Bad Oldesloe. Fast alle Bewohnerinnen der Stormarner Notunterkunft sind im Ausland geboren. Kapazität ist begrenzt. Jetzt kommt Hilfe aus Kiel.

Oft leiden sie viele Jahre unter Gewalt in ihrer Partnerschaft, bis sie den Mut fassen, aus diesem Martyrium auszubrechen und in einem Frauenhaus Schutz zu suchen. Doch etwa jedes zweite Gewaltopfer, das in der Stormarner Notunterkunft Schutz sucht, muss abgewiesen werden, weil nicht genügend Platz vorhanden ist. „Es ist unerträglich“, sagt Claudia Rattmann, die seit 20 Jahren in dem Frauenhausarbeitet. 52 Frauen mit 48 Kindern fanden 2017 Schutz in der Stormarner Einrichtung. 41 Frauen mit 58 Kindern mussten hingegen weggeschickt werden.

Ulf Kämpfer (v. l.), Kiels Oberbürgermeister und Vorsitzender des Städtetags hat zusammen mit der Gleichstellungsministerin Sabine Sütterlin-Waack und  Reinhard Sager, Vorsitzender des Landkreistages, eine Vereinbarung unterzeichnet.  
Ulf Kämpfer (v. l.), Kiels Oberbürgermeister und Vorsitzender des Städtetags hat zusammen mit der Gleichstellungsministerin Sabine Sütterlin-Waack und  Reinhard Sager, Vorsitzender des Landkreistages, eine Vereinbarung unterzeichnet.   © MJEVG | MJEVG

Damit diese Zahlen deutlich geringer werden, will das zuständige Ministerium für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung in Kiel landesweit bis zu 30 zusätzliche Stellen in Frauenhäusern schaffen. Eine entsprechende Vereinbarung hat die Gleichstellungsministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) zusammen mit dem Vorsitzenden des Städtetags Ulf Kämpfer und Reinhard Sager, Vorsitzender des Landkreistages, vergangene Woche unterzeichnet.

Zusätzliche Plätze sind befristet

In dem Schreiben ist vereinbart, dass die zusätzlichen Plätze auf 2019 und 2020 befristet sind. Die Kosten teilen sich das Land und die Kommunen zu gleichen Teilen. Bei einer Kostenpauschale von 12.585 Euro pro Platz zahlt das Ministerium somit für die beiden Jahre 377.600 Euro.

Die zusätzlichen Kapazitäten in den Frauenhäusern will Sütterlin-Waack kurzfristig einrichten. Wie die Plätze landesweit verteilt werden, steht allerdings noch nicht fest. „Das müssen die Kommunen und Frauenhäuser unter sich klären“, sagt Ministeriumssprecher Oliver Breuer.

Frauenhaus ist mit 14 Plätzen eines der kleinsten im Land

„Wir sind die ersten, die die Hand heben und einen zusätzlichen Platz haben wollen“, sagt Astrid Dünnes vom Vorstand des Vereins Frauen helfen Frauen, dem Träger des Stormarner Frauenhauses. „Wir haben im landesweiten Vergleich mit 14 Plätzen eines der kleinsten Frauenhäuser und kämpfen schon seit Jahren für einen weiteren Platz.“ Dieser könnte auch mühelos in dem Haus eingerichtet werden.

Damit wäre aber nur eines von vielen Probleme gelöst, mit dem sich die Mitarbeiter des Frauenhauses und Vereins fast täglich beschäftigen müssen. Bereits seit Jahren setzt sich die Kreistagsabgeordnete Margot Sinning (SPD) im Sozialausschuss für die Frauenhäuser ein. „Mit mehr Plätzen in den Unterkünften ist es nicht allein getan. Wenn es kaum noch kleine und bezahlbare Wohnungen gibt, bleiben die Frauen zwangsläufig länger im Frauenhaus“, sagt Sinnig und fordert von der Kommunalpolitik, für entsprechenden Wohnraum zu sorgen.

13 von 14 Frauen sind Migrantinnen

Rund die Hälfte der Frauen bleibt länger als einen Monat im Frauenhaus, einige davon sogar mehr als sechs Monate. Hinzu kommt, dass viele Frauen ausländische Wurzeln haben. „Das stellt uns vor neue Probleme“, sagt Sinning: „13 von 14 Frauen sind Migrantinnen.“ So komme es zu Schwierigkeiten mit der Sauberkeit, weswegen um eine Putzhilfe gebeten wurde. Doch dies lehnt Sinning ab. „Sinnvoller ist es, die Frauen von einer Hauswirtschaftkraft schulen zu lassen, die auch erklärt, wie richtig gelüftet wird und wie Mülltrennung funktioniert.“

Auch Claudia Rattmann befürwortet eine solche Lösung, kennt jedoch die Hintergründe des Problems: „Viele Frauen aus Syrien oder Afghanistan, hatten daheim Haushaltshilfen und haben beispielsweise noch nie eine Toilette geputzt.“ Doch diese Probleme gebe es auch immer wieder mit jungen deutschen Frauen. „Ferner hatten wir schon immer mehr Migrantinnen im Haus. Das liegt daran, dass Deutsche erstmal Schutz bei Bekannten oder der Familie suchen“,sagt Rattmann, die es begrüßt, dass das Ministerium in Kiel jetzt die Notwendigkeit für mehr Plätze erkannt hat.

Wird das Vorhaben kurzfrsitig umgesetzt

Doch Claudia Rattmann bleibt skeptisch, ob das Vorhaben auch kurzfristig umgesetzt wird. „Vor einem Jahr wurde ein Sofortprogramm zur Sanierung der Frauenhäuser beschlossen. Von dem Geld ist bis heute nichts bei uns angekommen.“ So hätten sie und ihre Kolleginen eine Videoüberwachung und ein neues Eingangstor zum Schutz der Frauen beantragt. „Unser jetziges Tor ist verrostet und es sind schon zwei kleine Kinder weggelaufen, weil es nicht mehr richtig schließt.“ Um das Problem schnell zu beheben, haben die Frauen auch Kostenvoranschläge eingeholt. Doch passiert ist nichts. „Das ist enttäuschend.“