Reinbek. Weitgehend in Vergessenheit geraten: Wo heute das Schloss steht, haben vor 500 Jahren Nonnen gelebt. 1976 wurden die Mauern entdeckt.
Dort, wo heute die kleine Allee den Weg zum Reinbeker Schloss weist, stand bis vor knapp 500 Jahren ein Kloster. Angesichts der schon langen Geschichte und der Bekanntheit des Schlosses, ist diese Tatsache weitgehend in Vergessenheit geraten. Und bis heute gibt es – trotz umfangreicher Ausgrabungen und Untersuchungen – keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wo genau das Kloster gelegen und wie es ausgesehen hat.
In den besten Zeiten lebten dort bis zu 60 Nonnen. Sie pflegten den klostereigenen Garten und kümmerten sich mit den eigens dafür angepflanzten Kräutern um die medizinischen Belange der Menschen in der Region. Mit vielen selbst angebauten Produkten machten sich die Nonnen in großen Teilen zu Selbstversorgern. Was fehlte, lieferten die Bauern aus dem Umland.
Das Kloster wurde vermutlich um 1250 errichtet
Als im Jahr 1976 die Kanalisation des Schlossgeländes verlegt werden sollte, wurden die Reste dieses Klosters entdeckt. Eine Mauerecke des Bauerngartens aber auch Teile des Friedhofs wurden freigelegt, darunter Reste von Holzsärgen, die der Klosterzeit zugeordnet werden konnten. Im Westen, mit Blick auf den Schlosseingang links, stand ein Wohngebäude, der Wirtschaftshof lag im nördlichen Teil der Fläche, dem hinteren Teil des heutigen Schlossgartens. Ein Gutachter bestätigte den Fund des Klosters. Einige Bürger Reinbeks führten eigenmächtig weitere Grabungen aus, als sie davon erfuhren. Das Landesamt duldete das stillschweigend. Doch nach kurzer Zeit wurden die Grabungen wieder beendet, die Klosterspuren wieder zugeschüttet.
Erste Daten rund um das Kloster gibt es aus dem Jahr 1224. Zu jener Zeit stand eine Kapelle in Sachsenwaldau. 1233 verlegte der Konvent seinen Sitz nach Köthel. „Früher war es üblich, dass kleinere Klöster umzogen, damit sie möglichst inmitten ihres Besitzes standen“, sagt Dr. Carsten Walczok, Archivar der Stadt Reinbek. Als das Kloster 1238 in den Besitz von Adolf IV., dem Grafen von Schauenburg und Holstein, überging, wurde es großzügig mit Ländereien beschenkt.
Wasserversorung durch Bille und Mühlenteich
Etwa um das Jahr 1250 soll das Kloster dann auf dem Grundstück des heutigen Schlosses errichtet worden sein. Die Lage an der Bille und dem Mühlenteich war von Vorteil, um die Wasserversorgung zu sichern, das Holz diente unter anderem als Baumaterial. Das Stift schloss sich den Statuten der Zisterzienser an, war jedoch dem Orden nicht angeschlossen. Der Orden konnte seinerzeit keine weiteren Klöster aufnehmen. Das Kloster unterstand dem Erzbistum Hamburg-Bremen. Der Baustil entsprach der standardisierten Einteilung eines Zisterzienserklosters, links die Präfektion und rechts der Schlaftrakt. Die Kirchen der Klöster wurden bescheiden gebaut. Nur ein Dachreiter zierte die Spitze des Daches.Immer wieder wurde der Konvent von den Landherren aus Holstein und Lauenburg mit Schenkungen bedacht. Der Landbesitz reichte über Wentorf und Wohltorf bis in die Hamburger Vier- und Marschlande. Zwölf Priorinnen hatten die Herrschaft über das Kloster. Im Jahr 1309 gab es einmalig eine Äbtissin mit dem Namen Johanna.
„Es war ein reines Frauenkloster. Im letzten Jahr lebten vermutlich 47 Nonnen dort“, so Carsten Walczok. Um die Nonnen zu schützen, stand es nahe einer Siedlung, der Stadt Hamburg. Die Nonnen waren meist Töchter aus gutem Hause, die nicht verheiratet waren und deren Familien sie im Stift gut versorgt sahen. „Es ist ebenso möglich, dass sie vom Erbe der Familie ausgeschlossen werden sollten und aus dem Haus mussten“, so der Historiker Walczok. Für alleinstehende Frauen ohne Aussicht auf Heirat war der Weg ins Kloster der einzige, um in der Gesellschaft nicht ihren Ruf zu verlieren.
Das heutige Schloss wurde ab 1571 gebaut
Am 7. April 1529 wurde das Kloster nach der Reformation durch Martin Luther aufgelöst. Die Frauen mussten durch die Erneuerungsbewegung der Kirche nichts mehr befürchten. Das Kloster wurde samt Ländereien an den dänischen König verkauft. Jede Nonne bekam 300 Mark von dem Erlös. Mit dem Geld wurden sie auch für die Familien wieder interessant.
Ab dem Jahr 1571 baute Herzog Adolf von Gottorf auf dem Gelände das Reinbeker Schloss mit dem Holz aus dem angrenzenden Sachsenwald. Der Bau des Renaissanceschlosses für den Schlossherrn dauerte fünf Jahre. 1970 ging das Schloss in den Besitz der Stadt Reinbek über und dient heute als Kultur- und Kommunikationszentrum.