Ahrensburg. Stormarner beklagen unheitliches Bezahlsystem und Kostenunterschiede. In Ahrensburg funktionieren viele Ladesäulen nicht.

Rund 40 Ladesäulen für Elektrofahrzeuge gibt es mittlerweile im Kreis Stormarn. 15 Städte und Gemeinden sind an das E-Netz angebunden. Die Tendenz ist steigend. Trotzdem hat Stefan Timmermann vor einem Jahr beschlossen, nur auf ein Hybridfahrzeug umzusteigen. „Denn mit einem reinen E-Auto wird man auf dem Land einfach nicht glücklich“, sagt der 53-Jährige aus Großensee. Zugeparkte Ladestationen, immer wieder Störungsmeldungen und komplizierte Bezahlsysteme – die Gründe dafür seien vielfältig. Timmermann öffnet seine Brieftasche, zieht mehrere Tankkarten und -chips heraus. Er sagt: „Ich muss mich jedes Mal vorher informieren, welche ich benötige und was mich das kostet.“ Das Abendblatt beantwortet einige wichtige Fragen zu dem Thema.

Wieso funktionieren die Säulen in Ahrensburg nicht?

Besonders genervt ist Timmermann von der Situation in Ahrensburg. Mindestens einmal pro Woche fährt er zum Einkaufen oder für Arztbesuche dorthin. Würde vor Ort gern seinen VW Passat, mit dem er elektrisch angetrieben rund 50 Kilometer am Stück fahren kann, aufladen. Das Problem: Die Ladesäule neben dem Rathaus ist häufig zugeparkt, andere zentrumsnahe funktionieren nicht. Die Stromtankstellen an der Alten Reitbahn, auf dem Rathausplatz, an der Großen Straße und am U-Bahnhof Ost sollten ab Januar betriebsbereit sein. „Wegen des Frostes konnten wir die Stromverbindungen noch nicht herstellen“, sagt Horst Kienel, Geschäftsführer der Stadtwerke Ahrensburg. „Voraussichtlich geht es in den nächsten zwei bis drei Wochen los.“

Die Verkehrsaufsicht werde stärker gegen Falschparker vorgehen, die den Weg zur Ladevorrichtung versperren. „Bisher wurden Verwarnungen ausgesprochen, künftig könnte abgeschleppt werden.“ Über die App Ahrensburg2go können sich Autofahrer informieren, welche Ladepunkte frei sind. Kienel: „Es gibt auch die Möglichkeit, sich im Vorfeld einen Platz zu reservieren.“

Wie können Fahrer den Strom in Ahrensburg bezahlen?

Der Großenseer Stefan Timmermann kritisiert das Bezahlsystem der Stadtwerke Ahrensburg. Statt eine der gängigen RFID-Lade­karten zu nutzen, haben die nämlich einen eigenen Chip, den sie aber nur an Kunden herausgeben. Diese müssen einmalig zehn Euro bezahlen, können danach kostenlos an den künftig sechs Ladesäulen der Stadtwerke in Ahrensburg tanken. Nichtkunden haben hingegen nur die Möglichkeit, den Ladevorgang per SMS zu starten und zu beenden. Die Kosten dafür werden über das Handyguthaben abgerechnet. „Das finde ich aus Sicherheitsgründen problematisch“, sagt Stefan Timmermann. „Dafür muss ich die Drittanbietersperre freischalten, die mich eigentlich vor Abo-Fallen schützen soll.“

Wie läuft die Bezahlung in anderen Kommunen im Kreis?

Stefan Timmermann hat Ladekarten und -chips unterschiedlicher Anbieter.
Stefan Timmermann hat Ladekarten und -chips unterschiedlicher Anbieter. © HA | Janina Dietrich

Bei anderen Anbietern funktioniere die Bezahlung unkomplizierter, sagt der Großenseer. Das E-Werk Sachsenwald betreibt im Südkreis und im Herzogtum Lauenburg zwölf E-Tankstellen, vier in Reinbek, zwei in Oststeinbek, je eine in Glinde und Barsbüttel. Sechs weitere sind geplant. Jeder Autofahrer kann bei dem Versorger eine Ladekarte beantragen, mit der sich nicht nur die firmeneigenen, sondern alle Säulen des deutschlandweiten Stadtwerke-Verbunds Ladenetz und dessen Roamingpartnern nutzen lassen. Das Netz umfasst mehr als 13.000 Ladestellen. Auch Tankstellen im Ausland, etwa in den Niederlanden, können genutzt werden. „Wir haben uns für dieses System entschieden, weil wir Karteninhabern ermöglichen wollen, ihr Auto auch problemlos woanders aufzuladen“, sagt E-Werk-Mitarbeiter Norbert Brox. 54 Karten hat der Versorger bisher ausgegeben, die Nachfrage steige an. Auch die Vereinigten Stadtwerke, die in Bad Oldesloe, Bargteheide und Trittau sowie im Herzogtum Lauenburg Ladesäulen betreiben, sind Mitglied des Netzwerkes. Brox: „Deren Karteninhaber können bei uns tanken – und unsere bei denen. Bei uns haben auch schon Besucher aus dem Harz angefragt. Es war uns wichtig, alles so barrierearm und durchlässig wie möglich zu gestalten.“

Auf der Internetseite www.goingelectric.de/stromtankstellen können sich Autofahrer informieren, wo es in Stormarn E-Ladesäulen gibt und wie dort bezahlt werden kann. Denn auch die Karten des Stadtwerke-Verbunds funktionieren nicht überall. Ahrensburg hat sich dem Netz nicht angeschlossen. Deren Stadtwerke kooperieren zwar laut Kienel mit dem Stromnetz Hamburg, aber nur auf der Ebene der Betriebstechnik. Der Kunde bekomme davon nichts mit. „Wir suchen weitere Partner“, sagt er. Eine besondere Bezahlmethode habe ein privater Anbieter in Zarpen gewählt, sagt Stefan Timmermann. „Dort musste ich selbst ermitteln, wie lange ich geladen hatte und dafür dann auf Vertrauensbasis Geld geben.“

Wieso sind die Kosten für die Nutzer unterschiedlich?

Wie bei Benzin und Diesel gibt es auch an den Stromtankstellen keine einheitlichen Preise. Viele Anbieter verlangen pro Monat oder Ladevorgang eine bestimmte Pauschale, dazu kommen variable Kosten je Kilowattstunde. Um den Bürgern einen größeren Anreiz zum Umsteigen auf E-Autos zu bieten, ist das Stromtanken in einigen Kommunen – teils vorübergehend – kostenlos. Vor dem Rathaus in Großhansdorf etwa müssen Autofahrer nichts bezahlen. In Ahrensburg tanken zumindest Stadtwerke-Kunden an deren Säulen kostenlos. „Das wird so bleiben“, sagt Kienel. Nichtkunden zahlen pro Ladevorgang eine Grundgebühr von zwei Euro sowie 30 Cent pro Kilowattstunde.

Bei den Vereinigten Stadtwerken wird ein monatlicher Grundpreis von drei Euro fällig, für Stromkunden liegt er bei einem Euro. Eine Kilowattstunde kostet dann 29,99 Cent. Beim E-Werk Sachsenwald liegt der monatliche Grundpreis bei zwei Euro, eine Kilowattstunde kostet 29,75 Cent. „Diesen Preis zahlen unsere Karteninhaber deutschlandweit an allen Ladestationen des Verbundes, unabhängig von den dort veranschlagten Kosten“, sagt Brox. Abgerechnet werde vierteljährlich. Wer spontan ohne Ladekarte tanken wolle, könne die Ladepay-App nutzen. Die Gebühr beträgt 3,50 Euro für eine und sieben Euro für zwei Stunden. „Das ist sehr teuer und funktioniert auch öfter mal nicht“, sagt Norbert Brox. „Deswegen empfehlen wir die Karte.“

Wie viele Elektroautos sind in Stormarn zugelassen?

Thomas Kanitz, Geschäftsführer des E-Werkes Sachsenwald, steht an einer E-Tankstelle in Glinde.
Thomas Kanitz, Geschäftsführer des E-Werkes Sachsenwald, steht an einer E-Tankstelle in Glinde. © HA

Die Zahl der Elektroautos hat sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Derzeit sind in Stormarn 338 reine E-Wagen angemeldet, im Januar 2018 waren es erst 185. Die Zahl der Hybridfahrzeuge, die sowohl am Stromnetz aufgeladen werden können (Plug-in) als auch einen Verbrennungsmotor haben, stieg im selben Zeitraum von 120 auf 191. Trotzdem ist ihr Anteil am Gesamtbestand weiterhin gering. Bei der Zulassungsstelle in Bad Oldesloe sind zurzeit 223.438 Autos registriert.