Bargteheide/Trittau. Kaum jemand möchte sich bei der Wasseraufsicht in Stormarn engagieren. Bei Personalmangel drohen eingeschränkte Öffnungszeiten.
Einige Kommunen und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) haben Sorge, dass Stormarner die heißen Sommertage am Wasser nicht unbeschwert genießen können. Die Freibäder suchen händeringend nach Rettungsschwimmern, aber immer weniger Menschen möchten sich als Lebensretter engagieren. Die Gründe für die sinkende Attraktivität des Berufs sind vielfältig.
„Grundsätzlich muss man zwischen angestellten Bademeistern und solchen, die ehrenamtlich in ihrer Freizeit die Aufsicht übernehmen, unterscheiden“, sagt Martin Knaffel, Vorsitzender der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft Bargteheide. Seine Organisation stellt nur letztere. Wenn die Bäder in den Sommerferien und an den Wochenenden hoch frequentiert sind, unterstützen die Ehrenamtler die angestellten Rettungsschwimmer bei der Aufsicht. „Die Personalsituation ist bei beiden Gruppen angespannt“, sagt er.
„Während vor zehn Jahren am Südstrand des Großensees noch sämtliche Wochenenden der Saison plus die Wochentage in den Sommerferien durchgehend von Rettungsschwimmern aus allen DLRG-Gliederungen des Kreises Stormarn abgedeckt wurden, sind es heute nur noch die Wochenenden von Juni bis August“, sagt Knaffel.
Gemeinde Trittau zahlt den Helfern im Monat 2200 Euro
Doch nicht nur die DLRG bekommt die sinkende Zahl der Lebensretter zu spüren. Auch die Kommunen, die vielerorts als Eigentümer der Bäder für die Einstellung der angestellten Wasseraufsichten verantwortlich sind, klagen über Personalmangel. „Die Suche nach Rettungsschwimmern gestaltet sich bereits in den vergangenen Jahren zunehmend schwierig“, sagt Rieke Frädrich, Leiterin des Fachdienstes Kinder, Jugend und Kultur in Trittau. Sie ist verantwortlich für das Personal im Schönaubad. Die Gemeinde ist bemüht, Interessenten attraktive Anreize zu bieten.
Derzeit versucht Frädrich, potenzielle Bewerber für die Badesaison vom 11. Mai bis 14. September nach Trittau zu locken, die Bewerbungsfrist endet heute. „Um das Angebot attraktiv zu gestalten, bieten wir eine kostenlose Ausbildung an“, sagt die Verwaltungsangestellte. „Darin enthalten ist das Rettungsschwimmabzeichen Silber und ein Erste-Hilfe-Kursus.“ Auch sonst offeriert das Schönaubad besonders für junge Erwachsene und Ferienjobber gute Konditionen: Bezahlung nach Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) – 2200 Euro brutto im Monat – und eine abwechslungsreiche Arbeitsgestaltung.
„Der Bewerber führt bei uns nicht nur die Badeaufsicht in einem motivierten Team, er bietet auch Aquafitness-Kurse an und hilft bei kleinen gärtnerischen Tätigkeiten wie Rasenmähen und dem Heckeschneiden aus.“ Auch andere Freibäder werben intensiv um Personal. „Wir sind noch am Anfang der Saisonvorbereitung, aber rechnen wieder mit wenigen Bewerbern“, sagt Maren Uddin von den Stadtwerken Wahlstedt. Die Gesellschaft betreut mehrere Bäder, in Stormarn das Freibad Poggensee in Bad Oldesloe und den Reinfelder Herrenteich. „Die Tendenz, dass immer weniger Rettungsschwimmer zu finden sind, beobachten wir schon seit Jahren“, sagt sie.
In Großensee sieht es nicht besser aus. „Sowohl bei den gemeindlichen Rettungsschwimmern als auch beim DLRG, der an den Ferien-Wochenenden am Südstrand aushilft, ist die Situation angespannt“, sagt Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers (Wählergemeinschaft BfG).
Arbeitsvertrag gilt nur für die viermonatige Badesaison
Sollte sich die Personallage in den Bädern nicht entspannen, drohen Schließzeiten. „2018 musste das Schönaubad bereits an drei Tagen halbtags wegen Personalmangels schließen“, sagt Frädrich. Es gäbe zwar keine gesetzliche Vorschrift, wie viele Bademeister vor Ort sein müssten, doch schreibe eine bundesweite Richtlinie der Deutschen Gesellschaft für Badewesen fest, dass der Betreiber die Verantwortung dafür trage, dass „die Beaufsichtigung des Badebetriebs personell ausreichend ausgestattet und den Gegebenheiten des Bades angepasst sein muss“. Wenn man die Sicherheit nicht ausreichend gewährleistet sehe, schließe man das Bad im Zweifelsfall lieber, so Frädrich. Das sieht auch Lindemann-Eggers so. „Wir sind bisher noch drumherum gekommen und wünschen uns das auch für die Zukunft nicht, aber wenn wir nicht genügend Leute haben, ist das unvermeidlich“, so der Großenseer Bürgermeister. „Das Problem ist, dass die Arbeit im Freibad immer saisonbefristet ist.“ Dazu sagt Frädrich: „Wir können als reines Freibad nur einen Vertrag für die viermonatige Badesaison ausstellen.“
Das Vertragsverhältnis endet im September mit der Schließung des Freibads. Bis dahin kann laut Frädrich zudem kein Urlaub genommen werden. Auch müssten die Personalkosten in einem Bereich gehalten werden, sodass die Freibäder auch bei einem schlechten Sommer mit wenigen Gästen rentabel blieben, so Lindemann-Eggers. „Gerade Naturbäder wie der Großensee sind bei der Frequentierung stark vom Wetter abhängig, der Ansturm für eine Saison ist schwer planbar.“ Als Grundproblem benennen aber alle ein anderes: Die Zeitgestaltung der jungen Leute ändere sich. Früher hätten sie sich ehrenamtlich im DLRG und anderen Vereinen engagiert, gern für eine kleine Aufwandsentschädigung gearbeitet. „Heute haben immer weniger Menschen Zeit und Interesse an einem Ehrenamt“, beklagt Bargteheides DLRG-Chef Knaffel.
Freizeit sei durch flexible Arbeitszeitgestaltung und neue Arbeitsplatzmodelle schwerer planbar geworden, Urlaub werde kostbarer und lieber mit der Familie verbracht. Und die Tätigkeit des Rettungsschwimmers erfordere durchaus einiges an Zeit. „Allein in Bargteheide haben 13 Rettungsschwimmer 2018 rund 380 Stunden Wasseraufsicht geleistet, das entspricht bei einer zehnwöchigen Saison einer 40-Stunden-Woche“, sagt Knaffel.
Wegen längerer Schulzeiten fehlt Jugend Zeit für den Job
„Mein Eindruck ist, dass das Engagement in Vereinen gerade bei jungen Leuten und Kindern generell zurückgeht“, meint Lindemann-Eggers. „Früher war es kein Problem, junge Leute zu gewinnen, die dann im Sportverein ihr Rettungsschwimmabzeichen gemacht haben.“ Jetzt aber nehme die Schule immer mehr Raum ein, die Ganztagsschule jungen Menschen die Zeit für sportliche Betätigung und den Vereinen den Nachwuchs, kritisiert er. Rieke Frädrich kommt zum selben Ergebnis: „Unser Eindruck ist, dass die Jugend andere Vorstellungen von Freizeitgestaltung hat, ein Sommerjob für sie nicht mehr infrage kommt.“ Sie will die Hoffnung, Bewerber zu finden, nicht aufgeben.