Bargteheide/Trittau. Die Pastoren in Bargteheide und Trittau wollen dem Rückgang des Engagements von Unterstützern gegensteuern. Wie soll das gehen?

„Die Kirche kann ohne Ehrenamt kaum bestehen – sie funktioniert nur so“, sagt Jan Roßmanek, Pastor in Bargteheide. „Würden alle Angebote von Hauptamtlichen erledigt, wäre das nicht bezahlbar“, ergänzt Anja Botta. Die Pastorin der Kirchengemeinde Trittau sagt: „Ohne ehrenamtliches Engagement könnten wir nur die Kernaufgaben bewältigen.“

116 Gemeinden gibt es im Kirchenkreis-Ost, zu dem Stormarn gehört. Rund 16.000 Ehrenamtliche engagieren sich hier. Im Durchschnitt sind das 138 pro Gemeinde. Es gibt jedoch auch Gemeinden, in denen bis zu 300 Personen aktiv sind. Doch auch ehrenamtliche Tätigkeiten unterliegen Veränderungen.

Frauen sind beim kirchlichen Ehrenamt aktiver als Männer

„Früher war das selbstverständlich. Damals backten die Frauen Kuchen und kochten Kaffee bei Festen, die Männer saßen in den Ausschüssen. Das ist heute nicht mehr unbedingt so verteilt“, sagt der Pressesprecher des Kirchenkreises Hamburg-Ost, Remmer Koch. Heute leisteten mehr Frauen als Männer diese Arbeit. Sie leiten Musik- oder Kindergruppen. Betreuen Senioren und organisieren Gemeindetage. Auch das Vorbereiten von Festen und Kinoabenden, St.-Martins-Umzügen, das Krippenspiel oder Lichtbildvorträgen zählen dazu. Auch übernähmen einige Frauen mehr als nur eine Aufgabe.

Kirchen verzeichnen einen Rückgang beim Ehrenamt

Bis zum Jahr 2009 war die Zahl der Ehrenamtlichen noch gestiegen, doch inzwischen verzeichne die Kirche einen Rückgang dieses Engagements. „Wenn früher eine Zusage für Jahre nicht hinterfragt wurde, so möchten sich heutzutage vor allem die jüngeren Menschen nur zeitweise für Projekte engagieren. Denn viele wollen sich nicht mehr auf Dauer festlegen“, sagt Remmer Koch. Das bestätigen die Geistlichen Anja Botta und Jan Roßmanek. Die evangelische Kirche Deutschland beschäftigt sich deshalb seit 2015 intensiv mit dem Thema, den neuen Anforderungen an das Ehrenamt gerecht zu werden. Mit der eigenen Website www.evangelisch-eheramt.de hat sie hierzu bundesweit eine Diskussion angestoßen.

Die Kirchenverfassung schreibt einen festen Anteil ehrenamtlicher Helfer in der Kirchenarbeit vor. „Allein im Kirchengemeinderat muss mehr als die Hälfte der Mitwirkenden von Ehrenamtlichen bestückt werden“, sagt Remmer Koch dem Abendblatt. Ähnlich sieht es in den Gremien und Ausschüssen aus. Auch hier müssen die Gruppen mindestens zur Hälfte aus Ehrenamtlichen bestehen. „Das ist das Selbstverständnis der Kirche. Kirche ist die Gemeinschaft aller, daher soll die Gemeinde ein Mitspracherecht haben“, so Koch.

Pensionierungswelle wird die Situation 2030 verschärfen

Sicher sei leider, dass kirchliche Strukturen auf Sicht nicht mehr funktionierten wie bisher, setzt sich die negative Entwicklung fort. „Auch, wenn es bisher immer noch ganz gut klappt.“ Anja Botta sieht einen gesellschaftlichen Wandel als Ursache für die aktuelle Entwicklung. Teil dessen sei auch die Einstellung zur Kirche bei vielen Menschen. Das sei auch an den sinkenden Zahlen der Mitglieder in den Gemeinden ablesbar. Die Kirche steuere aber auch dagegen, um Menschen für das Amt zu motivieren. Zum Beispiel mit Seminaren. Anja Botta sagt: „Es ist wichtig, einen wertschätzenden Umgang zu pflegen. Das Ehrenamt ist an vielen Stellen schon zu selbstverständlich geworden.“

Doch die Kirche hat noch andere Sorgen, wie Anja Botta berichtet. Auch beim Personal zeichneten sich deutliche Veränderungen ab. Für das Jahr 2030 werden „große Einschnitte“ erwartet, wie es heißt. „Da kommt eine große Pensionierungswelle auf uns zu. Wir werden dann voraussichtlich nur noch die Hälfte der Pastoren haben“, so Anja Botta. Der Kirchenkreis Hamburg-Ost hat aufgrund dieser Entwicklungen mit elf Pastoren das Projekt „U 45“ ins Leben gerufen. Die Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, „mit weniger Energie mehr zu bewegen“. Welche Auswirkungen das auf das kirchliche Gemeindeleben haben wird, sei aber noch unklar.