Ahrensburg. Einheitliche Elternbeiträge, freie Wahl des Ortes, mehr Personal, Abrechnungsmodus: Kreis und Gemeinden sehen noch viele offene Fragen.
Transparenter, bürokratieärmer und landesweit einheitlich: So plant die schleswig-holsteinischen Landesregierung die künftige Kita-Finanzierung. Bei mehr Qualität sollen Eltern und Kommunen sogar weniger Geld zahlen als jetzt. An der Basis in Stormarn gibt es allerdings durchaus Zweifel, ob diese ehrgeizigen Ziele unter einen Hut zu bringen sind.
Grundlage aller Berechnungen ist das Standard-Qualitäts-Kosten-Modell (SQKM), das die Regierungsparteien CDU, Grüne und FDP im Sozialausschuss des Landtags präsentiert haben. An den genauen Berechnungen für diese sogenannte Referenz-Kita wird in Kiel noch gearbeitet.
Kinderbetreuung teurer als in jedem anderen Bundesland
Nach einer Bertelsmann-Studie müssen die Familien in Schleswig-Holstein so viel für einen Kita-Platz bezahlen wie in keinem anderen Bundesland. Für einen Ganztags-Krippenplatz (für unter Dreijährige) sind bis zu 600 Euro monatlich fällig, für einen Kita-Platz (Drei- bis Sechsjährige) bis zu 400 Euro. Bei den Elternbeiträgen gibt es zudem landesweit drastische Unterschiede, was ebenfalls für die Sozialstaffelregelungen gilt.
Im Hamburger Umland sind die Sätze besonders hoch. So zahlen Eltern in Reinbek für Ganztags-Krippenplätze bis zu 560 Euro, in Ahrensburg und Bargteheide um 500 Euro. Bei Kita-Plätzen sind es in Reinbek und Ahrensburg bis zu 330 Euro, in Bargteheide rund 290 Euro. In anderen Orten Schleswig-Holsteins wird schon mal nur die Hälfte verlangt.
Mittelfristig sollen Beiträge ganz abgeschafft werden
Das Land hat angekündigt, die Elternbeiträge von August 2020 an zu vereinheitlichen und zu deckeln. „Die Entlastung der Eltern war und ist uns ein zentrales Anliegen. Dieses Versprechen werden wir halten“, sagt die Oldesloer Landtagsabgeordnete Anita Klahn (FDP), die auch stellvertretende Vorsitzende und kitapolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist.
Auch wenn der Reformprozess erst etwa zur Hälfte abgeschlossen und noch nicht alle Punkte zwischen den Trägern der Kindertagesstätten, den Kommunen und dem Land geklärt sind, seien die Liberalen stolz auf die ersten Ergebnisse. Wo am Ende der Höchstsatz liegt, ist unklar. Nach ersten Berichten über 200 oder auch 250 Euro stellte das Landesfamilienministerium klar, dass die „Beitragshöhe des beabsichtigten Deckels noch nicht feststeht“. Dazu seien umfangreiche Berechnungen in den kommenden Monaten nötig. Mittelfristig sollen die Beiträge jedenfalls ganz abgeschafft werden.
Kreisverwaltung soll gesamte Abrechnung übernehmen
Die Landesregierung stellt in der bis 2022 laufenden Wahlperiode den Kitas 481 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung: 135 Millionen sollen in die Entlastung der Kommunen fließen, 136 Millionen in Entlastungen der Eltern und 210 Millionen Euro in eine höhere Qualität. Unter anderem ist vorgesehen, dass Kita-Gruppen von zwei Erziehern statt von 1,5 betreut werden. Außerdem sollen die Beschäftigten mehr Vor- und Nachbereitungszeiten bekommen.
Auf die Stormarner Kreisverwaltung dürfte mit der Reform reichlich Mehrarbeit zukommen: Die Kreise sollen alle Finanzströme bündeln. So soll das Geld des Landes über die Kreise an die Kitas fließen und nicht mehr über die Gemeinden. „Das würde auch bedeuten, dass wir die Beiträge einziehen müssten“, sagt Landrat Henning Görtz. Noch ist das Sache der Rathäuser und Ämter vor Ort.
Kreis bräuchte für Abrechnung deutlich mehr Personal
Der Kreis bearbeitet aktuell ausschließlich rund 500 Fälle in der Tagespflege, wofür zweieinhalb Stellen benötigt werden. „Wenn da noch mal Abrechnungen für kreisweit rund 12.000 Kinder in Krippen und Elementargruppen hinzukommen, lässt sich erahnen, wie viel Mitarbeiter sich darum kümmern müssten“, sagt Görtz.
Diese Veränderung ist für den Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag (SHGT), dessen Landesvorsitzender der Barsbütteler Bürgermeister Thomas Schreitmüller ist, eines der beiden Kernprobleme der Reform. „Der Finanzierungs-Umweg über den Kreis ist überflüssig, sorgt für mehr statt weniger Verwaltung“, sagt Jörg Bülow, Geschäftsführer des Verbands, der mehr als 1000 Kommunen und alle 84 Ämter im Norden vertritt.
Gemeindetag für Finanzierung wie im Schulsystem
Zweiter Knackpunkt sei das neue Wunsch- und Wahlrecht für Eltern, die ihre Kinder auch ohne Genehmigung außerhalb ihres Wohnortes anmelden dürfen. „Das wird ein Riesenproblem, weil es die Planungssicherheit für die Kommunen deutlich vermindert“, sagt Bülow. Der Ausbaudruck auf größere Orte könnte stark steigen – und damit auch die Kosten.
Grundsätzlich hält der Gemeindetag die Reform mit klaren finanziellen Lösungen und der Abkehr von komplizierten Einzelregelungen für sinnvoll. Er hat ein eigenes Konzept eingebracht. „Es orientiert sich am Schulsystem“, sagt Bülow. „Das Land trägt die Personalkosten, die Kommunen stellen Gebäude und Ausstattung.“ Die Elternbeiträge sollten dann ans Land gehen.
Ebenfalls eingebunden in die Reformpläne ist die Landeselternvertretung der Kitas. Die Stormarner Kreiselternvertretung hofft auf eine finanzielle Entlastung, wobei die Qualität der Betreuung nicht auf der Stecke bleiben dürfe. Finanziell schwache Familien sollten nichts zahlen müssen, damit deren Kinder nicht von Beginn an von Bildung ausgeschlossen werden und später keine Nachteile haben.
Wichtig sei nicht nur die Kita, sondern auch, was danach komme. Es nütze nichts, gute Betreuungszeiten zu haben, die einigermaßen mit Familie und Beruf vereinbar sind, wenn anschließend in den Grundschulen keine ähnlichen Strukturen vorhanden sind.