Barsbüttel. Sperrung der Hauptverkehrsader auf Hamburger Gebiet bis Landesgrenze setzt Gewerbetreibenden zu. Umsatzeinbußen bis zu 30 Prozent.

Es ist früh am Dienstagmorgen. Die Regale in der Tankstelle von Patrick Meyer an der Hauptstraße in Barsbüttel sind prall gefüllt – unter anderem mit Zigaretten, Zeitungen und Magazinen. Auch gibt es Brötchen, Getränke, Süßigkeiten, Blumen und Felgenreiniger. Normalerweise leeren sich die Fächer im Laufe des Tages zufriedenstellend für den 54-Jährigen. Doch seit rund zweieinhalb Wochen ist das nicht mehr der Fall. „Ich habe 30 Prozent Umsatzeinbußen inklusive des Spritverkaufs“, sagt Meyer. Grund ist die einseitige Sperrung der Barsbütteler Straße auf Hamburger Gebiet, die seit dem 20. August zwecks Sanierung nur noch in Richtung Hansestadt mit dem Auto befahrbar ist. Das trifft Gewerbetreibende tief ins Mark.

Laut Planung der zuständigen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) in Hamburg müssen sie noch bis Ende des Jahres warten, ehe die Hauptverkehrsader wieder mit dem Pkw nach Stormarn nutzbar ist – und damit die ausbleibenden Kunden zurückkommen. Viele dieser sind während der Bauphase über die Autobahnen 1 und 24 unterwegs, um nach Barsbüttel zu gelangen. Es ist die offizielle und ausgeschilderte Umleitungsstrecke.

Tankstellenbetreiber hat hohe Einbußen

Patrick Meyer hatte sich gegen die Sperrung gewehrt, war einer Initiative beigetreten, die eine Ausweichstrecke über die Nebenstraßen vorschlug inklusive beidseitigem Verkehr. Dabei sollte auf dem 150 Meter langen Reststück nach Osten, das grunderneuert wird, eine Ampel installiert werden. Das lehnte Hamburg mit folgender Begründung ab: Nur wenn das 720 Meter lange Teilstück bis zur Landesgrenze genauso wie beschlossen saniert wird, ist der Zeitplan einzuhalten. Die Proteste von Barsbütteler Politikern und anderen Bürgern waren ebenso vergebens.

Meyer ist seit 1997 Tankstellenbetreiber im Ort und seit 2005 Franchisenehmer bei Aral. Er sagt: „Das Unternehmen würde zwar ausgleichen, bevor ich pleite gehe. Allerdings wird auch erwartet, dass ich Einsparungen vornehme.“ Der Selbstständige hat zehn Mitarbeiter, vier davon mit einer Festanstellung. Meyer: „Ich will keinen nach Hause schicken, werde versuchen, erstmal Stunden zu kürzen.“ Das meiste Geld verdient er mit dem Shop.

Weniger Menschen auf Wochenmarkt als sonst

Die Barsbütteler Straße bekommt auch 1,40 Meter breite Radfahrstreifen
Die Barsbütteler Straße bekommt auch 1,40 Meter breite Radfahrstreifen © René Soukup | René Soukup

Auch kranke Menschen sind von der Straßensperrung betroffen. Daniela Röwekamp kann zahlreiche Beispiele nennen. Mit ihrem Mann hat sie beim Nahversorgungszentrum in der Straße Am Akku eine Physiotherapiepraxis und macht eigentlich Hausbesuche in Hamburg-Jenfeld. „Das können wir jetzt nicht mehr, weil mit den Umleitungen die Zeit fehlt. Ich weiß nicht, ob die betroffenen zwölf Patienten nun eine Versorgung haben.“ Zudem kämen einige Hansestädter nicht mehr zur Physiotherapie in ihre Praxis. Außerdem haben zwei Mitarbeiter, die ausschließlich den Bus nutzen, gekündigt. „Wir haben auf jeden Fall Verluste beim Umsatz“, sagt Röwekamp. Die genaue Zahl kann sie noch nicht nennen, weil erst mit sechs Wochen Verzug berechnet wird.

Von ihrer Gesundheitseinrichtung hat Röwekamp einen Blick auf den Wochenmarkt, der seit dem Umzug vom Stiefenhoferplatz wieder gut frequentiert ist. Doch auch die Obst- und Gemüsehändler müssen offenbar vorübergehend Abstriche machen. „Freitags habe ich noch nie so viele freie Parkplätze wie jetzt registriert“, berichtet die Physiotherapeutin.

Bei Edeka Strache an der Hauptstraße kommen insbesondere morgens weniger Kunden. Es fehlen solche, die sonst auf dem Arbeitsweg von Hamburg nach Barsbüttel zum Beispiel Frühstück kaufen. Das sagte eine Mitarbeiterin dem Abendblatt. Normalerweise hat das Geschäft am Morgen zwei Kassen geöffnet, jetzt nur noch eine.

Gemeinde organisiert am 1. Oktober Infoveranstaltung

Uwe Klimkeit betreibt seit 2007 eine Autowerkstatt in der 13.700 Einwohner zählenden Gemeinde, hat einen Meister und drei Gesellen beschäftigt. „Wir haben ein wenig Leerlauf, vor allem bleiben Jenfelder Kunden aus“, sagt der 58-Jährige. Dabei sei ein Mitarbeiter gerade im Urlaub. Im August dieses Jahres habe er 3000 Euro weniger Umsatz im Vergleich zum Vorjahr gemacht. „Bisher gestaltet sich die Nachfrage so, dass es für mich nicht existenzbedrohend wird“, erzählt Klimkeit. Sollten weiterhin weniger Kunden als üblich seine Dienste in Anspruch nehmen, werde er sich noch eine Woche Urlaub gönnen.

Ihre Probleme können die Gewerbetreibenden und alle anderen Bürger den Vertretern der Hamburger Behörde am Montag, 1. Oktober, mitteilen. Für diesen Tag organisiert die Gemeinde in der Sporthalle der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule (Soltausredder 28) eine Informationsveranstaltung zur Baustelle. Beginn ist um 19 Uhr.

Busverbindungen wurden ausgebessert

Die Umleitung ist rund acht Kilometer lang
Die Umleitung ist rund acht Kilometer lang © HA | HA Grafik/Frank Hasse

An jenem Ort hatten die Straßenexperten der Hansestadt Ende Juni das Projekt vorgestellt – und wurden von vielen der 450 Besucher heftig kritisiert. Unter anderem ging es auch um Busverbindungen. In diesem Bereich wurde tatsächlich nachgebessert mit einem zweiten Ringverkehr. Die Linie 563 fährt jetzt von Jenfeld über die Autobahn direkt nach Barsbüttel, ohne Zwischenstopp bei Möbel Höffner, und braucht dafür 20 Minuten. Alle geänderten Fahrpläne gelten vorerst bis zum 23. September, denn ab dem 24. wird auch noch die Landesstraße zwischen den Barsbütteler Ortsteilen Stemwarde und Stellau saniert und für fünf Wochen gesperrt. Die aktuellen Fahrpläne der Linien 263, 363 und 563 können auf der Internetseite www.barsbuettel.de heruntergeladen werden.

Patrick Meyer wird bei der Infoveranstaltung anwesend sein. Der Tankstellenbetreiber ist sich aber auch bewusst, dass sich die Gegebenheiten für ihn in den kommenden Monaten wohl nicht ändern werden. Er sagt: „Das müssen wir jetzt aushalten.“