Travenbrück/München. Vermisste wird in ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ gesucht. Woher kommt plötzlich ihr Handy?

Hinnerk Blombach

Nach der Ausstrahlung der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ am Mittwochabend stellt sich der Fall der seit rund einem Jahr vermissten Ivonne Runge aus dem Travenbrücker Ortsteil Schlamersdorf noch mysteriöser dar. In der Sendung wurde bekannt, dass drei Monate nach dem Verschwinden der 39-Jährigen plötzlich ihr Handy aufgetaucht ist – und zwar genau an der Stelle, an der die Frau zuletzt gesehen wurde. Der Fund ist deswegen so rätselhaft, weil die Polizei im Oktober 2017, dem Zeitpunkt des Verschwindens, diesen Ort bereits intensiv abgesucht hatte. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass das Mobiltelefon dort im Januar 2018 „bewusst abgelegt“ wurde. Das sagte Kriminalhauptkommissar Frank Hansen von der zuständigen Mordkommission in Lübeck während der Sendung.

Die Ermittler sind mittlerweile überzeugt, dass Ivonne Runge nicht mehr lebt. Das hätten die bisherigen Ermittlungsergebnisse ergeben. „Wir können einen Unfall ebenso wie ein freiwilliges Untertauchen ausschließen“, sagte Polizist Frank Hansen. Bis heute ist aber unklar, was genau mit der Frau mit den langen blonden Haaren passiert ist.

Nach den Ermittlungen der Polizei lassen sich die Umstände ihres Verschwindens bisher so rekonstruieren: Ivonne Runge war am Abend des 25. Oktober 2017 bei ihrem ehemaligen Lebensgefährten in Rümpel. Es ging ihr so schlecht, dass der Mann sie mit ihrem eigenen Auto gegen 23 Uhr nach Schlamersdorf fuhr. Kurz vor ihrer Wohnung, an einer Bushaltestelle, stieg die Frau aus dem Wagen. Sie wollte die letzten etwa 200 Meter zu Fuß zurücklegen. Doch in ihrer Wohnung kam sie nie an, ist sich die Polizei sicher.

Ihr neuer Freund hat das Telefon im Januar gefunden

Am Tag darauf meldete ihr neuer Freund sie bei der Polizei als vermisst. Aufwendige Suchmaßnahmen, unter anderem mit Leichenspürhunden, blieben erfolglos. Freunde baten mit verzweifelten Appellen im Internet um Hinweise auf Ivonne Runge.

Genau an jener Bushaltestelle, an der die Frau das Auto ihres Ex-Freundes verlassen hatte, wurde dann am 14. Januar überraschend Ivonne Runges Smartphone gefunden – und zwar von ihrem neuen Freund. An dessen Aussagen hat die Polizei laut Frank Hansen keine Zweifel. Der Kriminalhauptkommissar hält es für möglich, dass ein „Tatbeteiligter“ das Handy dort bewusst abgelegt hat. Ebenso könne es aber auch jemand gefunden und Monate später dort wieder deponiert haben. „Das wäre dann ein sehr wichtiger Zeuge für uns“, so Frank Hansen.

In diesem Zusammenhang suchen die Ermittler erneut nach Hinweisen auf ein weißes Auto, einen Kia Sorento. „Wer hat dieses Fahrzeug am 14. Januar oder in den Tagen davor in der Gegend rund um Schlamersdorf gesehen“, fragt Hansen. Der weiße Wagen wurde bereits auch mit den Geschehnissen rund um das Verschwinden von Ivonne Runge im Oktober 2017 in Zusammenhang gebracht. Nähere Informationen dazu geben die Ermittler aber nicht Preis.

Experten sind noch mit der Entschlüsselung des Geräts beschäftigt

Derzeit sind die Experten des Landeskriminalamtes noch damit beschäftigt, das gefundene Telefon zu entschlüsseln. „Wir sind damit bald fertig und erhoffen uns von den Daten neue Erkenntnisse“, so Kripomann Frank Hansen im ZDF. Dass sich die Auswertung schon so lange hinzieht, liegt nach Auskunft von Oberstaatsanwältin Ulla Hingst von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Lübeck darin begründet, dass das Gerät verschlüsselt und die Decodierung sehr aufwendig sei. Warum Polizei und Staatsanwaltschaft nicht bereits im Januar, nach Fund des Smartphones, öffentlich nach Zeugen gesucht haben, erklärt die Juristin mit „ermittlungstaktischen Gründen“.

Neue Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler auch von der breiten Öffentlichkeit, die nun mit dem Auftritt in der beliebten Fernsehsendung angesprochen werden sollte. Mehr als 4,5 Millionen Menschen haben zugeschaut. Nach Auskunft der Polizei in Lübeck seien während und nach der Sendung Anrufe „im einstelligen Bereich“ eingegangen, denen jetzt nachgegangen werde. Bis Ergebnisse vorliegen, könne es noch dauern.

Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat für Hinweise, die zur Aufklärung des Falls beitragen, eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro ausgesetzt. Zeugen werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei in Lübeck unter der Telefonnummer 0451/1310 zu melden.