Ahrensburg. Pendler begrüßen das neue und kostenfreie Angebot, das bis 2019 flächendeckend eingeführt sein soll.

Es ist Mittwochmorgen, 9.10 Uhr: Julian Angern sitzt im Regionalexpress 80, tippt konzentriert auf seinem Laptop. Der 25-Jährige pendelt täglich zwischen Lübeck und Hamburg. Er sagt: „Ich arbeite jeden Morgen schon im Zug, um die Zeit zu nutzen.“ Der Start-up-Gründer freut sich, dass es bis Anfang 2019 in allen Regionalexpressen und -bahnen auf der Strecke WLAN geben soll. Die ersten 15 Züge wurden bereits umgerüstet, fahren nun auch durch Stormarn.

Start-up-Gründer Julian Angern will das Angebot in Zukunft häufig nutzen
Start-up-Gründer Julian Angern will das Angebot in Zukunft häufig nutzen © HA | Johanna Helbing

Julian Angern gehört zu den 30.000 Bahnfahrern, die die Strecke von Ahrensburg bis Hamburger Hauptbahnhof täglich nutzen, ungefähr 17.000 fahren zwischen Bad Oldesloe und Ahrensburg. Eine steigende Zahl von Fahrgästen nutzt auch während der Bahnfahrt Laptops oder Mobilfunkgeräte wie Handys und Tablets. Um ins Internet zu gelangen, benötigen sie bisher WLAN-Sticks oder mobiles Datenvolumen. Durch Funklöcher bleibt ihnen der Zugang zum Internet während der Fahrt aber häufig verwehrt, etwa zwischen Bargteheide und Bad Oldesloe.

Funklocher im Bahnverkehr überbrücken

Jonas Binder wird den neuen Internetzugang gern nutzen. „Ich kann so auch in Funklöchern über WhatsApp telefonieren“, sagt der Psychologe. Für geschäftliche Zwecke will der 27-Jährige das WLAN aber nicht nutzen, weil er auf dem Weg zur Arbeit lieber noch etwas entspannen möchte.

Bereits vor zwei Jahren hatte der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt angekündigt, freies WLAN in allen Zügen und auf allen Bahnhöfen gewährleisten zu wollen. Beim Regionalverkehr sind die Länder und die jeweiligen Verkehrsverbunde für eine Umrüstung zuständig. Zuständig für die Strecke durch Stormarn sind demnach das Verkehrsministerium in Kiel und der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (Nah.SH).

Pro Woche werden bis zu sechs Wagen umgerüstet

Eine Pendlerin aus Reinfeld begrüßt die neue Möglichkeit, WLAN in der Bahn nutzen zu können. „Ich pflege meine Kontakte über WhatsApp während des Arbeitsweges nach Hamburg“, so die 59-Jährige. Eine andere Bahnreisende ist gerade mit zwei Koffern über Hamburg nach Mannheim unterwegs. „Ich brauche kein WLAN während der Fahrt“, sagt sie. „Da entspanne ich lieber mit einem Buch und nehme eine Auszeit von sozialen Netzwerken.“

Nah.SH hat die Deutsche Bahn Regio mit der Umrüstung beauftragt. „Bis Anfang 2019 sollen alle Züge der Bahnnetze Nord und Ost mit freiem WLAN ausgestattet sein“, sagt Sprecher Egbert Meyer-Lovis. Zum Bahnnetz Ost gehören unter anderem auch der Regionalexpress 8 und 80 von Lübeck über Reinfeld und Bad Oldesloe nach Hamburg sowie die Regionalbahn 81 von Bad Oldesloe über Bargteheide und Ahrensburg nach Hamburg. Meyer-Lovis sagt: „Seit Mitte August rüsten wir pro Woche bis zu drei der 81 Doppelstockwagen und drei der 41 Triebwagen des Typs LINT mit WLAN aus.“ 15 Züge wurden laut Nah.SH-Sprecher Dennis Fiedel bereits umgerüstet, sieben des Typs „Leichter, Innovativer Nahverkehrs-Triebwagen“ (LINT) vom Hersteller Alstom und acht Doppelstockwagen. Diese werden auf unterschiedlichen Strecken unterwegs sein.

100 Megabyte Datenvolumen pro Fahrt

Die Nutzer müssen nur das Netzwerk „WIFI@DB“ auswählen und dann die Nutzungsbedingungen akzeptieren. „Danach hat jeder Bahnfahrer maximal 100 Megabyte Datenvolumen pro Fahrt zur freien Verfügung“, sagt Meyer-Lovis. Bahnnutzerin Anna Schmidt hat allerdings Zweifel, ob das auch funktioniert. „In den Hamburger Bussen klappt es nicht gut“, sagt die 28-Jährige. Sie hofft, dass es in den Regionalbahnen besser läuft. „Wenn die Bahn ein solches Angebot verspricht, sollte sie es auch einhalten“, sagt Schmidt.

Die mit mobilem Internet ausgestatteten Züge werden mit einem WLAN-Piktogramm an den Außentüren und an den Türen zu den Abteilen gekennzeichnet. „Die Umrüstung der Fahrzeuge erfolgt nacheinander, um die Auswirkungen auf den Betrieb möglichst gering zu halten“, sagt Bahn-Sprecher Meyer-Lovis. Die Doppelstockwagen werden waggonweise umgerüstet, nur jene mit einem Piktogramm gekennzeichnete verfügen über WLAN. Zunächst müssen sich Bahnfahrer mit Internet in den Zügen begnügen. Harald Haase, Sprecher des Verkehrsministeriums Schleswig-Holstein, sagt: „Eine WLAN-Ausstattung an den Bahnhöfen ist erst einmal nicht angedacht.“ Die Kosten für die Umrüstung von rund 2,7 Millionen Euro werden vom Land Schleswig-Holstein und der Deutschen Bahn Regio getragen. Die Betriebskosten übernimmt nur das Land.

Fahrgastverband fordert auch eine Lösung für Funklöcher

Der Fahrgastverband Pro Bahn befürwortet das kostenfreie WLAN in Zügen. „Wir finden es gut, dass die Ankündigungen nun umgesetzt werden“, sagt Karl-Peter Naumann, Sprecher des Landesverbands Schleswig-Holstein. „Der Zugang zum Internet während der Bahnfahrt entspricht den Wünschen vieler Bahnfahrer, die ihre Fahrtzeit beispielsweise für das Schreiben von E-Mails nutzen wollen.“ Die Netzbetreiber seien aber gefordert, das Problem der Funklöcher auf der Strecke zu beheben. Naumann sagt zum Abendblatt: „WLAN hilft beim Telefonieren in Funklöchern nicht weiter.“

Zudem wird es nicht auf allen Bahnnetzen in Stormarn WLAN geben. Die Züge auf der Strecke zwischen Bad Oldesloe und Neumünster (Regionalbahn 82), die von der Nordbahn betrieben wird, werden vorerst nicht umgestellt. „Die Nordbahn befindet sich seit Anfang dieses Jahres in Gesprächen mit dem Nah.SH über die Ausstattung der Züge mit einem Internetzugang“, sagt Nordbahn-Sprecherin Christiane Lage-Kress. Da diese noch nicht abgeschlossen seien, könne sie noch keine Prognose für deren Ausgang geben.