Ahrensburg. In Ahrensburg hat das Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus eine Anlaufstelle für Menschen eröffnet, die auf Ersatzdrogen angewiesen sind.

Es ist die Hoffnung auf ein normales Leben nach vielen Jahren der Drogensucht, die abhängige Menschen in Substitutionsmitteln wie Methadon sehen. „Doch die Zahl der Ärzte, die Suchtkranke mit Ersatzdrogen behandeln wird immer kleiner und die Zahl der Patienten immer größer“, sagt Peter Hans Hauptmann, Chefarzt des Heinrich-Sengelmann-Krankenhauses in Bargfeld-Stegen.

Mit einer neuen Substitutionsambulanz in Ahrensburg möchte die Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie die Versorgungslücke im Kreis Stormarn nun schließen. Seit April dieses Jahres behandeln Mediziner Suchtkranke in der Ambulanz an der Großen Straße im Zentrum der Stadt.

„Unser Ziel ist nicht, die Menschen von der Sucht zu befreien, sondern ihnen ein normales Leben mit einem geregelten Alltag zu ermöglichen“, sagt Birgit Löffler-Burmeister, die seit Anfang der 90er-Jahre Drogensüchtige in Ahrensburg behandelt. Gemeinsam mit dem Allgemeinmediziner Carl-Christian Richers führte sie eine Hausarztpraxis an der Straße Lohe, die beide Ärzte Mitte 2016 verkauften. „Wir gaben die Praxis unter der Voraussetzung ab, dass dort weiter Suchtkranke substituiert werden. Doch dies erfolgte leider nicht“, sagt die 71 Jahre alte Ärztin, die jetzt wieder mit ihrem alten Partner bislang 35 Patienten in Stormarns erster Substitutionsambulanz behandelt.

Auch Psychiater arbeiten in der Ahrensburger Ambulanz

„Wir sind froh, diese beiden erfahren Ärzte für die Ambulanz gewonnen zu haben“, sagt Peter Hans Hauptmann, dessen Schwerpunkt im Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus die Suchtbehandlung ist. Der Chefarzt weiß, dass allein mit Ersatzdrogen wie Methadon Süchtigen nicht geholfen ist. „Die Menschen leiden an Depressionen oder Psychosen“, sagt Hauptmann. Löffler-Burmeister fügt hinzu: „Um den seelischen Schmerz zu bekämpfen, verabreichen sie sich selbst Drogen.“

Deswegen soll es in der Ahrensburger Ambulanz laut dem Chefarzt ein „Rundum-Sorglos-Paket“ geben. Neben den beiden Ärzten ist auch immer ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus in der Ahrensburger Ambulanz. „Eine gute psychische Stabilität ist für die Behandlung mit Ersatzdrogen sehr wichtig“, sagt Hauptmann. Denn schnell könne es gefährlich für Patienten werden, wenn diese neben der Ersatzsatzdroge weiterhin Heroin konsumieren. „Beide Substanzen sind gleich, bei Methadon gibt es nur keinen Rausch.“ In diesen flüchteten viele psychisch Kranke, um dem Schmerz zu entkommen.

Immer mehr drogenabhängige Patienten in Ahrensburg

Der Allgemeinmediziner Carl-Christian Richers kennt aus seiner Arbeit in Ahrensburg zahlreiche Drogenbiografien: „Als wir in den 90er-Jahren angefangen haben, hatten wir nur bis zu drei Substitutionspatienten.“ Bereits in jungen Jahren hätten diese mit dem Drogenkonsum begonnen und geglaubt, sie könnten ihren Konsum kontrollieren. „Als sie merkten, dass es nicht so ist, folgten Entgiftungen und immer wieder Rückfälle“, sagt Richers, der schätzt, dass es meist acht Jahre dauert, bis Drogensüchtige sich in Behandlung mit einem Substitutionsmittel begeben. „Es ist der Punkt, wo sie sich selbst eine Schwäche eingestehen müssen.“

Im Laufe der Jahre kamen immer mehr drogenabhängige Patienten in die frühere Ahrensburger Praxis. „Zuletzt hatten wir zwischen 80 bis 100 Patienten pro Jahr“, sagt Birgit Löffler-Burmeister. Dabei handelte es sich nicht mehr nur um junge, obdachlose und oft mit HIV infizierte Menschen, wie Anfang der 90er. „Es waren ganz normale Menschen, mit Vollzeitjob und Familie“, sagt die Ärztin, die sich auch daran erinnert, dass vor rund 30 Jahren die Therapie noch ganz anders aussah.

Ärzte scheuen das Etikett des Drogendealers in Weiß

Damals zahlte die Krankenkasse beispielsweise nur ein halbes Jahr für die Substitution, danach hatte der Patient wieder clean zu sein. „Heute ist das zum Glück nicht mehr so und wir wissen: Oft müssen Menschen ein Leben lang die Ersatzdroge nehmen, einige unserer Patienten leben im Altersheim“, sagt Löffler-Burmeister.

Peter Hans Hauptmann ergänzt: „In den 90er-Jahren gab es bundesweit 6000 Drogentote pro Jahr, heute sind es 1000.“ Dies liege vor allem an den guten Substitutionsmöglichkeiten. Doch immer weniger niedergelassene Ärzte bieten diese an. In Stormarn seien es derzeit nur eine Handvoll und der Altersdurchschnitt liegt laut Hauptmann bei 63,5 Jahren. „Zudem ist die Klientel nicht die einfachste, es gibt viele Auflagen, und viel Geld von den Kassen gibt es dafür auch nicht“, sagt der Chefarzt. Löffler-Burmeister fügt hinzu: „Viele scheuen zudem das Etikett des Drogendealers im weißen Kittel.“

Hauptmann versucht daher, junge Ärzte in seinem Krankenhaus für die Arbeit mit Suchtkranken zu motivieren – so wie Waltraud Thomas. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet sowohl in der Klinik als auch in der Ambulanz: „Man muss einfach ein Herz für diese Menschen entwickeln.“