Glinde. Politiker wollen die Systemänderung im April beschließen. Anlieger der Blockhorner Allee sind die erste Profiteure.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit: Glinde wird die Straßenausbaubeiträge abschaffen und damit Anlieger nicht mehr mit Tausenden Euro an Sanierungen beteiligen. Darüber herrscht in allen Parteien Einigkeit. Auf der jüngsten Bauausschusssitzung bekräftigten SPD und Grüne den Willen für eine Systemänderung, die CDU hätte sie gern sofort umgesetzt.

Glindes Bürgermeister Rainhard Zug und Verwaltungsmitarbeiterin Martina Taby
Glindes Bürgermeister Rainhard Zug und Verwaltungsmitarbeiterin Martina Taby © HA | Rerné Soukup

Über einen entsprechenden Antrag der Christdemokraten wurde jedoch nicht abgestimmt, das Thema zurück in die Fraktionen verwiesen. Am 19. April steht es wieder auf der Agenda, eine Woche später werden die Stadtvertreter voraussichtlich eine sogenannte Aufhebungssatzung beschließen. Die Vorlage erarbeitet jetzt die Verwaltung. Bis dahin wird Bürgermeister Rainhard Zug eine Liste der Straßen vorlegen, die reif für eine Grunderneuerung sind. Für viele Politiker ist detailliertes Wissen über den Zustand der Fahrbahnen Bedingung für eine Zustimmung.

8,1 Millionen gehen in die Sanierung der Sporthallen

„Wenn wir diese Informationen haben, gehe ich davon aus, im April Nägel mit Köpfen zu machen“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach. CDU-Politiker Torsten Linde kritisierte den Zeitplan. Für ihn sind die Erläuterungen der Verwaltung im kommenden Monat nicht relevant für eine Entscheidung. Das sieht der Grünen-Ortsvorsitzende Jan Schwartz anders: „Die Finanzierung ist die zentrale Frage. Wir müssen überlegen, wie wir es machen bei einem Haushalt, der mit so vielen Projekten belastet ist.“

Derzeit investiert die mit acht Millionen Euro verschuldete Stadt 8,1 Millionen Euro in die Sanierung der Sporthallen am Schulzentrum inklusive Schaffung eines Jugendclubs. Geplant ist zudem eine Schadstoffsanierung an Bildungseinrichtungen mit Mensabau und Umgestaltung von Räumen. Dieses Projekt kostet rund zwölf Millionen Euro und soll auf Jahre verteilt werden.

Einnahmen aus Gewerbesteuern sind hoch

Weil die Gewerbesteuereinnahmen mehr als zufriedenstellend sind, kann Glinde laut Rainhard Zug Straßen bis 2020 ausschließlich aus dem Haushalt finanzieren. Allerdings sei bei nur zwei zuständigen Mitarbeitern im Rathaus die Erneuerung einer Fahrbahn alle zwei bis drei Jahre möglich. Die Verwaltung hatte die Straßen bereits inspiziert und 40 von ihnen als marode deklariert.

Die Politiker hoffen, dass Glinde bei der Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs – das Gesetz muss spätestens im Dezember 2020 verabschiedet werden – ausreichend finanzielle Unterstützung bekommt, um den Straßenausbau langfristig auch bei schlechterer Haushaltslage voranzutreiben. Von 2018 bis 2020 stärkt das Land seine Kommunen pro Jahr mit 15 Millionen Euro für sogenannte Infrastrukturmaßnahmen.

Koalition hat Kommunen eigene Entscheidung ermöglicht

Vielerorts machen sich Entscheidungsträger auch Gedanken über eine Grundsteuererhöhung für den Fall einer Streichung der Ausbaubeiträge, weil sie nicht wissen, ob ein neues Finanzausgleichsgesetz den Verlust kompensiert. Davon will Jan Schwartz vorerst nichts wissen. Der Grünen-Politiker sagt: „Wir sind gegen Steuererhöhungen. Glinde ist schon an der Grenze der Hebesätze, die uns das Land empfiehlt.“

Bis vor Kurzem waren Städte und Gemeinden verpflichtet, Straßenausbaubeiträge zu erheben. Inzwischen können sie selbst entscheiden. So hat es die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen in Kiel gewollt. Die Glinder Verwaltung spricht sich für einen Verzicht aus, sieht darin langfristig die wirtschaftlichste Lösung für die Stadt. Denn somit müssten keine Bescheide mehr verschickt werden – und Klagen von Bürgern gegen die Stadt sind auch ausgeschlossen.

Hoher Verwaltungsaufwand bei regelmäßigen Beiträgen

Erste Nutznießer des Wegfalls der Beiträge sind die Anlieger der Blockhorner Allee, die 2019 ausgebaut werden soll. Das war schon vor zwei Jahren für 560.000 Euro geplant. Eine Bürgerinitiative leistete Widerstand. Daraufhin erwog die Politik einen Systemwechsel von einmaligen hin zu regelmäßigen Beiträgen. Bei diesen zahlen alle Grundstückseigentümer im Ort eine jährliche und wesentlich geringere Gebühr für sämtliche Arbeiten. Die Umsetzung des auf vielen Schultern basierenden Modells wurde wegen hohen Verwaltungsaufwands nicht forciert.