Lütjensee. Die Zingelmanns feiern Jubiläum mit Preisen wie zu Kaisers Zeiten. Das Unternehmen trotzt Shops und Discountern.

Eine Semmel für vier Cent, ein Stück Kuchen für 90 Cent und ein 1000-Gramm-Laib Feinbrot für 1,75 Euro? Nein, dieses Angebot ist keineswegs ein Aprilscherz! Die Bäckerei und Konditorei Zingelmann in Lütjensee feierte am Montag mit Nachbarn, Freunden und Kunden das Jubiläum ihres 100-jährigen Bestehens. „Da haben wir einfach mal die Preise aus dem Geburtsjahr der Bäckerei recherchiert und sie statt in Mark und Pfennig in Euro und Cent ausgewiesen“, so Leif Zingelmann.

Urgroßvater August Blunk gründete den Betrieb 1919

2015 hat der 42-Jährige den am 1. April 1919 von Urgroßvater August Blunk gegründeten Familienbetrieb übernommen. Für den im Oktober 2017 auch Ehefrau Tina ihren früheren Job bei der HHLA im Hamburger Hafen aufgegeben hat. Kein Wunder: Ein Betrieb mit aktuell 15 Mitarbeitern in der Backstube und im Verkauf braucht viele fleißige Hände.

Dabei war lange nicht klar, ob ihr Mann Leif das Geschäft tatsächlich in vierter Generation führen sollte. Bruder Tim hatte jedoch schon frühzeitig abgewinkt. „Ich bin eher technisch interessiert und fühle mich als Mechaniker bei der Lufthansa am Airport in Hamburg deutlich wohler als in einer Backstube“, erklärte er.

So sah das Geschäft bei seiner Gründung vor 100 Jahren aus.
So sah das Geschäft bei seiner Gründung vor 100 Jahren aus. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Leif Zingelmann hat zwar Bäcker gelernt, war nach Meisterprüfung und Bundeswehr aber 15 Jahre bei der Berufsfeuerwehr in Hamburg. „Dem Betrieb ging es nicht immer so gut wie jetzt. Da war es gut, eine berufliche Alternative zu haben“, sagt er. Doch als dann vor vier Jahren die Frage im Raum stand, ob die Bäckerei nach dem Ausscheiden von Vater Claus in Familienbesitz bleibt oder nicht, entschied sich Leif, das traditionsreiche Erbe doch anzutreten. „Mit dem frühen Aufstehen habe ich kein Problem“, versichert er. Und abwechslungsreich sei der Job schließlich auch.

Seit Jahren verstehen sich die Zingelmanns als kreative Nischenfinder, um in dem umkämpften Backwarenmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Dort mischen längst nicht mehr nur die bekannten Großbäckereien mit, sondern verstärkt auch die Discounter mit ihren Backshops. Die Backstube der Zingelmanns sei bekannt für ihre hochwertigen Sauerteigbrote aus Roggen, Weizen und Dinkel sowie eine breite Auswahl an Kuchen, Torten, Törtchen und Pralinen. Wer will, kann jeden Tag ein anderes Feingebäck auswählen. Weil Abwechslung im Angebot Programm ist.

Bestseller sind Saftkornbrot und Skagenbrötchen

Unter den mehr als 100 Produkten ragen als Bestseller das Saftkornbrot und die Skagenbrötchen heraus. Im bereits mehrfach prämierten Saftkornbrot stecken unter anderem Sonnenblumenkerne und Leinsamen, Roggenvollkorn und Weizenkleie, Buchweizen und Hirse, Mais und Sesam. „Durch die bis zu 48-stündige Reifung entwickeln unsere Teige einen unverkennbar charakteristischen Geschmack“, sagt Leif Zingelmann. Die Skagenbrötchen aus Weizen und Sonnenblumenkernen sind hingegen eine Referenz an die Lieblingsferienregion der Familie Nordjütland.

Zwei Generationen Zingelmann (v.l.): Claus und Waltraud sowie Tina und Leif.
Zwei Generationen Zingelmann (v.l.): Claus und Waltraud sowie Tina und Leif. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Vor allem aber bedienen die Zingelmanns die Sonderwünsche der Kundschaft mit Konditoreiwaren für alle möglichen Anlässe wie Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen und Firmenfeiern. Für beinharte Fußballanhänger wurden schon Torten in den Farben des Hamburger SV und von Borussia Dortmund kreiert, Kuchen für Kindergeburtstage werden gern mit Feuerwehrmann Sam oder dem Kleinen Maulwurf gekrönt.

„Wir bieten Qualität für individuelle Ansprüche, die man riechen und schmecken kann“, sagt Leif Zingelmann. Weshalb ihm die Backshops der Discounter auch keinen übertriebenen Respekt einflößen. „Das letzte Urteil überlasse ich gern dem Kunden mit seiner Kaufentscheidung “, so Zingelmann.

Dennoch ist die Tendenz im Bäckerhandwerk beängstigend. Gehörten der Innung 2001 im Kreis Stormarn noch 23 selbstständige Betriebe an, so waren es im Vorjahr noch ganze acht.