400 Quadratmeter groß ist.