Bad Oldesloe. Studentin Mona Stange reitet in den Semesterferien als Statistin durch die Arena in Segeberg. Wie man den Job bekommen kann.

Mona Stange bekommt ihr Leben auf vielen Ebenen gebacken. Nicht nur, dass die Oldesloerin unwiderstehliche Marzipantorten kreieren kann. Auch in ihrem zweiten Hobby, dem Reiten, erlebt die 24-Jährige mit den strahlend blauen Augen Einzigartiges: Sie ist eine der zwölf Reiterstatisten bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg. Schon zum vierten Mal in Folge jagt Mona Stange als Indianerin durch die Arena.

Hinter dem Indian Village liegen die Pferdeställe. Dort herrscht unter den überwiegend jungen Leuten schon mittags ein reges Treiben. Um 12 Uhr treffen sich die Darsteller zu den Vorbereitungen der Vorstellungen, die jeweils um 15 und 20 Uhr beginnen. Im Stall wird geputzt, gestriegelt, gesattelt, gesäumt. Rund 40 Pferde müssen für die Vorstellungen fertiggemacht werden. Ein Tier wird in die Waschbox geführt und einshampooniert. Einige andere Pferde stehen bereits draußen am Halfter angebunden.

Zu der Rolle ist sie eher zufällig gekommen

Im Alltag ist Mona Stange Lehramtsstudentin (Biologie und Englisch für Gymnasialstufe) in Kiel. Zu Hause ist sie in der Nähe von Bad Oldesloe, wo sie auch eine Reitbeteiligung hat. Zu der aufregenden Karl-May-Rolle sei sie eher zufällig gekommen. „Meine Schwester hatte mich auf eine Zeitungsanzeige aufmerksam gemacht, dass Reiterstatisten gesucht werden“, sagt sie. Erinnerungen an die Kindheit mit den Büchern über Winnetou und seine Schwester Nscho-tschi wurden wach. „Mein Vater ist bis heute Karl-May-Fan“, sagt Mona Stange. Bei der Generalprobe sitze er in der ersten Reihe und feuere sie „super aufgeregt“ an. Ebenso begeistert sei ihre zweijährige Nichte, die auch schon vom „Pferdevirus“ infiziert sei.

Die Festspiele

Im 17.000 Quadratmeter großen Freilichttheater am Kalkberg in Bad Segeberg sind in diesem Jahr zum 67. Mal die Karl-May-Spiele zu sehen. Bis heute haben schon mehr als 11,5 Millionen Menschen die rund 3500 Vorstellungen besucht.

Bis 2. September ist das Stück „Winnetou und das Geheimnis der Felsenburg“ noch zu sehen. 80 Mitwirkende zeigen mit 25 Pferden unter anderem spektakuläre Stunts und eine atemberaubende Pyrotechnik.

Die zweistündigen Vorstellungen beginnen donnerstags, freitags und sonnabends um 15 und 20 Uhr sowie sonntags nur um 15 Uhr. Karten kosten 13 bis 29,50 Euro. Sie können über die Tickethotline 01805/95 21 11 und im Internet unter www.karl-may-spiele.de reserviert werden.

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Mona Stange schlendert zu den Boxen. Die Pferde buhlen mit gespitzten Ohren um ein Leckerli. Alle, nur eines nicht. „Der Fuchs“ oder „Brauni“, wie der hellbraune Wallach genannt wird, legt seine Ohren flach zurück. Ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass ein Zweibeiner seine „Komfortzone“ stört. „Der ist heute schlecht gelaunt“, sagt Mona Stange lächelnd. „Der Fuchs“ ist nur bei einem lammfromm – und das ist Rainer Stave, der seit 30 Jahren einen eigenen Hof besitzt und der den Wallach als eines der drei Kutschpferde fest im Griff hat. Neben den Kutschpferden gibt es noch die sechs Stuntpferde, die von einem separaten Team betreut werden. Sie werden zum Beispiel für den Feuersprung eingesetzt, bei dem die speziell ausgebildeten Pferde ein Flammenmeer überqueren müssen. Sie werden auch für Filme eingesetzt.

Das Indianerpony ist die einzige Stute unter den 50 Pferden

Stolz präsentiert Mona Stange ihre Kara, die gerade fein gemacht wird. Gestriegelt, gebürstet und gestreichelt scheint die „verschmuste und unkomplizierte“ Pferdedame zu demonstrieren, dass die Einschätzung „sanft wie ein Lamm“ durchaus zutreffend ist. Das Indianerpony Kara ist die einzige Stute unter den 50 tierischen Statisten. Nur eine Sache mag sie überhaupt nicht leiden: Wenn jemand zu dicht an ihr Hinterteil kommt.

„Für mich ist ein großer Traum in Erfüllung gegangen“, sagt Mona Stange über ihre Premiere bei den Karl-May-Festspielen. Jedes Jahr bewerben sich vor allem junge Frauen als Reiterstatisten, darunter viele 17- bis 18-Jährige. Es sei „voll das Mädchending“.

Casting auf dem Rücken der Pferde

Die Anforderungen sind allerdings hoch. „Man muss schon fest im Sattel sitzen, denn bei uns gibt es Explosionen und wilde Schießereien“, sagt Geschäftsführerin Ute Thienel. Die Aspiranten werden nach einem telefonischen Vorstellungsgespräch von Prokuristin Hanna Schattner zur Vorauswahl eingeladen, wo sie ihr reiterliches Können bei Reitstallchefin Silvia Kassel beweisen können. Bei diesem Casting sind 20 bis 25 Reiter in einer Gruppe. Wie gut sitzen die Kandidaten im Sattel? Haben sie genügend Körperspannung? Dass die Reitstatisten keine Angst haben sollten ist ebenso selbstverständlich wie die nötige Flexibilität, sich auch auf fremde Pferde einstellen zu können.

Wer den Test schafft und angenommen wird, braucht anschließend sehr viel Zeit. Ende Mai haben die vierwöchigen Proben begonnen, jeden Nachmittag. Danach wird an vier Tagen die Woche gespielt, von 14 bis circa 23 Uhr – ein langer Arbeitstag.

Geld spiele keine so große Rolle

Für Mona Stange ist der Aufwand aber lohnenswert. „Super geflasht“ habe es bei ihr, als sie 2015 ihren „Jungfernritt“ antrat. Vor allem das Miteinander des Teams imponiert ihr noch immer. Die Atmosphäre inmitten von rauchenden Colts, galoppierenden Pferden und Rothäuten, Explosionen und packenden Zweikämpfen sei sehr familiär. Die Gage, einmalig um die 4000 Euro, spiele dagegen keine so große Rolle.

Auch die Pferde müssen sich erst an den ständigen Trubel gewöhnen. „Na klar hat Kara anfangs gezuckt“, sagt Mona Stange. „Aber auch Pferde sind Gewohnheitstiere, sodass es bald in Fleisch und Blut überging.“ Bei den Angriffsritten sei es nicht leicht, sein Ross im Zaun zu halten. Besonders, wenn man selbst schießen muss. „In der einen Hand die Zügel, in der anderen Hand die Waffe, da muss man sein Pferd schon richtig kräftig treiben.“

Wird sie auch im nächsten jahr wieder dabei sein?

Wenn die Vorstellung um 15 Uhr beginnt, reiten die Statisten um 14 Uhr mit den gesattelten Pferden zur Hinterbühne und halten sich bereit. „Natürlich verspürt man Lampenfieber, wenn die letzte Fanfare ertönt“, sagt Mona Stange. Die Aufregung des Publikums übertrage sich. Mit dem Beifall am Ende weiche die Anspannung. „Ein schönes Gefühl, wenn man so bejubelt wird“, sagt die Stormarnerin mit einem Lächeln. Das Besondere sei, dass rund um den Kalkberg alle miteinander Spaß am Job hätten. „Gleichgesinnte, alle vom Karl-May-Virus infiziert“, sagt Mona Stange.

Wird sie auch im nächsten Jahr wieder mit dabei sein? „Mal sehen, das kommt auf meine Termine beim Studium an.“ Dieses Jahr mache sie den Master, mit vielen Tests während des Semesters. „Das wird vielleicht ein bisschen anstrengend. Damit es keine Engpässe gibt, muss man das halt clever vorbereiten.“

Und sicherlich bekommt die ehrgeizige Studentin auch das gebacken. Denn sie zieht ihre Energie aus dem alten Slogan: „Karl May ist, wo die Herzen wilder schlagen.“