Barsbüttel. Die Gemeinde zieht den Antrag auf Flächennutzungsplan zurück. Genossenschaften müssen sich gedulden, um im Zentrum aktiv zu werden.

Die Sache war noch nicht in trockenen Tüchern, aber auf einem guten Weg: Mit Neue Lübecker und Sachsenwald haben gleich zwei Baugenossenschaften Interesse signalisiert, nahe dem Barsbütteler Nahversorgungszentrum in der Straße Am Akku Geschosswohnungsbau mit öffentlich geförderten Einheiten zu verwirklichen. Schon vor Monaten gab es Gespräche hinter verschlossenen Türen. Sie sollten jetzt vertieft werden unter der Voraussetzung, dass der neue Flächennutzungsplan genehmigt ist. Doch daraus wird nichts. Denn die Gemeinde hat einen entsprechenden Antrag beim Innenministerium in Kiel zurückgezogen. Das Projekt wird sich um mindestens ein halbes Jahr verzögern. Und die neue politisch stärkste Kraft, die Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB), will es verhindern.

„Wir müssen für Areale im südlichen Bereich des Hauptortes noch Lärmgutachten erstellen lassen“, sagt Bauamtsleiterin Rita Dux über die Unterredung mit dem Innenministerium. Das werde jetzt gemacht. Kosten für Barsbüttel: zwischen 7000 und 8000 Euro. Sind die Untersuchungen abgeschlossen, muss die Politik wieder abstimmen, ob jene Teilbereiche im F-Plan verbleiben. Dux rechne mit einer Entscheidung Ende des Jahres.

2017 wurde neuer Flächennutzungsplan beschlossen

Die Gemeindevertretung hatte im Juli 2017 mit Stimmen von CDU und SPD einen neuen Flächennutzungsplan beschlossen. In ihm sind die Bereiche aufgeführt, die bebaut werden können. Dazu zählt auch die Fläche Am Akku. Dort wollen Christ- und Sozialdemokraten bezahlbaren Wohnraum schaffen, zwei Grundstücke – eines auf jeder Straßenseite – gehören der Gemeinde. Sie müsste bis 2030 rund 750 Einheiten schaffen, um den Bedarf zu decken.

Deshalb nahmen CDU und SPD Kontakt zu Genossenschaften auf – weit bevor das Stormarner Bündnis für bezahlbares Wohnen unterzeichnet wurde. Darin sind unter Federführung der Kreisverwaltung 36 Städte und Gemeinden, darunter auch Barsbüttel, Wohnungsbauverbände sowie acht Bauunternehmen zusammengeschlossen. Ziel ist das Erstellen von günstigen Mietwohnungen.

Es sind rund 200 Wohnungen möglich

„Die Gespräche mit den Genossenschaften waren sehr offen und zielführend“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Hermann Hanser. Dabei war auch Wolfgang Böckmann von der CDU, der nach der Schlappe bei der Kommunalwahl am 6. Mai nicht mehr der künftigen Gemeindevertretung angehört. Er sagt: „Die Unterhaltungen waren positiv, wir haben über Finanzierungsmöglichkeiten gesprochen.“ Der Reinbeker Baugenossenschaft Sachsenwald habe man nahegelegt, mit Landwirten in Verbindung zu treten, die Eigentümer von Flächen Am Akku sind.

Laut Bauamtsleiterin Dux sind in diesem Bereich rund 200 Wohnungen möglich in Häusern mit drei oder vier Geschossen. Beim Gedankenaustausch mit den Genossenschaften war von rund 100 Einheiten und höchstens drei Geschossen die Rede. Das Reinbeker Unternehmen war nach Abendblatt-Informationen selbst nicht abgeneigt, als es um einen 50-prozentigen Anteil von Sozialwohnungen ging. 30 Prozent sollen es auf jeden Fall werden.

Slogan der Wählergemeinschaft kam bei Wahl gut an

Hermann Hanse, SPD-Fraktionsvorsitzender, sagt:
Hermann Hanse, SPD-Fraktionsvorsitzender, sagt: © Hermann Hanser | privat,privat

Gar nicht angetan von den Plänen in Barsbüttels Mitte ist die Wählergemeinschaft BfB. Sie möchte auch den Bau von Einzel- und Doppelhäusern nahe dem Rähnwischredder im Norden ausschließen, hatte zur Kommunalwahl mit dem Slogan „Hände weg von unseren Grünflächen“ gegen starkes Wachstum der Gemeinde getrommelt. Mit Erfolg: Die BfB kam auf 33,4 Prozent der Stimmen, verdoppelte nahezu das Ergebnis von 2013, ist jetzt stärkste politische Kraft mit acht statt bisher vier Sitzen im Parlament. Die Zeiten der „großen Koalition“ sind vorbei, CDU und SPD haben keine Mehrheit mehr. Allerdings benötigt die Wählergemeinschaft die Unterstützung von Grünen und FDP, um das Areal Am Akku aus dem F-Plan zu befördern.

Doch dazu wird es wohl nicht kommen. „Wir brauchen in Zentrumsnähe Geschosswohnungsbau. Nur müssen Grünzüge erhalten bleiben genauso wie Ausgleichsflächen“, sagt Grünen-Fraktionschef Joachim Germer. Der BfB-Fraktionsvorsitzende Rainer Eickenrodt wird sich diesbezüglich auch nochmal an Christ- und Sozialdemokraten wenden: „Ich hoffe auf ein Umdenken, gerade nach dem Votum der Bevölkerung.“ Das Vertrauen müsse aber erstmal wieder aufgebaut werden. Zuletzt war das Klima zwischen BfB und den beiden politischen Kontrahenten vergiftet.

Barsbüttel darf Gewerbegebiet um 15 Hektar vergrößern

Bei den Sozialdemokraten wird Eickenrodt auf Granit stoßen. „Es gibt keinen Grund, unsere Einstellung zu ändern“, so Hanser. Und auch Böckmann macht der BfB wenig Hoffnung auf eine Allianz mit der CDU bei diesem Thema. Er sagt: „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass wir Geschosswohnungsbau an diesem Standort benötigen.“

auamtsleiterin Rita Dux sagt: „Wir müssen für Areale im südlichen Bereich des Hauptortes noch Lärmgutachten erstellen lassen.“
auamtsleiterin Rita Dux sagt: „Wir müssen für Areale im südlichen Bereich des Hauptortes noch Lärmgutachten erstellen lassen.“ © Barbara Moszczynski | Barbara Moszczynski

Ein Lärmschutzgutachten muss auch für eine gemeindeeigene Fläche am Steinbeker Weg erstellt werden. Dort sind maximal 100 Wohnungen in zweigeschossiger Bauweise möglich. Laut Rita Dux könnte im neuen Flächennutzungsplan zudem die Gewerbefläche nördlich von Möbel Höffner aufgenommen werden. Das Land Schleswig-Holstein hatte vor Kurzem das Zielabweichungsverfahren abgeschlossen und ermöglicht Barsbüttel damit, sein Gewerbegebiet um 15 Hektar zu vergrößern.