Trittau. Beim Treffen eines Arbeitskreises hagelte es Kritik an Bedingungen für Radfahrer. Die Teilnehmer machten aber auch viele Vorschläge.

Vor dem ersten Treffen des offenen Arbeitskreises Radverkehr im Sitzungssaal der Trittauer Verwaltung wagt Organisatorin Berit Ostrander keine Prognose darüber, wie viele Bürger kommen werden. Angemeldet sind acht, Ostrander denkt positiv und hat 15 Stühle aufgestellt. Als dann sogar fast 30 Bürger kommen, strahlt sie in die Runde. Auch Bürgermeister Oliver Mesch freut sich über so viel Engagement, sagt: „Wir sind begeistert, dass Sie sich so zahlreich eingefunden haben.“ Bei diesem Arbeitskreis gehe es darum, strategisch in die Zukunft zu denken und die Trittauer Radfahrer bei diesen konzeptionellen Überlegungen einzubinden.

Im September vergangenen Jahres hatte der Planungsausschuss beschlossen, 2019 ein Radverkehrskonzept in Auftrag zu geben. Es soll als Grundlage für den künftigen Ausbau von Radwegen und Radinfrastruktur dienen. Der Arbeitskreis, der auf Anregung von Gemeindevertreter Detlef Ziemann (Grüne) ins Leben gerufen wurde, soll sicherstellen, dass Ideen, Wünsche und vor allem die Erfahrungswerte der Radfahrer vor Ort in das Konzept mit einfließen. Zur Teilnahme eingeladen wurden Bürger, Vereine, Verbände und Interessensgruppen. Leiterin ist Berit Ostrander, die als Klimaschutzbeauftragte zudem die Umsetzung des Mobilitätsteilkonzepts der Gemeinde Fahr Rad! verantwortet. Bisher wurden innerorts fünf überdachte Unterstände für Fahrräder geschaffen, bis Ende Mai soll eine Ladestation für E-Bikes am Vorburgplatz folgen.

Bürger üben auch Kritik am Verhalten einiger Autofahrer

Beim Arbeitskreis geht es um Bestandsaufnahme und die Visionen der Teilnehmer für die Zukunft. Die Analyse von Bürgermeister Mesch lautet jedenfalls so: „Trittau ist mal als Straßendorf entstanden und um das Auto herumgebaut worden.“ Eine schwierige Ausgangslage, um gute Bedingungen für den Radverkehr und alle anderen Verkehrsteilnehmer zu schaffen. Ostrander bittet die Anwesenden, sich und ihre Motivation kurz vorzustellen. Es kristallisiert sich schnell heraus, dass die Radler sich in zwei Fraktionen aufteilen: Solche, die generell auf der Straße fahren und dieses Recht auch ganz bewusst in Anspruch nehmen – und andere, die auf den vielbefahrenen Straßen wie der Poststraße lieber auf den Fußweg ausweichen.

Berit Ostrander und Oliver Mesch mit der „Wünsche“­Wand. Die Vorschläge werden bis zum nächsten Treffen ausgewertet.
Berit Ostrander und Oliver Mesch mit der „Wünsche“­Wand. Die Vorschläge werden bis zum nächsten Treffen ausgewertet. © Elvira Nickmann

Überhaupt Poststraße: Für viele Radfahrer ist sie der Brennpunkt in Sachen Verkehr. Die Beschwerden betreffen nicht allein die geringe Fahrbahnbreite, die es erschwert, dass zwei Lastwagen oder Busse problemlos aneinander vorbeikommen. Zumeist weicht einer von ihnen auf den Gehweg aus, auf dem sich schon Fußgänger, Radler und manches Moped tummeln (Abendblatt berichtete in seiner Serie zum Radwege-TÜV). Während die einen vorwiegend Kritik üben, haben sich andere wie Reiner Rogall bereits Gedanken gemacht, wie Abhilfe geschaffen werden könnte. Er sei gekommen, um seine Ideen für die Poststraße einzubringen, sagt er bei der Vorstellungsrunde. „Wenn Trittau wächst, muss auch die Verkehrsführung angepasst werden“, stellt er fest. Jürgen Hinsch vom ADFC stimmt dem zu: „Die Infrastruktur muss neu aufgestellt werden.“ Einige kritisieren Autofahrer, die sie beschimpfen oder ausbremsen.

Auch Heinke Baars hat schon diese Erfahrung gemacht. Doch sie macht sich vor allem Sorgen um die Sicherheit der Kinder. Wenn diese den Weg zur Kita oder Schule per Fahrrad zurücklegen, würden sie oft mit gefährlichen Situationen konfrontiert. „Wenn ich so was sehe, bleibt mir fast das Herz stehen.“ Andere kritisieren wiederum Radler, die auf dem Fußweg in die falsche Richtung fahren.

Neuralgische Stellen werden auf Karte markiert

Nach der Vorstellungsrunde ist Arbeit angesagt: Alle können neuralgische Stellen auf einer großen Trittau-Karte mit nummerierten Fähnchen kennzeichnen und auf farbigen Kärtchen konkretisieren, worum es ihnen geht. Ostrander hat zwei Stellwände dafür vorbereitet: „Wünsche“ steht auf der einen, „Kritik“ auf der anderen. Als alle fertig sind und noch eben mit Klebepunkten für die wichtigsten Vorschläge votiert haben, finden sich unter Kritik Aussagen wie: „Hauptstraßen sind für alle Fahrradfahrer gefährliche Fahrwege“, „Radwege zu schmal, wassergebunden“, „Hamburger Straße: zu schnell!“, „Straßen haben an der Seite Schlaglöcher“ oder „An allen großen Straßen fehlen Radwege“. Erwartungen, dass sich ganz viel ganz schnell ändern lasse, hatte Bürgermeister Mesch zuvor einen Dämpfer erteilt: „Es geht darum, Ideen kurz-, mittel- und langfristig umzusetzen.“ Die Ansicht eines Bürgers, man brauche kein Planbüro, teilte Mesch nicht. Darin bekam er Unterstützung von Gemeindevertreter Ziemann. Er sagte: „Wir brauchen jemanden, der uns sagen kann, was wir dürfen und was nicht.“

Reiner Bogall hat seine Vorschläge zur Poststraße an der „Wünsche“-Wand angebracht. Ihr Kern: die Konzeption als Einbahnstraße. Andere wollen lieber die Parkplätze an der Poststraße entfernen. „Neuansiedlungen nur noch mit Radweg“, lautet eine andere Idee, „Beschilderung für Radwege in geringerer Höhe“ eine andere. Bis zum nächsten Treffen im April will Berit Ostrander die Beiträge der Bürger auswerten. Ihr Fazit lautet schon jetzt: „Ich bin total froh, dass viele so konstruktiv mitgearbeitet haben.“ Am besten habe ihr gefallen, dass es mehr Ideen als Kritikpunkte gegeben habe.