Ahrensburg. Künstler und Fans loben Flair der Ahrensburger Veranstaltung. Doch junge Besucher waren in der Minderheit. Rund 1900 Besucher.
Der Sänger Stefan Gwildis kommt nicht direkt zu seiner Band auf die Bühne bei Holzland Wulff, nachdem Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach und Veranstalterin Felicitas Schleifenbaum am Sonnabend die zwölfte Ahrensburger Musiknacht eröffnet haben. Der Soulman aus Hamburg schreitet zunächst die erste Reihe des Publikums ab, begrüßt Fans per Handschlag. Diese Nähe zwischen Künstlern und Zuhörern ist charakteristisch für die Musiknacht, die jetzt rund 1900 Besucher zählte.
Trotz hochsommerlicher Temperaturen drängen sich viele schon um 17.30 Uhr vor der größten Bühne dieser Nacht, bringen auch Gwildis zum Staunen: „Ihr seid lieber hier als im Garten beim Grillen?“ Er dankt es ihnen mit sanften Soulklassikern im Jazzgewand. Schon bei „Tanzen übern Kiez“ als Adaption von „Dancing in the streets“ singt und klatscht das Publikum begeistert mit. Uta Liebold, die den Blick von der VIP-Lounge unter dem Hallendach genießt, ist zum vierten Mal dabei. Sie bringt auf den Punkt, was von den meisten Besuchern zu hören ist: „Ich mag das lockere Flair in den Locations. Man trifft Bekannte, lernt teils unbekannte Künstler kennen. Stefan Gwildis höre ich auch zum ersten Mal“, sagt die Ahrensburgerin.
16 Orte verwandeln sich zu einer Konzertbühne
An 16 Orten, vom kleinen Wollgeschäft bis zum renommierten Park Hotel, gibt es Pop, Blues, Jazz, Funk, Soul, Latin und Rock zu hören. Fast 100 Musiker aus Europa und Übersee sind gekommen, um einen Friseursalon, ein Bettengeschäft oder eine Bankfiliale als Bühne zu nutzen. Abi Wallenstein, der als Bluesmusiker eine feste Größe im Programm ist, schätzt die besondere Atmosphäre, sagt: „Die Veranstaltung ist hier im Norden einzigartig. Es ist toll, die ganze Stadt steht Kopf.“
Für Axel Nagel von „Opportunity“, die als Acoustic Trio eine Druckerei zum Klingen brachten, ist die Musiknacht sogar einmalig in Deutschland. „Man trifft hier hautnah Weltklassemusiker. Die Leute wissen die Qualität zu schätzen.“ Während manche Stormarner und Hamburger zum wiederholten Mal kamen, um Günther Brackmann, Henry Heggen oder Abi Wallenstein zu hören, genossen andere die Überraschung. „Ich bin zum ersten Mal dabei und lasse mich treiben“, sagt Jörg aus Hamburg. Mit Neuzugängen wie dem australischen Independent-Duo „Belle Roscoe“ oder Florian Sagner lieferte Felizitas Schleifenbaum musikalische Perlen, die teilweise unter Wert dargeboten wurden. Denn die Mischung, die Sagners Projekt „Pure & Deep“ in Jyttes Woll-Oase bot, lud sofort zum Grooven ein – doch dafür bot der Laden kaum Platz. Zusammen mit Gitarrist Peter Schneider von den „Stimulators“ sorgte Sagner als Trompeter, Percussionist und DJ in Personalunion für einen satten Lounge- und House-Sound, der Lust aufs Tanzen machte. Und der gerade bei den wenigen jüngeren Gästen gut ankam. Auch wenn die Veranstalterin Jugendlichen in Begleitung ihrer Eltern freien Eintritt gewährte, waren junge Gäste in der Minderheit. Das mag dem Stilmix geschuldet sein, der nur wenig rockige Klänge vorhielt. Dabei hätte die Musiknacht das Potenzial zum generationenübergreifenden Event.
Musiknacht wird als Nacht der Premieren genutzt
Etliche Musiker nutzten die Gelegenheit, neue Songs erstmals live zu testen. Damit lässt sich die Musiknacht auch als Nacht der Premieren betrachten. Was sich hier bewährt, findet Eingang ins nächste Album. Auch Joel Havea ließ mit seiner warmen Soul-Stimme in der Haspa-Filiale Neues hören mit einer Mischung aus Pop, Soul, Rock und Roots. Bis zu dem Moment, als ihm eine Gitarrensaite riss und er sich outen musste: „Ist hier jemand im Publikum, der eine Gitarrensaite wechseln kann? Ich spiele zwar seit 20 Jahren, aber ich beherrsche das leider nicht.“ Ein Besucher namens Martin erbarmte sich, Havea verbuchte die Panne als unerwartete Premiere auf der Bühne: „Das ist mir noch nie passiert.“
Bei der abschließenden After-Show-Party im Park Hotel füllten die Besucher noch einmal den Saal und genossen es, verschiedenste Musiker gemeinsam auf der Bühne bei der Jamsession zu erleben. Einer der Höhepunkte war die gemeinsame Rocknummer von Elizabeth Lee und Bet Williams. Auch wenn Stefan Gwildis es aus zeitlichen Gründen nicht mehr zum großen Finale schaffte, kam das Publikum auf seine Kosten. Fazit: Ein erfolgreiches Stormarner Festival, mit dem Ahrensburg sich schmücken kann – und das vielleicht künftig auch Jüngere als Zielgruppe ins Visier nimmt.