Ahrensburg. Heute will das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob Verbote zur Vermeidung von Stickoxid möglich sind. Fragen und Antworten.

Die höchsten deutschen Verwaltungsrichter wollen am heutigen Dienstag über ein mögliches Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge entscheiden. Das könnte auf bestimmten Strecken verhängt werden, um eine zu hohe Abgasbelastung zu reduzieren.

Ob Fahrverbote in Innenstädten, Nachrüsten der Dieselautos, kostenloser öffentlicher Nahverkehr sowie begrenzte Einschränkungen für Diesel-Besitzer – Ideen gibt es aktuell viele, um das Problem zu lösen. 60 Prozent der Stickoxide werden durch den Straßenverkehr verursacht. Fest steht, dass die Luft sauberer werden muss und künftig weniger Stickoxide enthalten soll. Doch wie ist das zu erreichen und was bedeutet das Urteil für die Stormarner?


Wie sieht die aktuelle Situation aus?
In knapp 70 deutschen Städten – überwiegend in Großstädten wie Hamburg, Stuttgart und Köln – sind die Stickoxidwerte zu hoch. „In Schleswig-Holstein ist die Belastung der Luft durch Stickstoffoxid im vergangenen Jahr gesunken“, teilt das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung auf Abendblatt-Anfrage mit. Allerdings: Das subjektive Gefühl vieler Stormarner sagt häufig etwas anderes. Insbesondere zu Stoßzeiten im Pendlerverkehr kommt es auch in Städten wie Ahrensburg und Bargteheide sowie an den Auf- und Abfahrten der Autobahn 1 häufig zu Staus mit entsprechenden Emissionen.


Wer ist für die Messungen verantwortlich und wo wird gemessen?

Die Luftschadstoffkonzentration wird vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) ermittelt. In Schleswig-Holstein gibt es ein Netz aus 19 Messstationen. Im Kreis Stormarn steht eine dieser Stationen, und zwar in Barsbüttel.


Wird auch individuell gemessen?
Ja, mit mobilen Passivsammlern wird an besonders befahrenen Hauptverkehrsstraßen gemessen. Im Kreis Stormarn wurde bereits in Ahrensburg (2012), Bad Oldesloe (2001), Bargteheide (2004), Oststeinbek (2002) und Reinbek (2001) gemessen. „Es gab keine Hinweise auf eine erhöhte Feinstaub-Konzentration“, sagt Heike Mayer, Mitarbeiterin des LLUR.


Mit solchen Messgeräten kann die Schadstoffbelastung in der Luft bestimmt werden
Mit solchen Messgeräten kann die Schadstoffbelastung in der Luft bestimmt werden © dpa | Ina Fassbender

Wo liegen die gesetzlich festgelegten Grenzwerte?
Die Grenzwerte liegen bei einem Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft. Nur vereinzelt kommt es in Schleswig-Holstein an Verkehrsschwerpunkten zu einer Überschreitung der Grenzwerte: in Kiel am Theodor-Heuss-Ring sowie in Norderstedt in der Ohechaussee. Dort sind die Messewerte 2017 von 44 auf 39 Mikrogramm gesunken. Bei Überschreitung der Werte müssen Luftreinhaltepläne wie bereits in Kiel, Ratzeburg, Norderstedt und Itzehoe aufgestellt werden. Im Kreis Stormarn wurde ein Überschreiten des Grenzwerts bisher nicht festgestellt.


Welche Folgen hat ein mögliches Fahrverbot?
Entscheidet das Bundesverwaltungsgericht für Fahrverbote, wären diese dann in jeder Stadt möglich, in der Grenzwerte überschritten werden. Allerdings sind es immer Einzelfallentscheidungen. In Stormarn ist der Kreis als Straßenverkehrsbehörde für die Anordnung von Verbotszonen zuständig. Meist sind stark befahrene Bundes- oder Landstraßen betroffen, für die der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in Lübeck zuständig ist.


Kann auch jede Kommune etwas gegen die Luftbelastung unternehmen?
Ja, viele Städte und Gemeinden haben bereits ein Klimaschutzkonzept erarbeitet. Dazu gehört es auch, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Angebote wie Mitfahrbänke und Carsharing werden diskutiert. Auch die Zahl der Ladesäulen für Elektroautos ist kreisweit auf mehr als 35 angestiegen. Immer mehr städtische Fahrzeuge werden ausgetauscht. So gibt es in Reinbek nur noch ein Dieselfahrzeug, in Ahrensburg sind es noch sieben. Die Kreisverwaltung hat bereits zwei Elektro-Fahrzeuge im Einsatz.


Welche gesundheitlichen Schäden kann Stickoxid verursachen?
„Es gibt einen direkten, unzweifelhaften Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und der steigenden Zahl an Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen“, sagt Professor Klaus Rabe, ärztlicher Direktor der LungenClinic in Großhansdorf. Eine hohe Stickoxid-Konzentration belaste immer die Lungenfunktion. Rabe warnt allerdings davor, Stickoxid isoliert zu betrachten. Das sei nur ein Produkt in einem schädlichen Prozess. „Für eine langfristige Luftverbesserung steht jeder einzelne Bürger in der Verantwortung, seine eigene Verhaltensweise zu überprüfen“, so Rabe.


Wo kann ich mich über die Luftqualität informieren?

Eine Übersicht zur Luftqualität ist im Internet unter www.luft.schleswig-holstein.de zu finden. Daten zur bundesweiten Entwicklung unter www.bundesumweltamt.de/themen/luft