Siek. Politik berät in nichtöffentlichen Sitzungen. Verunsicherte Bürger fragen beim Kreis nach. Bürgermeister will Experten zu Rate ziehen.
Es ist ein heikles Thema, das in Siek lieber hinter verschlossenen Türen behandelt wird. Die Gemeinde südlich von Großhansdorf könnte wegen ihres Salzstocks in 800 Metern Tiefe als Endlager für hochradioaktiven Atommüll geeignet sein. Die Ortspolitik hat darüber bislang nur in nichtöffentlichen Sitzungen beraten.
Bürgermeister Arnold Trenner (SPD): „Wir haben davon selbst nur durch eine Bürgeranfrage erfahren, hatten noch keinen Kontakt mit dem Bundesamt.“ Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), wie die Behörde heißt, ist für die Aufsicht der Suche nach einem geeigneten Endlager zuständig. „In der Bevölkerung ist das noch kein Thema“, sagt Trenner. Nur vereinzelt sei er von besorgten Bürgern gefragt worden, ob hier etwas auf Siek zukommen könnte. Konkret sei diese Gefahr jedoch noch nicht. „Aber natürlich wollen wir hier weder ein Endlager für Atommüll noch die damit verbundenen Castor-Transporte.“ Politik und Verwaltung würden sich im kommenden Jahr von Experten beraten lassen, um sich gegen die Auswahl zu wehren, so der Bürgermeister.
Verunsicherte Bürger fragen bereits beim Kreis nach
Allein die theoretische Möglichkeit verunsichert die Menschen in Siek und den umliegenden Gemeinden. Einige haben sich deswegen an den Kreis gewandt. Einer von ihnen ist der Großhansdorfer Gemeindevertreter Reinhard Niegengerd (SPD): „Mir ist zu Ohren gekommen, dass dieses Thema in Siek nur in nichtöffentlichen Sitzungen behandelt wird.“ Deswegen möchte er jetzt vom Kreis wissen, „was Sache ist“, sagt der Politiker. Genauso wie die Sieker Einwohner, die bei der Kreisverwaltung angerufen haben. Doch ein konkrete Antwort kann Stormarn den Menschen nicht geben. „Dafür ist es noch zu früh“, sagt Dietrich Peters, der in der Kreisverwaltung als Fachdienstleiter für Abfall, Boden und Grundwasserschutz zuständig ist. Denn erst im Mai hat der Bundestag das Stadtortauswahlgesetz beschlossen, das die Suche nach einem Endlager für Atommüll regelt. „So müssen unter anderem Bohrungen, die tiefer als 100 Meter gehen, vom Land genehmigt werden“, sagt Peters. Der Gesetzgeber wolle so verhindern, dass Gemeinden die Gesteinsschichten unter sich unbrauchbar für ein Endlager machen.
„Doch bislang sind solche Anträge aus Stormarn noch nicht gestellt worden, beispielsweise um einen Brunnen zu bauen oder für Erdwärmesonden“, erklärt Peters, der auch an dieser Stelle betont, dass man bei der Suche nach einem Standort ganz am Anfang stehe. Das BfE überwacht das Auswahlverfahren. Sprecherin Ina Stelljes sagt: „Die Suche nach einem Endlager ist in drei Phasen geteilt.“ Zunächst sammelt die Bundesgesellschaft für Endlagerung Daten aller geologischen Landesämter, der Bergämter und der Wasserbehörden. Anhand dieser Daten werden Gebiete ausgeschlossen. Beispielsweise kämen Gebiete, in denen Vulkane aktiv waren oder die erdbebengefährdet sind, nicht infrage. Zudem wird geprüft, wo sich in mindestens 300 Metern Tiefe geeignetes Gestein für eine Lagerung befinden könnte. Als geeignet gelten Granit, Salz und Ton. Wobei alle drei Vor- und Nachteile haben. Granit ist zwar ein sehr hartes Gestein, neigt jedoch zu Rissen. Salz ist hingegen weich und könnte die Behälter umschließen. Allerdings darf Salz nicht mit Süßwasser in Berührung kommen, weil es sich sonst löst. Ton hat den Vorteil, dass es nur sehr gering wasserdurchlässig ist. Allerdings kann Ton die Wärme des radioaktiven Mülls nicht so gut ableiten wie Salz oder Granit und könnte so beschädigt werden. Deswegen gibt es laut BfE keinen Favoriten unter den drei Gesteinen.
Auch die Bedingungen über der Erde spielen eine Rolle
Auch das Drumherum müsse betrachtet werden. Das Gesamtpaket sei entscheidend. „In der zweiten Phase werden die Gebiete, die infrage kommen, von über Tage aus betrachtet“, sagt Stelljes. Geplant sind seismische Messungen oder Probebohrungen. Weitere nicht geeignete Gesteinssichten werden ausgeschlossen. Weil die Anlage auch an der Oberfläche Platz benötige, werden auch dicht besiedelte Gebiete ausgeschlossen, genauso wie Naturschutzgebiet oder Kulturdenkmähler. In der dritten Phase sollen dann Erkundungsbergwerke angelegt werden. Nach einer Abwägung soll eine Entscheidung fallen. „Bei jedem Verfahrensschritt bindet das BfE die Öffentlichkeit ein“, sagt Stelljes.
Bis 2031 soll ein Standort bestimmt werden. Ab 2050 könnten dann dort der Atommüll eingelagert werden. Experten gehen davon aus, dass wegen des Atomausstiegs bis 2022 rund 27.000 Kubikmeter hochradioaktiver Abfall aus den Kernkraftwerken anfallen wird.