Ahrensburg/Lasbek. Prozessauftakt in Ahrensburg: 25-Jähriger soll betrunken über die A 1 gerast sein und ein Auto gerammt haben. Mit fatalen Folgen.


Es ist pure Lebensfreude, die in dem breiten Grinsen von Jakob K. zu erkennen ist. Sein Gesicht ist mit Schlamm beschmiert, offenbar hat er gerade einen Hindernisparcours hinter sich. Doch die Freude ist für immer aus dem Gesicht des jungen Mannes verschwunden. K. und zwei seiner Freunde sind bei vor knapp einem Jahr ums Leben gekommen.

Das Bild des getöteten 28-Jährigen hat sich sein Vater auf ein schwarzes T-Shirt drucken lassen, trägt es breit auf seiner Brust. Der Mann, der für den Tod seines Sohnes verantwortlich sein soll, soll es sehen. Beide Männer sitzen sich am Donnerstag im Saal 1 des Ahrensburger Amtsgerichts gegenüber.

Fahrer wegen fahrlässiger Tötung angeklagt

Der Angeklagte Ashkan G. sitzt zwischen seinen Anwälten Andrija Maximilian Pancic (l.) und Heiko  Granzin (r.) im Verhandlungssaal des Ahrensburger Amtsgerichts.
Der Angeklagte Ashkan G. sitzt zwischen seinen Anwälten Andrija Maximilian Pancic (l.) und Heiko Granzin (r.) im Verhandlungssaal des Ahrensburger Amtsgerichts. © Dorothea Benedikt | Dorothea Benedikt


Die Staatsanwaltschaft wirft Ashkan G. fahrlässige Tötung vor. Der Golf-Fahrer sollden Skoda gerammt haben, in dem die drei späteren Opfer saßen. „Der Skoda kam nach rechts von der Fahrbahn ab, prallte gegen einen Baum und wurde wieder zurück auf die Fahrbahn geschleudert. Der Wagen blieb auf dem Dach liegen“, sagt der Staatsanwalt in seiner Anklage und fügt hinzu: „Ein Jeep fuhr anschließend gegen die Fahrerseite des Skoda.“

Für die Angehörigen sind es unerträgliche Worte. Die Mutter eines der Opfer drückt sich ein Taschentuch gegen die Nase, während ihr die Tränen die Wangen hinunterlaufen. Neun Angehörige der Getöteten treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Hinzu kommen zahlreiche Freunde und Bekannte, die das Hauptverfahren als Publikum im Saal begleiten. Auch dort kämpfen die Menschen mit den Tränen, trösten sich gegenseitig.

Unfallopfer besuchten zuvor ein Konzert in Hamburg

Ashkan G. sitzt mit gesenktem Kopf zwischen seinen Anwälten. Zu den Vorwürfen möchte sich der 25 Jahre alte Hamburger nicht äußern. Einer seiner Verteidiger teilt lediglich mit: „Mein Mandant wird diese Schuld ein Leben lang mit sich tragen.“ Zudem habe der gebürtige Iraner keine ernsthaften Erinnerungen an den Unfall.

Für die anderen Beteiligten dürften sich die Bilder für immer ins Gedächtnis gebrannt haben. Es ist Sonnabend, der 27. Januar 2018. Sechs Freunde aus Wismar besuchen in Hamburg ein Konzert. Im Hafenklang an der Elbe tritt der deutsche Rocksänger Erik Cohen auf. Die Männer feiern, haben Spaß. Während drei aus der Gruppe in Hamburg bleiben, fahren Jakob K., Veit S. und Alexander B. zurück nach Wismar. Sie müssen am nächsten Tag arbeiten. Doch in der Hansestadt kommen die Männer im Alter zwischen 28 und 40 Jahren nie an. An Kilometer 29,25 der A 1 in Lasbek kommt es gegen 0.30 Uhr zu dem tragischen Unfall.

Autobahn glich einem Trümmerfeld

„Ich war überzeugt, dass ich die Sache nicht überlebe“, erinnert sich der Jeep-Fahrer, der in das Unfallauto raste, vor Gericht. „Ich kam vom Flughafen, plötzlich lag wie vom Himmel gefallen ein Auto auf der Straße“, sagt der 50-Jährige aus Elmenhorst. Einen Zusammenstoß habe er nicht mehr verhindern können. „Ich hatte einen kurzen Blackout, war aber gleich wieder wach.“ Sofort springt der Mann aus dem Auto, bringt sich am Straßenrand in Sicherheit. Genauso wie Ashkan G. Beide bleiben äußerlich unverletzt. Eine Streife der Autobahnpolizei ist in diesem Moment auf der Gegenfahrbahn zu einem anderen Einsatz unterwegs und entdeckt die Unfallstelle. „Wir haben sofort am Kreuz Bargteheide gewendet“, erinnert sich eine Beamtin. Während ihr Kollege die Unfallstelle absichert, springt die Frau aus dem Streifenwagen. „Es war ein Trümmerfeld, durch das ich gelaufen bin. Ich bin vorbei an dem zerstörten Jeep und dem silberfarbenen Golf.“

Eine Polizistin wusste sofort, dass die Männer tot sind

Auf dem rechten Fahrstreifen liegt ein Wrack. „Es war nicht mehr zu erkennen, was für ein Fahrzeugtyp das mal war.“ Und die 39-Jährige erkennt zwei Menschen in dem Wrack, weiß aber sofort, dass sie tot sind. „Sie hatten Verletzungen, die nicht mehr mit dem Leben vereinbar gewesen wären.“ Als die Feuerwehr das Auto aufrichtet, entdecken die Helfer einen dritten leblosen Körper in dem Wrack.

Noch in der Nacht und in den darauffolgenden Tagen melden sich Zeugen bei der Polizei, die alle unisono von einer riskanten Fahrweise des Angeklagten sprechen und dass er über die Autobahn gerast sei. Bereits in Hamburg fällt der silberfarbene Golf durch Drängeln und waghalsiges Überholen auf. Ein Zeuge: „In solch einer krassen Form habe ich es noch nie erlebt und hatte gehofft, dass es gut geht.“