Warum lieben Stormarner ihre Heimat? Das erfahren Sie in der Serie „Liebeserklärung an...“ Heute: Die Gemeinde Wesenberg.
Sie sind hier geboren und fest verwurzelt. Oder sie sind voller Überzeugung nach Stormarn gezogen, weil es ihnen hier so gut gefällt. Aber was genau ist es, das ihre Städte und Gemeinden so lebens- und liebenswert macht? Imke Kuhlmann hat Wesenberger gefragt.
„Der Hof ist seit dem Jahr 1730 in Familienbesitz“
Herbert Erdmann ist ein sogenanntes Urgestein der Gemeinde. Der Hof, auf dem er mit seiner Frau Elisabeth lebt, ist seit mehr als 280 Jahren in Familienbesitz. 1960 hat er den Betrieb als Landwirt übernommen und bewirtschaftet. Noch heute kümmert sich der 85-Jährige um zwei Ponys, 40 Hühner, zwei Gänse, zwei Schafe und zwei Lämmer. Die Weiden hat er inzwischen verpachtet oder verkauft. Seine vier Kinder sind beruflich anders orientiert. „Langeweile habe ich nie“, sagt der Rentner. Darüber hinaus hatte er sich 42 Jahre in der Gemeindevertretung verdient gemacht. „Zwölf Jahre lang war ich auch stellvertretender Bürgermeister und 18 Jahre Wehrführer“, berichtet der Landwirt. Den Ort zu verlassen, käme für ihn nie in Frage. „Die Lage ist einfach großartig“, sagt er. Inzwischen sind nur noch vier Bauern in der Gemeinde aktiv. „Die meisten Menschen, die hier leben, arbeiten in Lübeck oder Hamburg“, sagt er.
„Das Vogelschießen ist ein großes Kinderfest“
2006 hat Timo Bley mit seiner Familie in Stubbendorf gebaut. „Wir haben vieles in Eigenleistung erbracht, was nicht immer einfach war, weil ich in Hamburg arbeite.“ Aus Lübeck ist er mit seiner Frau Yvonne und dem Sohn Fin-Luca (13) in die Gemeinde gezogen. Tochter Emely (8, Foto) wurde hier geboren. „Unser Wunsch war, dass die Kinder frei aufwachsen, mit einem Garten vor der Tür.“ Kindergarten, Schule, Ärzte – alles sollte gut erreichbar sein. Die Stubbendorfer profitieren von der Nähe zur Stadt Reinfeld von deren Infrastruktur. „Wir haben uns das Grundstück genau angesehen. Wir sind öfter hergefahren und haben gehorcht, wie laut die Autobahn ist – aber es störte uns nicht.“ Das Haus steht in einem Neubaugebiet. „Wir haben schnell Anschluss gefunden“, sagt Bley. Den Spielplatz haben die Bewohner des Neubaugebietes kurzerhand selber gebaut. Einmal im Jahr organisiert der Vorsitzende des Vogelschießvereins mit seinem Team das große Kinderfest. Sohn Fin-Luca und Tochter Emely durften beide schon als Königskinder auf dem geschmückten Trecker durchs Dorf fahren. Die Achtjährige kann sich gar nicht vorstellen, woanders zu leben. Sie sagt: „Hier wohnen alle meine Freunde.“
„Hier leben entspannte Menschen“
Ariane Denker lebt seit 1979 in der Gemeinde Wesenberg. Zusammen mit ihrem Mann Christian betreibt sie einen Reitbetrieb mit Pensionspferdehaltung, Landwirtschaft und Pferdezucht. „Mein Schwiegervater hatte auf dem Gelände ein Bauunternehmen. Seine Leidenschaft galt den Pferden“. Aus dem Bauunternehmen wurde ein Reitbetrieb mit Landwirtschaft. Zu der Liebe zu den Pferden kam die Liebe des Lebens. „Es ist wunderbar, hier zu leben. Wir haben das dörfliche Leben und die gute Anbindung an die B 75 und die Autobahn“, sagt die Mutter von vier erwachsenen Kindern. „Lübeck, Bad Oldesloe, die Ostsee – alles ist schnell erreichbar.“ Nur Einkaufsmöglichkeiten vermisst die 54-Jährige. „Es ist schade, dass sich die kleinen Geschäfte des täglichen Bedarfs in unserer Gemeinde nicht halten.“ Das gemeinschaftliche Leben findet bei Veranstaltungen der Feuerwehren statt. „Allerdings finde ich es ziemlich kostspielig, dass wir drei Wehren haben“, sagt die Gemeindevertreterin.
Das ist Wesenberg
„Fliegenfelde sollte nur eine Zwischenstation sein“
1980 zog Karin Dettke mit ihrem Mann Rolf nach Fliegenfelde. „Wir waren noch nicht verheiratet. Als junges Paar suchten wir ein Haus und landeten in Fliegenfelde. Mit Kindern wollten wir wieder weg sein.“ So war der Plan. Die Realität wurde anders. Seit 38 Jahren wohnt die gelernte Bankkaufrau nun schon in der Gemeinde, seit 2003 ist sie die Bürgermeisterin. „Nach der Geburt unserer zweiten Tochter wollte ich nicht mehr arbeiten, aber etwas tun.“ Daraus wurde das Ehrenamt. „Eines habe ich gelernt: Auf dem Dorf ist manches anders.“ Vieles funktioniere einfach auf Zuruf. „Ich fühle mich hier pudelwohl“, sagt sie. „Wir haben gute Fuß- und Radwege und eine gute Anbindung an die Autobahn.“ Dennoch weiß die 64-Jährige, deren Mann kürzlich gestorben ist, dass es im Alter nicht einfacher wird. „Ich mache mir Gedanken, wie es wird, wenn ich nicht mehr Auto fahren kann. Wir haben keinen öffentlichen Nahverkehr, das ist für ältere Menschen schwierig. In der Gemeindevertretung ist das ein Thema, denn wir müssen uns um junge und alte Bürger gleichermaßen kümmern.“
„Der Postbote erzählt, was im Dorf los ist“
Mark Brüß ist in Stubbendorf groß geworden und lebt nun ein Dorf weiter in Ratzbek. Beide gehören zur Gemeinde Wesenberg. Seine Frau Maike Kunert-Brüß ist erst im Jahr 2000 in den Ort gezogen, der Liebe wegen. Das Ehepaar ist hier selbstständig. Er mit einem Zimmereibetrieb, sie mit einer Polsterei. „Durch die beiden Betriebe, die im selben Haus sind, ist bei uns immer etwas los“, so der 48-jährige Zimmermeister. „Die Kunden kommen aus Hamburg oder Lübeck, meist mit besonderen Möbelstücken“, sagt die Raumausstatterin. Für die beiden ist es selbstverständlich, ab und an die Pakete der Nachbarn anzunehmen. „In der Gemeinde sind die Menschen füreinander da und achten aufeinander“, erzählt Mark Brüß. Der Handwerker ist seit seiner Kindheit Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. „Dadurch sind wir in der Dorfgemeinschaft gut integriert“, unterstreicht er. Ein kleines Lebensmittelgeschäft in der Nähe würden sie sich wünschen. „Aber es muss sich rentieren“, wissen beide. „Ich laufe mit dem Hund oft einfach durch den Wald zum Bauern und kaufe dort ein“, so Maike Kunert-Brüß.
„Felder und Wiesen gleich hinter dem Haus“
„Vor 23 Jahren sind wir aus Stockelsdorf nach Fliegenfelde gezogen“, sagt Hartmut Voigt. Der Schornsteinfegermeister lebt mit seiner Frau Sabrina und den beiden Söhnen Denny (20) und Timon (16) in der Gemeinde. Die Preise der Bauplätze und die Lage des Grundstücks gaben den Anstoß, Stockelsdorf zu verlassen. „Wir wollten immer von unserem Haus auf Felder und Wiesen blicken“, sagt er. Wenn er nicht im Büro sitzt, fährt er in seinen Bezirk nach Bad Oldesloe. „Die Lage ist ideal. Wir sind in fünf Minuten auf der Autobahn.“ Zum Einkaufen fährt die Familie nach Reinfeld oder Lübeck. „Als Familie brauchen wir allerdings zwei Autos. Vor allem als die Kinder klein waren, haben wir sie viel gefahren, denn einen Bus gibt es nicht. Heute hat der Große seinen Führerschein und Timon nimmt das Fahrrad.“ Bereut hat die Familie die Wahl des Lebensmittelpunktes nie. „Wir haben hier unsere Ruhe und genau das mögen wir“, sagt Hartmut Voigt.
„Ich wollte immer schon ländlich leben“
Seit zwölf Jahren lebt Daniel Pals mit seiner Familie in Groß Wesenberg. Zusammen mit Eltern und Geschwistern wohnt die Großfamilie auf dem ehemaligen Hof. „Meine Frau hat ihren Wohnort nie verlassen, sie ist hier aufgewachsen und nun leben wir mit unseren drei Kindern unter demselben Dach.“ Allerdings vermisst der Familienvater einen guten Nahverkehr. „Außer dem Schulbus fährt in der Gemeinde Wesenberg nichts.“ Doch das Leben im Grünen und die Nähe zu Reinfeld entschädigen ihn dafür. Der hauptberufliche Feuerwehrmann ist zugleich ehrenamtlicher Gemeindewehrführer der drei Wehren in der Gemeinde. „Die Gemeinde ist geografisch sehr groß. Das ist die Grundlage für die drei Standorte“, erklärt er. Seine Frau hat der 39-Jährige auch bei der Feuerwehr kennengelernt. Und seine älteste Tochter Leonie Marie hat gerade den Sprung in die Jugendfeuerwehr gemacht. „Ich finde es bei der Feuerwehr gut. Wir lernen viel und machen tolle Ausflüge“, sagt die 10-Jährige.