Reinbek. Siedlergemeinschaft Neuschönningstedt macht sich für mehr als 250 Anlieger stark. Satzung der Stadt seit 1. Januar 2015 außer Kraft.
Wachablösung an der Spitze der Siedlergemeinschaft im Reinbeker Stadtteil Neuschönningstedt: Vorsitzende des Vereins ist jetzt Nicole Fleckenstein (40). Vorgängerin Heidrun Tacke (59) hatte sich entschieden, den obersten Posten nach 27 Jahren abzugeben. Ein Ziel verfolgt auch die Neue weiterhin: die Rückzahlung der Beiträge für den Straßenausbau von der Stadt. Mehr als 250 Anlieger aus dem 7500 Einwohner zählenden Bereich sind betroffen.
Die Beiträge setzten vor allem den älteren Einwohnern zu
„An dem Thema bleiben wir dran“, sagt Fleckenstein, die als Erzieherin in einer Kindertagesstätte arbeitet. Die Siedlergemeinschaft mit ihren rund 500 Mitgliedern wurde 1951 gegründet und trägt zur kulturellen Vielfalt im Stadtteil bei. So organisiert sie unter anderem einen Familientag samt Ausflug, Veranstaltungen für Kinder, ein Sommerfest und gibt Frauen die Möglichkeit, sich in einer Kreativgruppe zu treffen. Darüber hinaus hat sie zahlreiche Bewohner beraten, die Beiträge bezahlen mussten. „Bei den Gesprächen sind viele Tränen geflossen. Ältere Menschen mit kleiner Rente mussten Versicherungen auflösen“, sagt Tacke. Sie berichtet in einem Fall von einem Hausverkauf. „Die Person lebt jetzt in einer Wohnung in Glinde.“ Tacke selbst musste 7500 Euro zahlen. Sie kenne viele, die mit einem hohen vierstelligen Betrag dabei gewesen seien.
Der Verein gründet seine Forderung zum einen auf der Tatsache, dass Kommunen jetzt selbst entscheiden können, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben. Die Pflicht dazu hatte die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen in Kiel abgeschafft. Zum anderen ist die Satzung Reinbeks seit 1. Januar 2015 außer Kraft – seitdem wurden trotzdem mehrere Straßen in Neuschönningstedt und zehn Bereiche im gesamten Stadtgebiet abgerechnet. Bürger entrichteten Beiträge in Höhe von rund 1,25 Millionen Euro. Reinbek hatte die Satzung zwar 1999 beschlossen. Sie war allerdings rückwirkend zum 1. Januar 1995 gültig und verlor diesen Status nach 2o Jahren. Das bemerkte die Verwaltung zu spät.
Reinbek musste rund 35.000 Eurp zurückzahlen
„Einen Anspruch auf Rückzahlung haben die Anlieger trotzdem nicht“, sagt Bauamtsleiter Sven Noetzel. Die Parteien haben ihren Willen bekräftigt, sich von den Beiträgen zu verabschieden. Derzeit prüft das Rathaus die Folgen des Wegfalls. Von Anliegern aus Neuschönningstedt hatte es Dutzende Widersprüche gegeben, alle wurden abgelehnt. „Wir haben uns auch von einem Anwalt beraten lassen. Vor Gericht zu klagen ist nicht sinnvoll“, sagt Tacke.
2011 und damit vor Noetzels Amtszeit musste Reinbek rund 350.000 Euro an Anlieger in der Straße Schaumanns Kamp zurückzahlen. Die Verwaltung hatte Widersprüche nicht rechtzeitig bearbeitet. Als Alternative zur Erstattung an die Bürger schlägt die Siedlergemeinschaft vor, die örtliche Begegnungsstätte zeitnah zu sanieren und dort wieder ein Bürgerbüro einzurichten. Zudem soll ein Verschönerungsprogramm für den Stadtteil erarbeitet und von der Stadt finanziert werden. Bürgermeister Björn Warmer und die Fraktionen haben ein Schreiben mit der Forderung erhalten.