Ammersbek. Ammersbeker Grüne schlagen Alarm, weil sie zu wenig Kandidaten finden. Auch CDU, SPD und FDP haben an einigen Orten Schwierigkeiten.

Die Grünen in Ammersbek befürchten, am 6. Mai nicht zur Kommunalwahl antreten zu können. Der Grund: Sie haben zu wenig Kandidaten für die Wahlliste. „Bisher sind wir nur zu dritt“, sagt Gemeindevertreterin Angelika Schmidt. „Wir brauchen aber mindestens zehn Personen – einen Kandidaten und einen Vertreter für jeden der fünf Wahlbezirke in Ammersbek“, sagt die 69-Jährige.

Auch SPD, CDU und FDP kennen solche Probleme. Vor allem in den kleineren Orten auf dem Land sei es manchmal schwierig, genügend Kandidaten für die Partei zu finden, heißt es aus den Kreisverbänden. „Wir haben einige Gemeinden in Stormarn, in denen es schon länger keine SPD mehr gibt“, berichtet die SPD-Kreisvorsitzende Susanne Danhier. „Zum Beispiel in Hammoor und Jersbek.“ Dort hätten sich die verbliebenen SPD-Mitglieder Wählergemeinschaften angeschlossen.

Vielen Ehrenamtlern ist die Arbeitsbelastung zu hoch

„Immer weniger Menschen haben Lust, sich politisch zu engagieren und sich dafür auch noch beschimpfen zu lassen“, sagt die Bargteheiderin. Während sich Kommunalpolitiker früher höchstens mal auf der Straße für eine Entscheidung rechtfertigen mussten, werden sie heute immer häufiger in Internet-Portalen an den Pranger gestellt – und dort massiv beschimpft und beleidigt.

Besonders schwierig sei es, Kandidaten im Alter von 30 bis Anfang 40 zu finden, sagt Danhier. „Wir haben viele Jusos, aber danach kommen der Beruf und die Familiengründung. Dann engagieren sie sich lieber im Sportverein, weil ihr Kind dort Fußball spielt.“ Das mache sich vor allem auf dem Land bemerkbar. Eine Ausnahme stellten Orte dar, in denen etwas passiere. „In Rehhorst zum Beispiel ist die Idee entstanden, einen Kindergarten zu bauen“, sagt Danhier. „Dann fangen die Menschen wieder an, sich politisch zu engagieren.“ In Städten und größeren Gemeinden Stormarns sehe die Situation besser aus.

In Heilshoop gibt es keinen CDU-Ortsverband mehr

„Es wird schwieriger, Kandidaten für die Kommunalwahl zu finden“, sagt auch Alexander Schröter, Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes. Denn die Arbeitsbelastung für Gemeindevertreter und Ausschussmitglieder nehme aufgrund steigender bürokratischer Anforderungen zu. „Dadurch springen Ehrenamtler ab und die Belastung für die Verbliebenen steigt, weil die Arbeit auf noch weniger Schultern verteilt wird. Ein Teufelskreis“, sagt Schröter. Er könne verstehen, dass es ehrenamtlichen Politikern zu viel werde, wenn sie an drei Abenden pro Woche Sitzungen hätten. Hinzu komme das gesellschaftliche Phänomen, dass sich immer weniger Menschen ehrenamtlich engagieren wollten. „Das Problem kennen ja auch die Feuerwehr und Sportvereine, die keine Trainer mehr finden.“

Die Christdemokraten hätten aus diesen Gründen bei der Kommunalwahl 2013 bereits einige Orte in Stormarn aufgeben müssen, in denen es keine CDU-Ortsverbände mehr gibt – zum Beispiel Heilshoop, Neritz und Hamfelde. „Dort werden wir dieses Mal wieder nicht antreten können“, sagt Schröter. In einigen anderen Ortsverbänden müssten in den kommenden Wochen noch Gespräche geführt werden, da es noch Unklarheiten über die Kandidaten gebe. Welche Gemeinden betroffen sind, will Schröter aber nicht sagen.

Die Grünen wollen bei einem Info-Nachmittag überzeugen

Anita Klahn, FDP-Kreisvorsitzende, sagt: „Wir werden in einigen Gemeinden erneut keine Kandidaten aufstellen können.“
Anita Klahn, FDP-Kreisvorsitzende, sagt: „Wir werden in einigen Gemeinden erneut keine Kandidaten aufstellen können.“ © HA | FDP

Auch die FDP braucht noch Kandidaten. Die Partei habe kreisweit nur in den zentralen Orten eigene Ortsverbände mit unterschiedlicher Mitglieder- und Kandidatenlage, sagt die Kreisvorsitzende Anita Klahn. Wer seinen Heimatort künftig selbst mitgestalten wolle und das mit liberalen Werten, dürfe sich gern zeitnah melden. Gesucht werde etwa in Trittau, Barsbüttel, Oststeinbek und Glinde. „In den Bezirksverbänden Großhansdorf-Hoisdorf-Siek und Nordstormarn können wir zwar Mitgliederzuwächse verzeichnen, aber wir werden in einigen Gemeinden wie zum Beispiel in Reinfeld erneut keine Kandidaten aufstellen können.“

Die Grünen in Ammersbek hoffen, ihr Aus noch abwenden zu können. Morgen lädt die Partei zu einer Diskussionsrunde unter dem Titel „Grüne Politik in Ammersbek – wer macht mit?“ ein. Los geht es um 15 Uhr im Pferdestall (Am Gutshof 1) in Hoisbüttel. „Das ist der letzte Versuch, doch noch Kandidaten zu akquirieren“, sagt Benjamin Stukenberg, Kreisvorsitzender der Grünen. Denn bis zum 12. März müssen die Vorschläge beim zuständigen Wahlleiter eingereicht werden.

Grüne wünschen sich junge Menschen in der Partei

„In unseren anderen Ortsverbänden sieht es relativ gut aus für die Wahl“, sagt Stukenberg. Kreisweit wächst die Zahl der Mitglieder der Grünen. Sie hat inzwischen die 200er-Marke übersprungen. „Trotzdem bleibt es für kleinere Orte eine große Herausforderung, wenn plötzlich mehrere Mitglieder auf einmal wegfallen.“

Und das ist in Ammersbek der Fall. In den vergangenen Jahren sind mehrere Grüne aus dem Ort weggezogen, andere wollen aus beruflichen oder Altersgründen nicht erneut kandidieren. Einige sind laut Angelika Schmidt auch mutlos angesichts der schlechten personellen Lage. „Das ist so schade“, sagt sie. „Denn Kommunalpolitik ist etwas Besonderes. Hier geht es um die Gestaltung des eigenen Lebensumfeldes und darum, Verantwortung zu übernehmen.“ Sie selbst ist seit sechs Jahren politisch aktiv und stehe zumindest für die ersten zwei Jahre der neuen Legislaturperiode noch zur Verfügung. Zudem haben Tim Grevenitz (bisher bürgerliches Mitglied im Ausschuss für Soziales, Bildung und Kultur) und Nick Tomasicchio ihre Unterstützung zugesagt.

„Man bekommt in der Gemeinde, in der man lebt, die Entscheidungsprozesse mit“, sagt Schmidt. „Das ist doch toll.“ In Ammersbek engagierten sich die Grünen zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe und für den Erhalt alter Bäume. „Wir wünschen uns vor allem neue Mitglieder in den 30ern, 40ern oder auch ganz junge Menschen“, sagt Schmidt. „Deren Stimmen fehlen in der Ammersbeker Gemeindepolitik bisher, auch in den anderen Parteien.“

So wird aufgestellt

Für jeden Wahlbezirk können Parteien und Wählergemeinschaften zwei Kandidaten aufstellen – sie müssen es laut Michael Nehring, Büroleiter im Ammersbeker Rathaus, aber nicht. „Wenn eine Partei beispielsweise nur in zwei von fünf Wahlbezirken Kandidaten hat, verringert das allerdings ihre Chancen, weil sie dann in den nicht besetzten Bezirken keine Stimmen bekommen kann.“

Deswegen seien Einzelkandidaten ohne Partei darauf angewiesen, in ihrem Wahlbezirk ein Direktmandat zu gewinnen. Auch für die Wahlliste gebe es zahlenmäßig keine Vorgaben. Bekommt eine Partei mehr Sitze in der Gemeindevertretung als sie Listenkandidaten hat, verfallen diese.jjd

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