Ahrensburg. Rücksichtslose Autofahrer gefährden die Schüler vor der Stormarnschule. Große Probleme mit dem Verkehr gibt es auch am Aalfang.
„Vorsicht, Autos!“, ruft Annette Stöcker den Kindern zu, die am Dienstagmorgen um 7.37 Uhr mit ihren Fahrrädern über den Verbindungsweg von der Manhagener Allee auf die Stormarnschule in Ahrensburg zufahren. „Langsam!“, schiebt sie mit lauter Stimme hinterher, um die Motorengeräusche zu übertönen. Denn vor dem Gymnasium halten bereits mehrere Fahrzeuge und blockieren damit die Durchfahrt in der Waldstraße – trotz des absoluten Halteverbots.
Einige stehen mitten auf der Fahrbahn, andere quer vor den Schulparkplätzen, zum Teil in verkehrter Fahrtrichtung. Autotüren werden aufgestoßen, Kinder steigen aus und holen ihre Taschen aus dem Kofferraum. Dazwischen versuchen junge Radfahrer, unfallfrei die letzten Meter bis zur Schule zu kommen. Sie müssen immer wieder abbremsen und Schlangenlinien fahren.
Zwei Kollegen stehen mit Warnweste vor der Schule
Annette Stöcker schüttelt genervt den Kopf. „Das Problem mit den Elterntaxis wird immer schlimmer“, sagt sie. Jeden Morgen versucht die Hausmeisterin mit ihrem Kollegen Konstantin Prescher, vor der Schule für zumindest etwas Ordnung zu sorgen. Mit orangefarbenen Warnwesten stehen sie ab 7.20 Uhr an der Waldstraße – eine halbe Stunde lang, bis die Schulklingel zur ersten Stunde läutet und sich die Verkehrssituation schlagartig entspannt.
Einer hilft den Radfahrern am Verbindungsweg, der andere sperrt die Zufahrt zum Schulhof ab. Denn einige Eltern wollen ihre Kinder am liebsten direkt vor die Eingangstür fahren. „Vorn an der Straße ist es mir zu gefährlich, um mein Kind abzusetzen“, habe ihr kürzlich eine Mutter als Begründung genannt, so Stöcker. Sie mache die Eltern regelmäßig darauf aufmerksam, dass sie mit ihrem Verhalten eine Gefahr für die anderen Schüler darstellen. „Einsicht zeigen sie leider überhaupt nicht“, sagt sie. „Stattdessen werde ich oft angepöbelt.“ Wegen der vielen Autos komme es vor der Schule regelmäßig zu brenzligen Situationen. „Wir hatten schon Stürze und mussten Schürfwunden behandeln. Es ist reines Glück, dass bisher nicht mehr passiert ist.“
Eltern fahren sogar auf den Schulhof
Nur wenn die Hausmeister woanders für dringende Arbeiten gebraucht werden, stehen sie morgens nicht vor der Schule. „Dann herrscht hier richtiges Chaos, weil sich keiner mehr an Verkehrsregeln hält“, sagt Direktorin Michaela Witte. Sie schaut von ihrem Büro im ersten Stock direkt auf den Schulhof, sieht dort immer wieder Autos – überwiegend große und teure. Mit Pfiffen aus dem Fenster und persönlichen Ansprachen versuche sie, die Eltern zur Vernunft zu bringen – meist vergeblich. „Am nächsten Tag sind sie wieder da“, sagt Sekretärin Doris Wenzlawski.
Trotzdem sieht Witte momentan keine andere Handlungsmöglichkeit, als immer wieder das Gespräch zu suchen. Jedes Jahr im November gibt sie zum Beispiel allen Schülern ein Informationsschreiben mit nach Hause mit dem Hinweis, dass Eltern ihre Kinder nicht direkt vor die Schule fahren sollen. Zudem sprechen die Klassenlehrer standardmäßig mit den neuen Fünftklässlern über das Thema. Es gebe über alle Klassenstufen Schüler, die von ihren Eltern zum Unterricht gefahren werden, sagt Witte. Einige wohnten nur wenige Hundert Meter entfernt, etwa an der Bismarck- oder Parkallee.
Auch an der Grundschule Am Aalfang gibt es morgens Stau
„Probleme mit Eltern-Taxis registrieren alle Ahrensburger Schulen“, sagte Thomas Reich, Fachbereichsleiter im Rathaus, bei der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses. Und in der Tat sieht es am Dienstagmorgen an der Grundschule Am Aalfang nicht viel anders aus. Um 7.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn, kommt das erste Auto am Ahrensfelder Weg zum Stehen. Die Fahrertür öffnet sich, eine sichtlich gestresste Mutter steigt aus. Durch die Hintertür folgt ihr kleiner Sohn. Kofferraum auf, Schulranzen und Sportbeutel ausladen, dem Nachwuchs in die Hand drücken, einsteigen, Tür zu, weiterfahren. Ein Vorgang, der sich in den nächsten Minuten noch Dutzende Male wiederholen wird.
Direkt neben dem haltenden Wagen steht ein blau-rotes Verkehrsschild, das ein absolutes Halteverbot anzeigt. „Viele halten sich nicht daran“, beklagt Katrin Fromme. Die Mutter kennt die Situation seit Jahren. Sie bringt ihre beiden Kinder regelmäßig zur Schule, parkt ihr Auto aber immer ein Stück entfernt, zum Beispiel am U-Bahnhof. „Den restlichen Weg legen wir zu Fuß zurück. Das ist auch bei Regen machbar“, sagt Fromme. Sie kritisiert, dass viele Eltern keine Rücksicht nähmen. „Einige fahren sogar auf den Fußweg, auf dem die Kinder gefahrlos unterwegs sein sollten.“ Um die Schüler zu schützen, ist auch der Hausmeister der Aalfang-Schule regelmäßig morgens vor dem Haupteingang im Einsatz. So auch an diesem Tag.
Eltern zeigen sich uneinsichtig
Und was sagen Eltern, die das Halteverbot am Ahrensfelder Weg missachten? Eine Mutter, die gerade ihr Kind an der Schule abgeliefert hat, begründet ihr Verhalten so: „Ich bringe meinen Sohn direkt vor der Arbeit zum Unterricht. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad würde ich es zeitlich nicht schaffen, weil die Schule erst ab 7.30 Uhr geöffnet ist.“ Für sie ist die geringe Zahl an Parkplätzen in unmittelbarer Nähe Schuld an dem Verkehrschaos. „Der Schulparkplatz wird von den Lehrern belegt“, sagt sie.
Inzwischen ist es 7.45 Uhr und das Chaos erreicht seinen Höhepunkt. Ständig bremsen Autos ab, rangieren, wenden. Es staut sich, weil auf beiden Straßenseiten gleichzeitig Wagen halten. Kinder, die mit dem Rad zur Schule kommen und in der ausgewiesenen Fahrradstraße eigentlich Vorrang hätten, müssen sich zwischen den Autos hindurchschlängeln.
Hotel leidet unter dem vielen Verkehr
Viele Eltern zeigen sich vom Verkehrschaos genervt, für das sie selbst verantwortlich sind. „Ich kann gar nicht mehr weiterfahren, wenn ich meinen Sohn abgesetzt habe. Die Straße ist verstopft“, beklagt eine Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte. „Wenn man das jeden Morgen hat, ist das anstrengend.“ Auch das Ringhotel gegenüber der Grundschule leidet unter der Situation. Silke Rasmussen arbeitet am Empfang, erlebt den Stau jeden Morgen mit. „Das behindert den Hotelbetrieb“, sagt sie. Die Geschäftsführung habe sich mehrfach bei der Stadtverwaltung beschwert und eine regelmäßige Kontrolle gefordert. „Wir bekamen vom Bürgermeister die Antwort, er könne hier wegen der Aggression der Eltern keine Mitarbeiter abstellen.“
Schulleiter Roman Tietze sagte bei der Sitzung des Bildungsausschusses, dass bisher alle Versuche, die Eltern zum Umdenken zu bringen, nicht geholfen hätten. „Wir sagen immer, dass die Kinder zu Fuß kommen sollen. Doch mittlerweile wird selbst der Mitarbeiterparkplatz zugestellt.“
Polizei fährt vor den Schulen Streife
Bei der Ahrensburger Polizei ist die Problematik bekannt. Die Beamten fahren jeden Morgen im Zuge der Schulwegsicherung mit ein bis zwei Wagen Streife, können aber nicht zeitgleich vor allen neun Grund- und weiterführenden Schulen sein. „Wir sprechen Eltern an, die ihre Autos falsch parken, und haben auch schon Verwarnungsgeld ausgesprochen“, sagt Polizeihauptkommissar Marco Hecht-Hinz. „Aber offensichtlich verpufft die Wirkung relativ schnell wieder.“ Wenn die Polizei mit Streifenwagen vor einer Schule stehe, verhielten sich die Eltern in der Regel anders, als wenn sie sich unkontrolliert fühlten. Der Polizist sagt: „Wir versuchen deshalb, möglichst viel Präsenz zu zeigen.“