Reinfeld. Abendblatt-Radwege-TÜV: Experte moniert lediglich schlechte Verbindung nach Bad Oldesloe und ins Gewerbegebiet. Der große Check.

Reinfeld und Bad Oldesloe liegen nur neun Kilometer auseinander. Eine machbare Distanz, um sie mit dem Fahrrad zurückzulegen – wäre die direkte Verbindung nicht so gefährlich. Denn der Radweg an der viel befahrenen Bundesstraße 75 weist eine Lücke auf. Zwischen dem Ortsausgang von Reinfeld (Voßfelder Straße) und der Einmündung Kalkgraben müssen Radfahrer auf die Fahrbahn ausweichen.

Der Abschnitt ist etwa 1,2 Kilometer lang und wegen einiger unübersichtlicher Kurven und der schmalen Fahrbahnbreite für Radfahrer nicht zu empfehlen, heißt es vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). „Die Strecke ist ein großes Sicherheitsrisiko“, sagt der Kreisvorsitzende Reiner Hinsch, Mitglied des Radwege-TÜV-Teams vom Abendblatt. Er steht an der Voßfelder Straße und blickt Richtung Ortsausgang. Lastwagen und Autos rasen mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve, fahren dicht am Fahrbahnrand.

Über Steinfeld und Bolande kein Radweg

Am Reinfelder Bahnhof fehlen Stellplätze für Fahrräder
Am Reinfelder Bahnhof fehlen Stellplätze für Fahrräder © HA | Janina Dietrich

Dazwischen ein Radfahrer? Dieses Szenario möchte man sich lieber nicht vorstellen. „Radfahrer können dort nicht überholt werden“, sagt Hinsch. Viele Auto- und Lastwagenfahrer machten es aber trotzdem. „Sie fahren dann mit nur zehn Zentimeter Abstand vorbei, was sie gar nicht dürfen“, sagt der 55-Jährige. Der Oldesloer nutzt diese Strecke an der B 75 deshalb nicht, fährt stattdessen immer über Steinfeld oder Kalkgraben nach Reinfeld. Das Problem: „Ortsfremde kennen diese Schleichwege nicht“, sagt Hinsch.

Zudem gebe es auch über Steinfeld und Bolande keinen Radweg. „Außerorts wird dort sehr schnell gefahren und dicht überholt“, sagt der ADFC-Vorsitzende. Deshalb plädiert er für Schutzstreifen auf der Strecke, sobald die Straßenverkehrsordnung diese außerorts zulasse.

Von der Einmündung Kalkgraben bis nach Bad Oldesloe gibt es dann zwar einen durchgängigen Radweg an der B 75, „viele Radfahrer klagen aber über den Räumdienst im Winter“, sagt Reiner Hinsch. „Der klappt so gut wie gar nicht.“

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Gewerbegebiet an der A 1:
2014 hat im Gewerbegebiet an der Autobahn 1 in Reinfeld ein großer Supermarkt eröffnet. „Er bietet gute Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, ist aber schlecht zu erreichen“, sagt Hinsch. Die Nordstormarnstraße Richtung Autobahn weist zwar noch einen benutzungspflichtigen Radweg auf, doch im Gewerbegebiet müssen Radfahrer auf die Fahrbahn ausweichen. Dort sind viele Firmen ansässig, auch Speditionen. Lastwagen fahren beinahe im Sekundentakt vorbei. „Hier fühlt man sich als Radfahrer auf der Fahrbahn bedrängt“, sagt Hinsch. „Deshalb wäre ein abgetrennter Schutzstreifen gut.“


Innenstadt:
Mit der Verkehrsführung in der Reinfelder Innenstadt ist der Experte zufrieden. Es gebe zwar keine Radwege, doch könnten Radfahrer überall sicher auf der Straße fahren, sagt Hinsch. „Autofahrer sind das gewohnt.“ Das zeigt auch unsere Rundtour. Anders als bei Tests in anderen Kommunen werden wir auf der Fahrbahn weder angehupt noch weggestikuliert. Laut Polizei gab es in Reinfeld im vergangenen Jahr elf Unfälle mit Radfahrern.


Bahnhof:
Der Reinfelder Bahnhof ist auch bei Pendlern aus dem Umland beliebt, weil hier die HVV-Tarifzone beginnt. Die Abstellmöglichkeiten für Fahrräder reichen aber bei Weitem nicht aus. Die vorhandene Anlage ist überfüllt, viele Räder sind an einem Zaun auf der gegenüberliegenden Straßenseite angeschlossen. Andere stehen frei herum. „Schade, dass die Stadt hier nichts macht“, sagt Hinsch. „Abstellanlagen wären eine wichtige Investition, damit noch mehr Menschen das Fahrrad nutzen und es auch sicher abstellen können.“ Zumal es rund um den Bahnhof genügend freie Flächen für Bügel und Ähnliches gäbe. Was der Experte am Bahnhof ebenfalls vermisst, ist eine Übersicht für Radfahrer über Routen in Reinfeld und Umgebung.


Herrenteich:
Wer von Heidekamp aus in die Reinfelder Innenstadt will, kann einen Weg oberhalb des Herrenteiches nutzen (Schuhwiese/Poggenkamp). Die schmale Straße durch die Natur eignet sich perfekt für Radfahrer. Das Problem: „Die Verbindung wird in Navis angezeigt, dadurch fahren leider immer mehr Autofahrer hier lang“, sagt Hinsch. Der Weg ist bereits für Fahrzeuge über fünf Tonnen gesperrt. „Es wäre schön, wenn er nur noch für Anlieger frei wäre“, sagt Hinsch.


Fazit:
Das Test-Team gibt Reinfeld eine Note drei. „In der Stadt wurde bisher wenig für Radfahrer getan, aber auch wenig falsch gemacht“, sagt Hinsch. „Bis auf den Bahnhof und die B 75: Da besteht dringend Handlungsbedarf.“

Die Bewertung

1.Was wurde im vergangenen Jahr für den Radverkehr in Reinfeld getan? Note: 6 - ungenügend

Sicherheit auf Radwegen, an Kreuzungen und die Qualität der Fahrbahn Note: 3 - befriedigend

Respekt für die Teilnehmer am Straßenverkehr Note: 3 - befriedigend

Gibt es Fahrradstraßen, Fahrradstreifen und Schutzstreifen? Note: 6 - ungenügend

Wie gut sind die Radwege beschildert? Note: 4 - ausreichend

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Das sagen Radfahrer

Ernst Peemöller (65) bemängelt den schlechten Zustand der Radwege
Ernst Peemöller (65) bemängelt den schlechten Zustand der Radwege © HA | Janina Dietrich

Ernst Peemöller legt pro Jahr einige tausend Kilometer mit dem Rad zurück. Von den Bedingungen in Reinfeld ist der 65-Jährige genervt. „Die Pflege der vorhandenen Radwege lässt zu wünschen übrig. Überall sind Wurzelaufbrüche und Ähnliches“, sagt er. „Fahrbahnen werden repariert, aber bei Radwegen passiert nichts.“ Der Heidekamper fährt deswegen zumindest innerorts immer auf der Fahrbahn und muss sich dort rechtfertigen. „Einige Autofahrer zeigen dann zum Gehweg.“

Brigitte Sternberg (65) ist mit den Bedingungen in Reinfeld zufrieden
Brigitte Sternberg (65) ist mit den Bedingungen in Reinfeld zufrieden © HA | Janina Dietrich

Brigitte Sternberg fährt zum Einkaufen mit dem Fahrrad. „Da bekomme ich immer einen Parkplatz“, sagt die 65-Jährige und lacht. Sie ist „komplett zufrieden“ mit den Wegen in und um Reinfeld. „Hier können Radfahrer wirklich schöne Touren machen“, sagt sie. Beim Kreisverkehr an der Bahnhofstraße habe sie allerdings schon öfter mal Unfälle beobachtet. „Als Radfahrer muss man für die Autofahrer mitdenken und lieber einmal mehr anhalten, um nicht angefahren zu werden.“

Harald Otto (55) sagt:
Harald Otto (55) sagt: "In Reinfeld hat leider der Autoverkehr Vorrang." © HA | Janina Dietrich

Harald Otto würde sich freuen, wenn sich die Kommunen in Stormarn beim Thema Radfahren Frankreich zum Vorbild nehmen würden. „Dort gibt es kilometerlange Wege nur für Radfahrer“, sagt der 55-Jährige. In Reinfeld dagegen gebe es gar keine Radwege. „Als Radfahrer muss ich auf die Fahrbahn. Ich habe das Gefühl, dass der Autoverkehr in der Stadt Vorrang hat.“ Am schlimmsten sei es auf der B 75, wo der Radweg am Ortsausgang plötzlich ende. „Das ist einfach nur unglaublich.“