Tangstedt. Deutsches WM-Aus trifft auch die Stiftung des HSV-Idols. Ehemalige Clubgrößen zeigen sich in Tangstedt fassungslos.
In der Halbzeitpause tankten die unermüdlichen Fans noch einmal Mut. Thomas Strobl, Antje Gerbes, Jennifer Jebens und Björn Jepsen, die alle in Hamburg wohnen, waren extra zum Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Südkorea in die Alte Rader Schule nach Tangstedt gekommen. Und auch wenn es nur eine Nachbildung war – die vier hatten ihre Hand wenigstens am WM-Pokal. Im Gegensatz also zu Joachim Löw und seinen schlappen Spielern.
Denn was da aus dem russischen Kasan live auf der LED-Leinwand flimmerte, sorgte in Tangstedt (Stormarn) natürlich für riesige Enttäuschung. Mit Beginn des weltweit wichtigsten Sportereignisses hatte sich der Biergarten des am Waldrand gelegenen Restaurants in ein schmuckes WM-Studio verwandelt.
Organisator Sebastian Conrad und Folke Kaempfe, Geschäftsführerin der Alten Rader Schule, hatten sich viel überlegt, diverse Fußball-Prominente waren schon bei den ersten zwei Partien der DFB-Elf dabei gewesen. Die Einnahmen der verkauften Sitzplatzkarten und einer Tombola gingen an die Uwe-Seeler-Stiftung. Ehrensache also, das nun auch der Namensgeber, „Uns Uwe“ höchstpersönlich, in Tangstedt vorbeischaute.
Uwe Seeler & Co. reden Klartext
Die 81 Jahre alte HSV-Legende, zudem Ehrenspielführer der Nationalmannschaft, war in guter Gesellschaft. Seinen Kumpel Eddy Münch von Eintracht Norderstedt hatte er mitgebracht. Max Lorenz, früher mit Werder Bremen deutscher Meister und 19-facher Nationalspieler, saß neben ihm, dazu mit Charly Dörfel, Horst Schnoor und Klaus Neisner weitere Altmeister des Hamburger SV – und auch Dieter Matz, langjähriger Fußball-Reporter des Abendblatts.
Sie alle trauten ihren Augen nicht. Und sprachen Klartext. „Da fehlte so viel. So kann man auch nicht gegen Südkorea gewinnen. Da gab es Fehlpässe, Rückpässe – und alles andere war auch nicht erfolgreich“, sagte Uwe Seeler. Vom Teamgeist, der zu seinen Zeiten selbstverständlich war, ganz zu schweigen. „Die Mannschaft ist verängstigt.“ Dabei wäre es doch so einfach gewesen: „Wenn man nicht weiter weiß – hau den Ball doch rein.“ Dafür gab es Applaus von den Fans.
Charly Dörfel lag mit Prognose richtig
Seine Nebenleute ließen ebenso kein gutes Haar an dem Gebotenen. „Wieder einmal nicht gut, das ist nicht doll“, meinte Max Lorenz. Eddy Münch befand: „Wenn unsere Eintracht so spielen würde, dann würde niemand zu uns ins Stadion kommen.“ Und Charly Dörfel hatte es irgendwie geahnt und gewarnt: „Das ist noch nicht gewonnen.“
Da lag er letztlich goldrichtig. Aber schwamm drüber, fanden viele Gäste, trösteten sich an der Bar, am Grill und am Büfett. Sebastian Conrad war geknickt, eigentlich hatte er auf weitere Übertragungen gesetzt, auch schon Zusagen weiterer bekannter Fußballer erhalten – und die Spendensumme für die Uwe-Seeler-Stiftung wäre höher gewesen. „Wir hätten gern weitergemacht. Alles stand schon in den Startlöchern.“