Ahrensburg/Glinde. Seit Wochen wird der Abfall im Kreis nur mit teils erheblicher Verzögerung abgeholt. Wie geht es jetzt weiter? Wohin mit dem Müll?

und Johanna Helbing

Roland Jahnke steht genervt vor seiner Biotonne. Zum wiederholten Male lässt er seinen Blick die Straße hinunterschweifen. Seit Freitag wartet der Glinder darauf, dass sein Müll abgeholt wird – bisher vergeblich. Gartenabfälle quellen bereits oben aus dem Behälter heraus. Der 67-Jährige ist verärgert, sagt: „Bei der Wärme draußen fängt der Müll doch bald an zu stinken.“ Zudem würde er gern weiter im Garten arbeiten. „Aber wohin mit dem Grünschnitt?“ So wie Roland Jahnke warten zurzeit viele Stormarner auf die Müllabfuhr. An den Straßen der Städte und Gemeinden stehen etliche volle Tonnen. Die Kunden der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) sind über die Situation empört. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Müll-Chaos:

1. Wie viele Tage ist die Müllabfuhr
in Stormarn zurzeit im Verzug?

Bianca Frömming aus Großhansdorf ärgert sich über die volle Restmülltonne 
Bianca Frömming aus Großhansdorf ärgert sich über die volle Restmülltonne  © HA | Johanna Helbing

Nach Angaben der AWSH werden die Restmüll- und Biotonnen mit bis zu zwei Tagen Verspätung geleert. Wenn ein Wochenende dazwischen liegt, sind es bis zu vier Tage. Noch längere Wartezeiten gebe es nur, wenn bei einer verspäteten Abfuhr „eventuell eine Stichstraße vergessen wurde“, sagt Marina Schmitt, Teamleiterin des AWSH-Kundenservices. „Diese wird dann selbstverständlich nachgefahren.“ So sollten die Biotonnen am Mittelweg in Ahrensburg zum Beispiel am 30. Mai geleert werden, laut Störungsmelder der AWSH wird der Müll aber erst am heutigen Mittwoch abgeholt – also eine Woche später. Die Abfallwirtschaft bittet Kunden, deren Behälter nicht geleert wurden, sie an der Straße stehen zu lassen.

2. Gibt es innerhalb des Kreises
Unterschiede bei der Problematik?
Nein. Laut AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke sind alle gleichermaßen betroffen.

3. Welche Gründe gibt es für die
Verzögerungen bei der Müllabfuhr?

Schuld daran ist laut Abfallwirtschaft ein Personalengpass bei der Grabau Entsorgungs GmbH (GEG). Der Firma aus Geesthacht fehlen demnach wegen des allgemeinen Fachkräftemangels Fahrer für ihre Müllwagen. Viele Krankheitsausfälle im Mai hätten die angespannte Personalsituation noch verschlimmert, heißt es. Das Unternehmen ist seit dreieinhalb Jahren für die Leerung der Bio- und Restmülltonnen in den Kreisen Stormarn und im Herzogtum Lauenburg zuständig. Die Gelben Säcke sind von den Problemen nicht betroffen. Sie werden von einer anderen Firma entsorgt.


4. Wie lange dauert es noch, bis sich die Situation wieder normalisiert?
Das ist unklar. „Ich kann keine sichere Prognose abgeben“, sagt AWSH-Geschäftsführer Dennis Kissel. Die Gesellschaft und der Kreis weisen in einer gemeinsamen Mitteilung darauf hin, dass es in den kommenden Wochen weiterhin zu Verzögerungen bei der Müllabfuhr kommen wird. „Wir bedauern das sehr“, sagt Landrat Henning Görtz. Es müssten zwei Probleme gelöst werden: „Wir bekommen wir es hin, dass die Logistik dauerhaft funktioniert? Und wie schaffen wir es, den Rückstand aufzuholen?“ Letzteres sei nicht so einfach. Schmitt: „Wir versuchen alles, ihn im Laufe des Juni abzuarbeiten.“

5. Was wollen die Verantwortlichen machen, um das Chaos zu beenden?
„Wir schauen, wie wir der Grabau Entsorgungs GmbH helfen können, damit sie erfolgreicher bei der Mitarbeitersuche ist“, sagt Stötefalke. Bei einem Aufsichtsratstreffen am Dienstag seien dafür Maßnahmen abgestimmt worden, so Kissel. „Diese werde ich nun mit dem Subunternehmen besprechen.“ Details wollte er nicht nennen. Die AWSH habe bereits eigenes Personal im Einsatz, um die Müllabfuhr zu unterstützen.

6. Was kann ich unternehmen, wenn meine Mülltonne schon überquillt?

Die AWSH empfiehlt, den Müll in Säcken zu sammeln und dann später in die geleerten Tonnen zu werfen. Wer große Engpässe habe, könne seinen Müll auch bei den örtlichen Recyclinghöfen abgegeben, sagt Stötefalke. „Das ist in diesem Fall kostenlos.“


7. Wo kann ich mich über die aktuelle Lage bei der Müllabfuhr informieren? Auf der Internetseite der AWSH unter www.awsh.de/stoerungsmeldungen können Kunden nachschauen, welche Verzögerungen es in ihrer Stadt oder Gemeinde gibt. Die Abfallwirtschaft informiert über ihre App und am Kundentelefon unter 0800/297 40 01.

8. Kann der Kreis als Gesellschafter
zur Verbesserung der Lage beitragen?

Die Abfallentsorgung liegt normalerweise im Zuständigkeitsbereich einer Kreisverwaltung. Stormarn hat sich aber vor Jahren dazu entschlossen, die Aufgabe der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) zu übertragen. „Wir haben weiterhin eine Aufsichtsfunktion“, sagt Anja Kühl, Leiterin des zuständigen Fachbereichs Ordnung. Denn Mehrheitsgesellschafter sind die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg. „Wir sind in ständigem Kontakt mit der AWSH und tun alles, um Lösungen zu finden“, sagt Landrat Hennig Görtz. Dazu gab es auch die Aufsichtsratssitzung am Dienstagnachmittag, bei der AWSH-Geschäftsführer Dennis Kissel noch einmal zu den Gründen für die Verzögerungen Stellung nehmen musste. Viele Bürger aus dem gesamten Kreisgebiet hätten sich in den vergangenen Tagen bereits wegen des Müllproblems bei ihr beschwert, sagt Kühl. Bisher habe die Verwaltung nur an die AWSH appelliert, ihre Aufgaben vertragsgemäß zu erfüllen. „Weitere Maßnahmen sind schwierig, denn wir können die Abfuhr ja nicht selbst machen“, sagt Kühl. „Dafür haben wir keine Mitarbeiter.“

9. Kann sich die Situation für die AWSH-Kunden noch verschlimmern?
„Sollten Mitarbeiter zusätzlich wegen Krankheit ausfallen, ist dies möglich“, sagt Marina Schmitt.

10. Kann ich für nicht erbrachte
Leistungen Geld zurückfordern?
„Nur weil der Müll ein oder zwei Tage nicht abgeholt wurde, kann ich kein Geld zurückfordern“, sagt Anja Kühl. Betroffene müssten sich bei der Frage an die AWSH wenden. Diese hält sich beim Thema Rückzahlungen bedeckt. Kissel: „Laut Gesetz haben wir ein Recht auf Nachbesserungen.“