Glinde. Die Kinder waren auf einem kirchlichen Treffen in Glinde. Zeugen zogen sie aus dem Wasser und versuchten, sie zu reanimieren.
Dramatische Szenen am späten Freitagvormittag im Kreis Stormarn: Zwei fünf und sechs Jahre alte Jungen sind unweit der Sportanlagen des TSV Glinde in ein Regenrückhaltebecken gefallen und untergegangen. Die leblosen Kinder wurden reanimiert und in ein Krankenhaus gebracht, starben jedoch am späten Nachmittag.
Zuvor waren die Jungen mit ihren Familien zu Besuch auf der Veranstaltung einer christlich-afrikanischen Glaubensgemeinschaft in der „Gala Events Hall“. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei gaben die Kinder am Freitagmorgen zunächst vor, auf die Toilette zu müssen. Dann schlichen sie sich unbemerkt davon.
Ob die Jungen absichtlich in das Rückhaltebecken sprangen oder versehentlich hineinrutschten, ist noch nicht geklärt. Sie konnten sich an der steilen, mit Folie ausgekleideten Böschung jedoch nicht selbst befreien und gingen unter. Normalerweise ist das Wasser in der Mitte des Beckens etwa zwei Meter tief. Als die Kinder nicht wieder zurückkehrten, begannen Teilnehmer sowie Hotelmitarbeiter bei der Veranstaltung, nach ihnen zu suchen. In dem nahe gelegenen Becken machten sie die grausige Entdeckung. „Mein Kind ist im Wasser!“, soll eine weinende Frau gerufen haben. Die Jungen trieben offenbar bereits seit 30 Minuten in dem Becken.
Gegen 11.35 Uhr ging ein Notruf bei der Rettungsleitstelle ein. Als die ersten alarmierten Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Glinde und der Polizei eintrafen, waren bereits drei Männer zur Rettung der Jungen ins algengrüne Wasser des Regenrückhaltebeckens gesprungen. Eines der bewusstlosen Kinder hatten sie schon an Land gezogen, es wurde auf einem Parkplatz von anderen Ersthelfern reanimiert. Den zweiten Jungen bargen die Männer kurze Zeit später ebenfalls aus dem Wasser – auch er war leblos.
Kinder wurden auf einem Parkplatz reanimiert
Die Augenzeugin Akua Gyabi wollte die Veranstaltung besuchen, kam gerade mit dem Taxi an, als ihre Schwestern die medizinische Fachangestellte um Hilfe baten. „Einer der Jungen lag da bereits auf dem Parkplatz. Dort habe ich versucht, ihn zu reanimieren“, sagt sie. Die Rettungskräfte seien zum Glück bereits etwa drei Minuten später da gewesen. „Wir haben dann die Reanimation übernommen, bis der Rettungsdienst eintraf“, sagt ein Feuerwehrsprecher.
Anfangs befürchteten die Retter weitere Opfer. „Es war völlig unklar, ob da noch weitere Kinder im Wasser waren“, sagt der Feuerwehrsprecher. Die Einsatzkräfte forderten deswegen die Taucher der Berufsfeuerwehr Hamburg aus Billstedt und einen Rettungshubschrauber an. Die Glinder Kameraden bereiteten sich zudem auf das Auspumpen des Beckens vor. Nach Zeugenbefragungen wurde dann aber ausgeschlossen, dass weitere Kinder in das Becken gefallen sind.
Polizei hat Ermittlungen aufgenommen
Der organisatorische Leiter des Rettungsdienstes, Ralf Timmermann, sagt vor Ort: „Die Kinder wurden reanimiert und in die Kinderklinik des Universitätsklinikums Eppendorf gebracht.“ Die Veranstaltung mit 200 Besuchern, die die Jungen mit ihren Familien besuchten, hatte erst am Freitagmorgen begonnen.
Viele der Teilnehmer reisten gerade erst an, wurden von Dutzenden Rettungsfahrzeugen an der Straße Am Sportplatz und auf dem Gelände der Veranstaltungshalle überrascht. Einige liefen aufgewühlt zwischen Veranstaltungshalle und Rettungswagen hin und her. Zwei Frauen erlitten einen Schock. Nach Angaben des Feuerwehrsprechers waren es vermutlich die Mütter der beiden Kinder. Die Rettungswagen, in denen die Mütter behandelt wurden, standen noch lange auf dem Gelände, bevor auch die Frauen ins Krankenhaus gebracht wurden.
Ob das Tor, das das umzäunte Becken von dem Parkplatz der Veranstaltungshalle abtrennt, geschlossen war, die Kinder über den Zaun kletterten oder ein anderes Schlupfloch gefunden hatten, dazu konnten die Einsatzkräfte am Freitagnachmittag noch keine Angaben machen. Sezer Atilanok, der die Halle nach eigenen Angaben für Veranstaltungen vermietet, aber nicht selbst Eigentümer ist, sagte dem Abendblatt: „Es ist alles umzäunt.“ Zum Zeitpunkt des Unglücks sei er jedoch nicht vor Ort gewesen, sondern von Mitarbeitern eines nahe gelegenen Hotels angerufen worden. Die Polizei in Reinbek hat die Ermittlungen aufgenommen.
Veranstaltung wird vorerst fortgesetzt
Am Nachmittag kamen die teils fassungslos wirkenden Teilnehmer wieder zusammen. „Sie wollen für die Kinder beten“, sagt Ersthelferin Gabi. Rettungsdienst-Mann Timmermann: „Es bleibt ein Team zur psychosozialen Unterstützung für die Teilnehmer vor Ort.“ Auch die Rettungskräfte werden nach dem schweren Einsatz psychologisch betreut, die Glinder Feuerwehrleuten treffen sich zudem zur gemeinsamen Nachbesprechung, um das Erlebte aufzuarbeiten. Nach Angaben von Vermieter Atilanok vom Freitagnachmittag wird die Veranstaltung trotz der dramatischen Ereignisse vorerst fortgesetzt.