Ahrensburg. Rund 18.000 Rennradfahrer werden bei ihrer Tour durch den Kreis bejubelt. 14 Teilnehmer müssen nach Stürzen ins Krankenhaus.
„Ziiiiiiiieh!“, brüllt eine Zuschauerin den Radfahrern entgegen, die sich – teils heftig schnaufend – die Brückenstraße in Ahrensburg hinaufstrampeln. „Die Verpflegungsstation kommt gleich. Nicht aufgeben!“, ruft ein anderer. Hunderte Ahrensburger haben sich am Sonntag entlang der Hamburger Straße und der Brückenstraße versammelt, um die Teilnehmer der Cyclassics lautstark anzufeuern.
Rund 18.000 Sportler fahren bei Europas größtem Radrennen erstmals eine Schleife durch Stormarn – und werden dort begeistert empfangen. „Endlich ist in Ahrensburg mal etwas los“, sagt Madeleine Schuldt. Die 40-Jährige wohnt direkt an der Rennstrecke und sorgt mit einer Musikbox für gute Stimmung. „Wenn die Leute am Rand Krach veranstalten, macht das Rennradfahren am meisten Spaß“, sagt Hartmut Wiegand. Der Ammersbeker hat deshalb aus seinem Keller das lauteste „Instrument“ mitgebracht, das er finden konnte: eine Kuhglocke. Fast ununterbrochen läutet er sie während der 90 Minuten, in denen die Jedermänner am Sonntagvormittag durch Ahrensburg fahren. „So etwas motiviert“, sagt er. Der 76-Jährige weiß, wovon er spricht, ist selbst zwölf Mal bei den Cyclassics mitgefahren.
„Conni Go!!!“: Großhansdorferin wird zweite in ihrer Klasse
Auf der Brücke über den Bahngleisen hält Otto Stegmüller einen weißen Pappkarton in die Luft. „Conni Go!!!“ ist dort in roter Schrift zu lesen. Gemeint ist die Großhansdorferin Cornelia Cappus, die vor zwei Jahren bei den Cyclassics die Altersklasse der über 60-Jährigen gewonnen hat. „Wir sind die Strecke zusammen abgefahren“, sagt der Ahrensburger, der mehrere Monate im Jahr als Rennrad-Guide auf Mallorca arbeitet. „Sie trainiert oft bei uns“, sagt er. Genauso wie etwa 20 bis 30 andere Teilnehmer. Immer wieder sind „Otto“-Rufe von vorbeifahrenden Jedermännern zu hören. „Man kennt mich“, sagt Stegmüller und schmunzelt.
Dann bricht bei ihm riesiger Jubel aus. „Da ist sie! Conni! Super!“, brüllt er. Die Rennradfahrerin winkt, bevor sie Richtung Großhansdorf verschwindet. Für Stegmüller geht es mit der Bahn nach Hamburg, um die Zieleinfahrt von Cappus mitzuerleben. „Wenn sie durchzieht, ist sie wieder vorn dabei.“ Und er soll Recht behalten: Nach drei Stunden und neun Minuten hat die Großhansdorferin die 100 Kilometer geschafft, wird Zweite in ihrer Altersklasse.
Kaffeekränzchen an der Strecke in Glinde
Begeistert verfolgt auch Familie Austen das Rennen. „Mein Mann ist selbst sportlich aktiv, startet bei Marathons und Triathlons“, sagt Malla Austen. „Deswegen unterstützen wir auch andere Sportler gern.“ Die 40-Jährige ist enttäuscht, dass die Stadt Ahrensburg die Veranstaltung nicht in irgendeiner Form begleitet. „Der Lidl-Parkplatz an der Brückenstraße würde sich für ein öffentliches Event mit Musik anbieten“, sagt sie. „Hoffentlich wird mehr gemacht, wenn es künftig mit den Cyclassics in Stormarn weitergehen sollte.“
Marion Rehder, Reinhard Middelschulte, Ute Hoffmann und Norbert Dubberstein hoffen auf eine Wiederholung. Die Reinbeker sind zum Zugucken nach Glinde gekommen, haben Kekse und Kuchen dabei. Sie sind bei Weitem nicht die einzigen. Mehrere Hundert Zuschauer verfolgen das Rennen im Süden Stormarns, viele sorgen mit Rasseln und Tröten für Stimmung.
Zahlreiche Stürze bei der Jedermann-Veranstaltung
Begeisterung herrscht auch an den ländlichen Streckenabschnitten. Rund um Hamfelde an der Kreisgrenze zum Herzogtum Lauenburg haben sich Dutzende Sportbegeisterte an den Straßen versammelt, darunter auch Sigrid Glunz (59) und ihre Tochter Inken (23). Sie sind selbst mit dem Fahrrad aus Basthorst angereist. „Ich finde es toll, dass so eine Veranstaltung durch unsere Region führt“, sagt Sigrid Glunz. Auch Jule Lippitsch freut sich darüber. Die 18-Jährige hat sich einen Campingstuhl mitgebracht, jubelt in Mühlenrade den Radfahrern zu. 14 Jungen und Mädchen der Jugendfeuerwehr Hamfelde/Köthel sind dort schon seit 7 Uhr morgens auf den Beinen, verteilen beim Verpflegungsstand in dem kleinen Ort Obst, Müsliriegel und Getränke an die Radfahrer. Ihre erwachsenen Kollegen sperren unterdessen die Strecke ab.
Während das Rennen der Profis in Stormarn ohne Zwischenfälle abläuft, gibt es bei der Jedermann-Veranstaltung laut Polizei zahlreiche Stürze. Auf Schleswig-Holsteiner Gebiet müssen demnach 15 Teilnehmer mit Rettungswagen in umliegende Krankenhäuser gebracht werden. In Ahrensburg wird der Anstieg in der Brückenstraße einigen Jedermännern zum Verhängnis. Bei mehreren Rennrädern gehen die Ketten kaputt, die Fahrer müssen sichtlich enttäuscht aufgeben. Ein Mann und eine Frau kollidieren in der engen Kurve Hamburger Straße/Brückenstraße. Auch hier bleibt es bei einem Schaden am Rad. Die Ausgeschiedenen müssen auf den Besenwagen warten – er sammelt sie noch vor dem Profi-Rennen ein.