Bad Oldesloe . Die Öffnung der Messe für Aussteller aus Hamburg samt Umbenennung und Losverfahren wird überaus kontrovers diskutiert.

Hardy Fürstenau und Axel Richter zählen zweifelsohne zu den prägendsten Figuren der Stormarner Kunstszene. Gemeinsam haben der Grafikdesigner und der Bildhauer unter anderem 2014 die Kunstmesse stormart auf den Weg gebracht. Im Vorjahr gab es die dritte Auflage, erstmals in der Stormarnhalle in Bad Oldesloe. Dort ist im April 2020 eine Neuauflage der Messe geplant. Dann allerdings unter anderen Vorzeichen und mit einem neuen Namen: „KunstWerk – Stormarner Künstler laden ein“.

Als Hardy Fürstenau davon erfuhr, traute er seinen Ohren nicht. „Im Mai 2018 hatten wir Initiatoren die konzeptionellen Richtlinien für die stormart gerade präzisiert. Ein Hauptziel bestand darin, die Kulturschaffenden des Kreises stärker zu vernetzen und ihnen eine eigene Plattform zur Präsentation ihrer Werke zu bieten“, sagte der Oldesloer. Dass diese Richtlinien nach nur acht Monaten einseitig aufgekündigt worden seien, könne er nicht nachvollziehen: „Es fühlt sich so an, als hätten sie mir mein Baby gestohlen. Ich werde auf der KunstWerk im kommenden Jahr jedenfalls nicht ausstellen“, so der 64-Jährige.

Künstler aus ganz Norddeutschland willkommen

Bildhauer Axel Richter sagt: „Das Leben ändert sich, deshalb müssen auch Konzepte weiterentwickelt werden.“
Bildhauer Axel Richter sagt: „Das Leben ändert sich, deshalb müssen auch Konzepte weiterentwickelt werden.“ © Marc R. Hofmann

Am 22. Januar hatte es im Ammersbeker KunstHaus am Schüberg, dessen künstlerischer Leiter Richter ist, ein Treffen des Organisationsteams für die Messe gegeben. Dabei wurde die Neuausrichtung, in Abwesenheit von Fürstenau, beschlossen. „Das Leben ändert sich, deshalb müssen auch Konzepte weiterentwickelt werden“, begründete Richter die Entscheidung gegenüber dem Abendblatt. Die Messe werde für Künstler aus Hamburg und ganz Schleswig-Holstein geöffnet, um für frische Impulse zu sorgen und den künstlerischen Austausch über die Kreisgrenzen hinweg zu fördern. „Gerade weil Bad Oldesloe künftig ständiger Austragungsort sein soll, hätte die Gefahr bestanden, dass sich die Messe irgendwann totläuft“, so Richter.

Diese Haltung erregt nicht nur Widerspruch bei seinem einstigen Mitstreiter Fürstenau. Auch zahlreiche Kunstschaffende des freien Künstlerverbunds stormarnart zeigten wenig Verständnis für die Abkehr von den bislang geltenden Rahmenvereinbarungen. „Never change a winning team. Die stormart war wie ein Patchworking in familiärer Atmosphäre“, sagt etwa die Ahrensburger Malerin Anne Saalfeld.

Die Oldesloer Premiere lockte 1500 Besucher an

Die nicht jurierte Messe habe vielen Stormarner Künstlern eine sichere Möglichkeit verschafft, ihre Werke einem großen Publikum zu zeigen. Im Kreis Stormarn gebe es schließlich nicht viele solcher erstklassigen Gelegenheiten. „Außerdem war die Messe im Vorjahr das erste Mal in Bad Oldesloe zu Gast und erfuhr mit etwa 1500 Besuchern auf Anhieb viel Zuspruch. Warum jetzt trotzdem das gesamte Konzept umgekrempelt wird, ist schon erklärungsbedürftig“, so Saalfeld. Zumal mit der Umbenennung auch der regionale Bezug und damit ein Stück Identität verloren gehe: „Das ist eine Entwicklung, die ich sehr bedauere.“

Für Bildhauer Hartmut Deutelmoser ist die Neuausrichtung der stormart zudem ein einziges Kommunikationsdesaster: „Dass die Künstler, die die stormart von Beginn an mitgetragen haben, nicht mal befragt und eingebunden wurden, ist verwunderlich.“ Natürlich könne ein Konzept auch mal eine Fortschreibung erfahren. „Aber warum muss eins verändert werden, das fraglos ein großer Erfolg war. Das finde ich irritierend“, so der Ahrensburger.

Es gibt allerdings auch „stormarter“, die der Öffnung der Messe durchaus positive Aspekte abgewinnen. „Die Bergedorfer Kunstschau hat nach ihrer Öffnung 2016 eine deutliche Belebung erfahren. Es kann nicht verkehrt sein, auch mal über den Gartenzaun zu schauen“, sagt die Malerin Karin Tillmanns aus Reinbek. Überdies stehe das neue Orgateam geschlossen hinter der beschlossenen Neuausrichtung.

Bis zu 30 Prozent der Stände für kreisfremde Künstler

Hardy Fürstenau sagt: „Ich fühle mich ausgebootet. Es fühlt sich so an, als hätten Sie mir mein Baby gestohlen.“
Hardy Fürstenau sagt: „Ich fühle mich ausgebootet. Es fühlt sich so an, als hätten Sie mir mein Baby gestohlen.“ © Martina Tabel

Für stormart-Mitbegründer Hardy Fürstenau ist das angekündigte Losverfahren zur Vergabe der Stände der gravierendste Eingriff in die Prämissen der Kunstmesse. Damit seien die hiesigen Künstler de facto allen anderen Bewerbern gleichgestellt und müssten auf viel Glück wie in einer Lotterie hoffen: „Das aber widerspricht einer der Grundintentionen der stormart. Und lässt ohne eine transparente oder notarielle Begleitung allzu viel Raum für Spekulationen.“

Hier irre Fürstenau, widerspricht Axel Richter vehement. Das Losverfahren komme „ohne Ansehen der Person“ nur zur Anwendung, wenn die Zahl der Anmeldungen die verfügbaren Stand-Kontingente übersteige. „Außerdem werden Gastkünstler nur in einer Größenordnung von 20 bis 30 Prozent berücksichtigt. Mindestens 70 Prozent aller Stände sind auf alle Fälle Stormarner Kunstschaffenden vorbehalten“, so Richter.

Bürgermeister begrüßt Konzeptänderung

Bad Oldesloes Bürgermeister Jörg Lembke zeigt sich von den Dissonanzen um die Zukunft der Kunstmesse derweil unbeeindruckt. Er stehe zu seiner Zusage aus dem Vorjahr, der Schau mit der Stormarnhalle für die kommenden Jahre ein festes, mietfreies Zuhause zu geben. „Die Änderung des Konzepts, hin zu einem überregionalen Charakter, begrüße ich ausdrücklich. Kunst ist etwas Offenes, Verbindendes und sollte sich nicht regional abgrenzen“, so Lembke.

Bewerbungsstart für die Messe KunstWerk ist am 28. März

Die Künstlermesse storm­art erlebte im Jahr 2018 ihre dritte Auflage. Nach Ammersbek (2014) und Bargteheide (2016) war Stormarns Kreisstadt Bad Oldesloe der dritte Austragungsort.

Die Stormarnhalle soll künftig ständiger Austragungsort (der KunstWerk) sein. Die durch Fensterfronten lichtdurchflutete Mehrzweckhalle bietet auf 900 Quadratmetern Fläche Platz für rund 100 Aussteller.

Jedem Künstler steht jeweils eine Wandfläche von etwa drei mal zwei Meter zur Verfügung, Bildhauern eine entsprechende Grundfläche. Eingeladen sind Maler, Bildhauer, Keramiker, Designer (Textil, Schmuck, Holz, Metall, Papier). Auch Fotografen, Objektkünstler, Kalligrafen und Grafiker sind mit von der Partie.

Bewerbungsstart ist Donnerstag, 28. März. Vorher eingehende Anfragen werden nicht berücksichtigt. Das Anmeldeformular kann unter der Internetadresse info@kunstwerk-stormarn.de angefordert werden.

Weitere Infos finden sich auf der Internetplattform www.kunstwerk-stormarn.de, die bereits freigeschaltet ist.