Reinbek. Die Christdemokraten Hans Helmut Enk und Ernst Dieter Lohmann treten bei der Kommunalwahl nicht mehr an und ziehen Bilanz
Wie viele Stunden sie über Jahrzehnte in Sitzungen verbracht, Verwaltungsvorlagen studiert oder mit Parteikollegen aus der CDU intern debattiert haben, wissen sie nicht. Was als sicher gilt: Es ist eine Zahl im fünfstelligen Bereich. Und beide sagen, sie hätten deswegen die Familie vernachlässigt. Fraktionschef Hans Helmut Enk (82) und Bürgervorsteher Ernst Dieter Lohmann (80) sind Reinbeker mit Herz und Seele und haben sich für die Stadt engagiert. Doch demnächst ist Schluss. Bei der Kommunalwahl am 6. Mai treten die beiden Polit-Dinos nicht mehr für ein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung an. Im Abendblatt sprechen sie über ihr Wirken, Veränderungen, Freundschaften und die Qualität von Bürgermeistern.
In wenigen Wochen scheiden Sie aus dem Reinbeker Politikbetrieb aus. Fällt der Abschied schwer?
Ernst Dieter Lohmann: Es gibt Tage, da sage ich, Gott sei Dank ist Feierabend und solche, da wird man nachdenklich. Aber jetzt muss die nächste Generation ran. Wir sollen ja nicht die Vergangenheit verwalten, sondern die Zukunft gestalten. Die jungen Leute müssen wissen, wo sie hinwollen.
Hans Helmut Enk: Mir geht es ähnlich. Ich wollte schon 2008 aufhören, das hat die Partei nicht zugelassen. Vier Jahre später habe ich in Reinbek eine neue Fraktion aufgebaut mit Blick auf 2018. Die Neuen müssen jetzt selber laufen können. Die heutigen Akteure in der Kommunalpolitik sprechen eine andere Sprache als ich, irgendwie passe ich da nicht mehr ganz rein. Im Kreis mache ich gern weiter.
Sie können es aufgrund Ihrer Erfahrung gut beurteilen: Wie hat sich die politische Arbeit in den Jahren verändert?
Enk: Es stellen sich immer weniger kompetente Kandidaten zur Verfügung. Allerdings sind auch die Anforderungen merklich komplexer geworden.
Lohmann: Früher waren die Ausschusssitzungen nicht öffentlich, da wurde viel offener und kritischer miteinander diskutiert, als es heute der Fall ist. Jetzt hören Leute zu und man hat das Gefühl, das Beiträge dem nächsten Wahlkampf geschuldet sind. Die Menschen sind so zwar informiert, aber sie machen nicht mit.
Gewinn von Nachwuchs nur über persönliches Gespräch
Was sagen Sie jungen Menschen, weshalb sich ein Engagement in der Politik lohnt?
Lohmann: Sie lernen, Verantwortung für die Allgemeinheit zu übernehmen und nicht nur an sich zu denken. Im Bauausschuss gibt es Bürger, die sich immer wieder zu Wort melden und Vorschläge machen. Als ich einen aufgrund seines Wissens zum Mitmachen animieren wollte, sagte er mir, ich solle ihm bloß vom Hals bleiben.
Hans Helmut Enk
Enk: Das unterschreibe ich so. Wir gewinnen Nachwuchs nur über das persönliche Gespräch. Das ist mir zum Beispiel bei Niklas Schwab gelungen, der mit 18 Jahren in die Stadtverordnetenversammlung einrückte. Jetzt ist er 23 und immer noch dabei. Ähnliche Fälle gibt es im Kreistag. Mit Geld können wir nicht locken. Die Entschädigung ist so gering, dass ein Trainerjob im Sportverein finanziell lukrativer ist.
Welches war Ihr beeindruckendstes Erlebnis in der Politik?
Enk: Das kann ich nicht an einem Punkt festmachen. Wenn ich sehe, wie sich Infrastruktur und Gewerbe in Reinbek entwickelt haben, bin ich ganz zufrieden. Ähnliches lässt sich auch aus meinem 30-jährigen Mitwirken als Ratsherr und Stadtrat in Geesthacht sagen. Ein Negativerlebnis ist die Verzögerung beim Bau der Feuerwache am Mühlenredder in Reinbek. Die endgültige Entscheidung hätte schon viele Jahre früher fallen müssen.
Ernst Dieter Lohmann
Lohmann: Die Restaurierung des Schlosses, denn es wurde mal darüber gesprochen, das Gebäude abzureißen und eine Siedlung hinzubauen. Ansonsten sind mir alle Themen immer gleichwichtig gewesen.
Haben sich durch die jahrelange Zusammenarbeit auch parteiübergreifende Freundschaften entwickelt?
Lohmann: Ja, gerade mit dem stellvertretenden Bürgervorsteher Baldur Schneider von der SPD. Mit ihm verbindet mich manchmal mehr als mit der eigenen Fraktion.
Enk: Ich habe eine Menge Freunde aus anderen Parteien. Im Kreistag zum Beispiel haben wir viele wichtige Dinge wie den Abbau der Schulden einstimmig beschlossen, das wäre ohne Freundschaften über Fraktionsgrenzen hinweg nicht möglich gewesen. In Reinbek war ich seit 1997 oft Gast bei Veranstaltungen anderer Parteien.
Berufspolitiker war für beide keine Alternative
Hat es Sie nie gereizt, Berufspolitiker zu werden?
Enk: Früher nicht. Ich hätte die Möglichkeit gehabt, in den Landtag zu kommen und womöglich sogar in den Bundestag. Gerhard Stoltenberg und Uwe Barschel wollten mich in Kiel haben. Meine Entscheidung dagegen hatte zwei Gründe: Einerseits hat meine damalige Frau wegen der Kinder einen Umzug abgelehnt, und dann hätte ich meinen sehr gut bezahlten Job in der Wirtschaft aufgeben müssen.
Lohmann: Für mich hat sich die Frage nie gestellt, weil ich meinen Beruf als Diplom-Ingenieur auf dem Gebiet Maschinenbau geliebt habe.
Berufs- und Kommunalpolitiker machen Fehler. Davon kann sich keiner freisprechen. Was hätten Sie im Rückblick anders gemacht?
Enk: Jetzt widerspreche ich mich zwar: Ich hätte nach Kiel gehen sollen, aus privaten und Karrieregründen. Aber ich bereue es nicht. Um vor Ort mehr zu erreichen, hätte ich vielleicht doch hin und wieder Fraktionszwang ausrufen müssen.
Lohmann: Es gibt nichts, was ich heute anders entscheiden würde. Ich kann mir keine Vorwürfe machen, aber Fehler habe ich gewiss auch gemacht.
Was fangen Sie denn nun mit der neu gewonnenen Freizeit an?
Enk: Zuerst kümmere ich mich mehr um meine liebe Frau. Sportlich sollte ich aktiver werden. Auch gilt mein Interesse der Kultur. Außerdem kann ich meine Gedichtbände dann schneller füllen. Und dann wird die Arbeit im Kreis dafür sorgen, dass mir die Decke nicht auf den Kopf fällt.
Lohmann: Da habe ich mir noch keine großen Gedanken gemacht. Ich werde sicher mehr für die Familie da sein, die 14 Köpfe umfasst. Und ich hoffe, dass ich jeden Tag auf den Golfplatz und mehr Bücher lesen kann.
Zufriedenheit mit Bürgermeister Warmer
Sie haben mehrere Bürgermeister in Reinbek erlebt. Welcher hat Sie am meisten beeindruckt und mit wem war oder ist die Zusammenarbeit am besten?
Enk: Björn Warmer. Der aktuelle Verwaltungschef ist sehr sachlich, informiert hervorragend und nimmt Mitarbeiter wie Politik mit, ohne sein Parteibuch herauszuhängen. Zwischen uns hat sich bereits in den ersten Wochen nach seinem Antritt eine Art der Zusammenarbeit entwickelt, die ich vorher nicht kannte. Ich wäre gern noch länger sein Stellvertreter gewesen.
Lohmann: Für mich war Günter Kock der Bürgermeister. Ich habe mit ihm gut zusammengearbeitet, obwohl wir vielfach unterschiedlicher Meinung und keine Freunde gewesen sind. Was er für Reinbek geleistet hat, war bestens. Mit Herrn Warmer bin ich auch sehr zufrieden, weil er sich zum Beispiel immer die Meinung des Ältestenrates einholt.
Hand aufs Herz: Wie viele Haushalte haben Sie von der ersten bis zur letzten Seite gelesen?
Lohmann: Was meine Ausschüsse anbelangt, habe ich jede Zeile gelesen. Aber nicht zum Beispiel Bereiche im Haushalt, für die Kollegen aus dem Sozialausschuss Experten sind. Ich hatte aber stets den Gesamtüberblick.
Enk: Als Finanzer in den Gremien seit den 60er-Jahren musste ich mir nolens volens alle Seiten ansehen.