Hammoor. Über drei Jahrzehnte wurde geplant und gestritten. Jetzt präsentiert das Land eine Vorzugstrasse für das 1300-Seelen-Dorf. Nur welche?

Am heutigen Mittwoch um 19 Uhr hat das Warten ein Ende: Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) stellt die aus seiner Sicht beste Umgehungsstraße für Hammoor vor. Ursprünglich sollte die Prüfung der vier Varianten, die in die engere Wahl gekommen waren, Ende 2017 beendet sein. Schon 1986 forderte die Bürgerinitiative „Sichere Straße Hammoor“ die Ortsumgehung. 1987 begannen die ersten Planungen.

Drei Jahrzehnte später rollen Tag für Tag rund 13.500 Autos (Verkehrszählung vom November 2015) durch die Hauptstraße (L 89), die den 1300-Einwohner-Ort zerschneidet. Darunter sind fast 800 Lastwagen, von denen viele auf dem Weg von der Autobahn ins Bargteheider Gewerbegebiet und zurück sind. Die Prognose für 2030 liegt bei fast 15.000 Fahrzeugen täglich – wenn keine Umgehung gebaut wird.

Politik hat sich verpflichtet, die Lösung zu akzeptieren

Die von den Experten ausgewählte Route bleibt bis zur letzten Minute ein gut gehütetes Geheimnis. Weder die Verwaltungsspitzen noch die Parteien kennen sie bis jetzt. Die Kernfrage lautet: Nord oder Süd? Diese beiden grundsätzlichen Möglichkeiten für eine Tangente gibt es. Und diese beiden Möglichkeiten sorgen im Dorf für teils erbitterte Auseinandersetzungen.

Immer wieder gab es neue Ideen, immer wieder gab es neue Widerstände. Anfang 2007 beschloss die Gemeindevertretung den Bau. Ein „historischer Tag“, hieß es damals. Doch nichts passierte, bis 2012 endlich eine Trasse im Süden festgelegt wurde. 2015 wurde das Planfeststellungsverfahren eingestellt, weil das Land erhebliche juristische Risiken sah. Die Kommunalpolitiker gaben wegen der verfahrenen Situation die Planungshoheit ans Land ab.

„Die Gemeindevertretung erklärt bereits jetzt ihre Zustimmung für die weitere Planung und Umsetzung der Vorzugsvariante, die sich aus der neuen Gesamtabwägung ergibt“, hieß es in dem mit dem Verkehrsministerium in Kiel abgestimmten Beschluss. Die sechs Vertreter der Wählergemeinschaft AWH stimmten im April 2015 dafür, die fünf CDU-Politiker enthielten sich.

Kosten, Umwelt und Verkehr spielen eine Rolle

Grundlagen für die Auswahl sollten unter anderem verkehrliche Aspekte sein (zum Beispiel Streckenlänge, Kreuzungen, Geschwindigkeiten), wirtschaftliche Aspekte (Kosten, Umwege), Umweltaspekte (Tiere, Pflanzen, Landschaft) und sonstige Kriterien wie die Agrarstruktur.

„Wir stellen unsere Ergebnisse am Mittwochabend öffentlich vor und beantworten dann auch Fragen“, sagt Britta Lüth, stellvertretende Leiterin der LBV-Niederlassung Lübeck. Erst dann könnten auch Details zum weiteren Verfahren und zum Zeitplan genannt werden. Grundsätzlich müssten die Unterlagen nach der heutigen Präsentation komplettiert werden, damit die Planer anschließend in die Entwurfsbearbeitung einsteigen könnten.

Gutachter: Mehr Entlastung bei den Nordvarianten

Auch der designierte Bürgermeister Andreas Jendrejewski (Allgemeine Wählergemeinschaft Hammoor, AWH) hat noch keine Ahnung, was ihn am Abend erwartet. Er wird bei der konstituierenden Sitzung der neuen Gemeindevertretung Mitte Juni aller Voraussicht nach zum Nachfolger von Helmut Drenkhahn (AWH) gewählt, der das Amt 28 Jahre inne hatte. Der Landwirt hatte nicht noch einmal kandidiert. An den Mehrheitsverhältnissen hat sich bei der Kommunalwahl Anfang Mai nichts geändert: Künftig hat die AWH sieben und die CDU sechs Sitze.

„Wir sollten die Vergangenheit nicht länger bewerten, sondern nach der Chance für eine Umgehung greifen“, sagt Jendrejewski. Dass die Entlastungsstraße überfällig sei, sehe jeder, der die Hauptstraße im Berufsverkehr erlebe. „Bei dem dichten Verkehr ist das Überqueren sogar an den Ampeln gefährlich, weil einige Fahrer sogar bei Gelb und Rot unbedingt weiter wollen“, sagt er. Für Jendrejewski ist es wichtig, dass die vorgeschlagene Trasse tatsächlich „gerichtsfest“ ist und durch eventuelle Klagen nicht gekippt werden kann.

Die CDU kämpft seit langem für die Südumfahrung

Jahrelange Prozesse hält der CDU-Vorsitzende Horst Lassen durchaus für möglich – aber ausschließlich für den Fall, dass der LBV eine der beiden Varianten im Norden präsentiert. „Dort gibt es Landwirte, die ihre Äcker aus Existenzgründen nicht verkaufen wollen und schon mit Klagen drohen“, sagt Lassen.

Seine CDU kämpft seit Langem für eine Südumfahrung. „Das ist die sinnvollste Lösung, die auch am weitesten von den Häusern entfernt ist“, sagt Lassen. So werde der Lärm am stärksten reduziert und auch die Wohnstraße Kamp entlastet, an der der Sportplatz und der neue Kindergarten liegen. Eine Umfrage habe ergeben, dass die Grundeigentümer im Süden Flächen für die neue Straße abgeben würden. Bei einer Bürgerbeteiligung zeichneten zudem 200 von 234 Einsendern auf Karten ihre Wunschtrasse im Süden ein.

Am Mittwoch lädt der Landesbetrieb zum Info-Abend

Laut Gutachten eines Hamburger Planungsbüros entlasten die beiden Nordvarianten den Ort deutlich mehr vom Verkehr. In der Prognose für 2030 nähmen mehr als 15.000 Fahrzeuge die Umgehung und lediglich 1500 bis 1700 Autos die Hauptstraße. Bei den längeren Varianten im Süden würde nur ein Teil des Verkehrs abfließen, sodass immer noch rund 9500 Autos täglich auf der Hauptstraße zu erwarten seien.

Ortsumgehung Hammoor Info-Abend des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) über die Vorzugstrasse, Mittwoch, 30. Mai, 19 Uhr, Mehrzweckhaus, Kamp 31