Barsbüttel/Bargteheide. Die Konkurrenz wächst. Doch die Kaufleute können sich behaupten, weil viele Stormarner frische Ware und einen Plausch schätzen.

Die Konkurrenz für Wochenmärkte wächst und wächst. Supermärkte, Feinkostläden und immer mehr Biosuperläden sind die großen Wettbewerber. Laut Ernährungsreport 2018 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) kaufen mehr Menschen den Großteil ihrer Lebensmittel im Bioladen oder Biosupermarkt als auf dem Wochenmarkt. Diese belegen nur den fünften und damit vorletzen Platz. Noch weniger aufgesucht werden nur die Hofläden. Im Ernährungsreport des Vorjahres lagen die Wochenmärkte noch vor den Biosupermärkten. Das Abendblatt hat die Situation auf Stormarner Märkten beleuchtet.

Birte Dorka (44) aus Glinde betreibt mit Sohn Jakob (4) Lebensmittelkunde, sie sagt:
Birte Dorka (44) aus Glinde betreibt mit Sohn Jakob (4) Lebensmittelkunde, sie sagt: "Wir schätzen das Erlebnis auf dem Wochenmarkt." © Barbara Moszczynski | Barbara Moszczynski

Zwar kaufen 93 Prozent der Deutschen ihre Lebensmittel lieber persönlich anstatt im Internet, knapp zwei Drittel bevorzugen jedoch den Supermarkt. Ein Drittel erledigt ihre Einkäufe beim Discounter. Bioqualität ist längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Supermärkte und Discounter erweitern ihr Angebot um viele Bioprodukte. Ist der Wochenmarkt ein Auslaufmodell?

Weitermachen bis zum bitteren Ende

„Aufgeben ist keine Option. Wir machen weiter bis zum bitteren Ende“, sagt Thorsten Hose, Fleischverkäufer auf dem Markt in Großhansdorf. Er betreibt seinen Stand seit rund sieben Jahren und hat Höhen und Tiefen miterlebt. Gerade einmal vier Stände stehen hier am U-Bahnhof Schmalenbeck. Lange habe es keinen Gemüsehändler gegeben, erzählt Hose. „Damit hatten wir zu kämpfen.“ Gemüsestände seien Kundenmagneten. Im November 2017 habe wieder einer angefangen. „Gott sei Dank haben wir einen gefunden. Jetzt geht es bergauf.“ Ein häufig verwendetes Argument von Kunden gegen den Einkauf unter freiem Himmel sind höhere Preise. „Ich kann die Preise nicht anpassen“, sagt Hose. „Wir müssen davon leben können.“ Er erlebe aber, dass die Kunden bereit sind, auf dem Markt mehr zu bezahlen. „Die wissen, dass in unseren Produkten Arbeit drinsteckt.“

Marktgängerin Marianne Wintjen bestätigt das: „Man kauft hier einfach Frischeres.“ Sie sei mit Marktbesuchen groß geworden, was auch daran liege, dass ihre Eltern selbst einmal eine Keksbäckerei hatten und jahrelang auf dem Markt standen. „Ich bin ein Marktmensch“, sagt sie und lacht dabei. Warum vor allem ältere Menschen wie Wintjen Marktgänger sind, erläutert die bundesweite Ernährungsstudie der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2017: Je älter die Befragten waren, desto mehr Wert wurde auf regionale und saisonale Lebensmittel gelegt.

Im Supermarkt steht überall „Bio“ drauf – kann das sein?

Das liege vor allem daran, dass die ältere Generation noch ohne industrielle Fertignahrung und Supermärkte, in denen jederzeit alles verfügbar ist, aufgewachsen ist. Neben Qualität und Regionalität der Produkte ist für manche auch die räumliche Nähe ausschlaggebend für einen Marktbesuch: „Ich habe kein Auto und kaufe deshalb nur auf dem Wochenmarkt ein“, erzählt eine ältere Frau, die nicht namentlich genannt werden möchte.

Carsten Meyer, der neue Gemüsehändler auf dem Großhansdorfer Wochenmarkt, empfindet die Konkurrenz durch Supermärkte als groß. „Beim Discounter bekommt man die Produkte billiger. Aber ob das Müll ist, interessiert keinen.“ Auch an der immer größer werdenden Auswahl an Bio-Produkten in Supermärkten hat er seine Zweifel: „Überall steht Bio drauf, das kann ja gar nicht sein.“ Für ihn sei deshalb klar: „Wer Qualität haben möchte, der geht auf den Markt.“ Kundin Jennifer Hamdorf, die mit ihrer Tochter Samantha bei Meyer Äpfel kauft, gefällt vor allem die Auswahl auf dem Wochenmarkt. Die Preise sind für sie kein Kriterium: „Es ist nicht viel teurer als im Supermarkt.“ Für andere Kunden zählt neben Auswahl und Qualität auch das Ambiente: „Hier ist kein künstliches Licht wie im Supermarkt und ich gucke auf Natur“, sagt eine Kundin. Aber auch Lebensmittelverschwendung spiele für sie eine große Rolle: „Die Packungen aus dem Supermarkt sind oft zu groß für eine Person und dann schmeißt man am Ende etwas weg. Auf dem Markt kann ich das kaufen, was ich auch verbrauche.“

Einkaufen als Erlebnis. Beim Marktbesuch sei das gegeben. „Es gibt nichts Schöneres, als bei gutem Wetter auf den Wochenmarkt zu gehen“, sagt Birte Dorka, die mit ihrem Sohn Jakob auf dem Wochenmarkt in Barsbüttel am Gemüsestand von Dieter Deißelberg Lebensmittelkunde betreibt. Katharina Merckel, die jede Woche auf den Barsbütteler Wochenmarkt geht, schätzt neben den frischen Produkten auch den netten Service. Auch der persönliche Austausch ist für viele Kunden ausschlaggebend für einen Marktbesuch: „Man trifft hier viele Leute und kann schnacken“, sagt die Seniorin Heidi Wolf-Lange. Das schätzen auch die Kunden auf dem Bargteheider Wochenmarkt, den es seit 1965 gibt. Ein Markt mit Tradition. „Ich bin von klein auf hier gewesen“, erzählt die Bargteheiderin Sabine Ehlen. Sie schätzt die familiäre Atmosphäre: „Man trifft sich hier und ist mit den Händlern per Du.“

Für viele ist der persönliche Kontakt zum Händler wichtig

Ebenso geht es Norbert Korbmacher, der vor allem wegen der Atmosphäre regelmäßig auf dem Bargteheider Wochenmarkt einkauft: „Ich kenne alle Kaufleute hier.“ Ob es auch in Zukunft noch Wochenmärkte gibt? Korbmacher zweifelt nicht daran. Seiner Einschätzung zufolge ist die Zahl der Kunden über die Jahre konstant geblieben: „Es ist jedenfalls nicht weniger geworden“, meint er. Für Manfred Oberdörfer ist jeder Marktbesuch „immer auch ein schöner Spaziergang“. Auch er halte gern mit Freunden und Bekannten, die er hier regelmäßig trifft, „einen Plausch“.

So wie zum Beispiel mit dem Gewürz- und Honigverkäufer Jalal Amirnekooei, der seit mehr als 20 Jahren auf dem Wochenmarkt arbeitet. Dieser spüre den Druck durch Supermärkte und Bioläden. Er sagt: „In manchen Städten gibt es gar keine Wochenmärkte mehr.“ Das liege seiner Meinung auch daran, dass es in Supermärkten eine größere Auswahl gibt. „Unsere Angebotsfläche ist begrenzt“, sagt Amirnekooei. Dennoch, so hofft er, bleiben ihm seine Stammkunden auch in Zukunft treu.