Trittau. Beim SPD-Forum in Trittau äußerten Teilnehmer Unmut über die aktuelle Betreuungssituation. Es gibt zu wenig Kita- und Krippenplätze.

Kurz vor Beginn des von ihr initiierten Kita-Elternforums erläutert die Trittauer Gemeindevertreterin Rowena Alber (SPD), welches Ziel sie damit verfolgt. Sie wolle näher dran sein an den Eltern und erfahren, welche Bedürfnisse diese haben, sagt Alber. Sie erhoffe sich eine Antwort auf Fragen wie: „Was bewegt die Eltern? Ist das, was wir in der Gemeindepolitik gemacht haben, überhaupt in ihrem Sinn?“ Stifte und Papier liegen für die Besucher bereit, die ihre Wünsche aufschreiben und in die Wunschbox werfen sollen.

Die Eltern kommen nicht zu den Ausschusssitzungen

Für das Treffen habe sie bewusst nicht das Rathaus, sondern den Veranstaltungssaal eines Restaurants gewählt. Das Rathaus bilde eine Hürde für Eltern, vermutet sie, denn sie kämen nicht zu den Sitzungen des Sozial-, Sport- und Kulturausschusses, dessen Vorsitzende sie ist.

Als das Forum beginnt, ist klar: Die geringe Beteiligung liegt schon mal nicht am Ort. Nicht einmal 20 Besucher haben sich auf den Weg zum Elternforum gemacht. Aber diejenigen, die gekommen sind, wirken interessiert bis engagiert. Alber hat Experten dazugebeten: Die Landtagsabgeordnete Serpil Midyatli (SPD) beispielsweise, die zugleich Sprecherin ihrer Fraktion für die Themen Kitas und Familienpolitik ist und über die Kita-Reform sprechen will. Aber auch zwei Kreis-Elternvertreter, eine Lehrerin, die Erzieher und sozialpädagogische Assistenten ausbildet, Michel Salbach vom Verein KinderInitiative Trittau und Catherine Gläser von der Initiative Eltern für Trittau und Umgebung sowie SPD-Vertreter.

22 Kinder stehen auf der Warteliste für einen Platz

Alber nennt Zahlen und Fakten: Mit Stand Januar stünden 14 Kita- und acht Krippenkinder auf der Warteliste für einen Betreuungsplatz. Dann zitiert sie den Vorsitzenden des Krei­s-Elternverbands Axel Briege mit den Worten: „Jedes Kind auf der Warteliste ist ein Rechtsverstoß.“ Laut Kita-Umfrage des Kreises wünschten sich 44,6 Prozent der Teilnehmer aus dem Gebiet des Amtes Trittau einen Krippenplatz für Kinder von zwölf bis 18 Monaten, 53,7 Prozent für Kinder ab 18 Monaten. 94,4 Prozent der Eltern von Dreijährigen wollten ihr Kind in einer Kita betreut wissen, bei Vierjährigen seien es 97 Prozent. 25,4 Prozent hätten sich einen früheren Beginn der Betreuung gewünscht, aber keinen Platz bekommen. Nicht einmal die Hälfte der Kinder werde in Kitas betreut. Und die angebotenen Zeiten entsprächen nicht der Lebenswirklichkeit der Familien.

Ungläubiges Kopfschütteln und Geraune unter den Anwesenden, als Gemeindevertreter Max Mann (SPD) und Bernd Marzi vom SPD-Kreisausschuss über die Kita-Planung der Gemeinde berichten. Wäre es 2015 nach Marzi gegangen, zu der Zeit Vorsitzender des Sozialausschusses, hätte Trittau längst eine Kita im Dichterviertel. „Im Gebiet der Schillerstraße waren wir schon so weit, man hätte nichts planen, nur noch bauen müssen“, sagt Marzi. Die Anwohner hätten sich jedoch gegen die Kita gewehrt und so Druck aufgebaut, dass eine Fraktion umgeschwenkt sei.

Eltern sollen sich vernetzen und Druck aufbauen

Midyatli bringt es auf den Punkt: „Was mich als zweifache Mutter irritiert, ist, mit welcher Ignoranz hier in Trittau seit Jahren Kommunalpolitik gemacht wird. Da müssen Sie viel lauter werden“, fordert sie von den Eltern. Alber stimmt zu, ruft auf, aktiv zu werden, sich zu wehren, zu den Ausschusssitzungen zu kommen. Alle überlegen Wege, wie Eltern sich vernetzen und andere mit ins Boot holen können. Michel Salbach bietet Unterstützung an, er habe das erste Bürgerbegehren in Stormarn mitinitiiert und wisse, „wie man das anfangen und wen man belabern muss“.

Die Elternvertreter Tomke Hinz und Arne Bollow formulieren es drastischer: „Treten Sie geballt auf“, rät Hinz. „Gehen Sie zum Bürgermeister, melden Sie sich alle einzeln an, auch Ehepaare.“ Landtagsmitglied Anita Klahn (FDP), die unter den Zuschauern sitzt, schlägt vor: „Rufen Sie alle, die keinen Kita-Platz haben, zu einem Treffen auf dem Marktplatz auf.“ Bollow schlägt vor, eine Initiative zu gründen, sagt: „Wir machen bei allem mit, was ihr hier startet, schmieden Pläne mit euch.“

Beim Bürgermeister rennen Eltern offene Türen ein

Oliver Mesch in seinem Amtszimmer. Hier hält er einen Teil seiner Sprechstunden ab, den anderen absolviert er auf dem Marktplatz.
Oliver Mesch in seinem Amtszimmer. Hier hält er einen Teil seiner Sprechstunden ab, den anderen absolviert er auf dem Marktplatz. © Elvira Nickmann

„Ich will auch eine Kita haben“, sagt Bürgermeister Oliver Mesch. Er finde es richtig, dass Eltern sich stark machen und solidarisieren. Und lädt sie ein, das Gespräch mit ihm zu suchen: „Die Eltern sind herzlich willkommen.“ Die Probleme könnten sich aber noch verschärfen: Selbst für die nachschulische Betreuung im Blauen Haus gebe es inzwischen eine Warteliste. Dass die Pläne für die Kita im Dichterviertel nicht umgesetzt wurden, bedauert Mesch: „Die Mehrheit hat sich gegen den Standort, der sofort umsetzbar gewesen wäre, ausgesprochen. Leider zählten Anwohnerinteressen mehr als die der Eltern.“









Hier finden Eltern Unterstützung:

KinderInitiative Trittau: www.kit-web.de

Kreis-Elternvertretung: www.kita-eltern-sh.de/kev/kreis-stormarn/


Hier können sich Eltern informieren:

Gesamtbericht Elternumfrage Kreis Stormarn:

https://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/2/22/ElternumfrageZumBetreuungsbedarfVonKindernImLebensalterBisVierJahren.pdf

Tabellen zu Elternumfrage im Kreis Stormarn mit Angaben zu Trittau:

https://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/2/22/ElternumfrageZumBetreuungsbedarfVonKindernImLebensalterBisVierJahrenAnhangFragebogenmusterUndKompakterTabellenband.pdf

Deutsches Jugendinstitut, Kinderbetreuungsreport 2017:

https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2017/DJI_Kinderbetreuungsreport_2017.pdf

Bertelsmann Stiftung, Eltern Zoom 2019, aktuelle Umfrage zum Mitmachen:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/laendermonitoring-fruehkindliche-bildungssysteme/projektthemen/elternzoom-2019/

Bertelsmann Stiftung, Länderberichte:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/laendermonitoring-fruehkindliche-bildungssysteme/projektthemen/archiv/