Lübeck/Bargteheide. Der Bargteheider Sven S. hat nach Überzeugung des Gerichts seine Ex-Freundin heimtückisch erschossen. Dafür wurde er jetzt verurteilt.

Er hat seine Ex-Freundin getötet, weil sie ihn nicht mehr liebte: Sven S. ist vom Landgericht Lübeck zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Für die Richter steht fest: Der Bargteheider lockte Svea T. in eine Falle und richtete sie dann kaltblütig mit drei Schüssen hin.

Es ist Mittwochvormittag. Im Gerichtssaal vor der I. Großen Strafkammer im Dachgeschoss des Lübecker Gerichtsgebäudes haben sich Freunde und Angehörige versammelt, Journalisten, ein Filmteam. Es ist der letzte von dutzenden Verhandlungstagen im Fall „Sven S.“. Als der Vorsitzende Christian Singelmann den Raum betritt, wird es auf der Stelle still. Ohne Umschweife verkündet der Richter das Urteil. Sven S. muss für lange Zeit ins Gefängnis. Für den heimtückischen Mord an Svea T. in Tateinheit mit unerlaubtem Waffenbesitz und dem Führen einer Schusswaffe bekommt der Bargteheider eine lebenslange Freiheitsstrafe. Früheste Möglichkeit auf Bewährung: in 15 Jahren. Es ist die höchste Strafe, die das deutsche Strafgesetzbuch vorsieht.

Alles erfunden, so sieht es das Gericht

So klar das Urteil, so deutlich auch die erklärenden Worte von Richter Singelmann: „Bis zuletzt hat der Angeklagte den Anschein erwecken wollen, dass es ein Unfall war.“ Sven S. hatte behauptet, dass sich die Schüsse aus dem Revolver aus Versehen lösten, als er sich das Leben nehmen wollte und Svea T. ihn dabei überraschte. Alles erfunden, so sieht es das Gericht.

So belegte ein ballistisches Gutachten, dass das Opfer erst von einer Kugel und aus nächster Nähe in den Arm getroffen wurde, anschließend zu Boden sackte. Dann feuerte Sven S. zwei jeweils tödliche Schüsse ab. „Sie hatte keine Möglichkeit zu entkommen“, so Singelmann. Dadurch ergab sich das erste Mordmerkmal: Heimtücke. Das zweite ergab sich durch den profanen Grund für die Tat: Svea T. musste sterben, weil sie sich endgültig von ihrem späteren Mörder trennen und den Kontakt abbrechen wollte. Das war der Zeitpunkt, als sich Sven S. entschloss, die lebensfrohe Bargteheiderin umzubringen. Das Gericht sieht hierin „niedrige Beweggründe“.

Sven S. wollte die Zurückweisungen nicht akzeptieren

Der Mord ist der grauenhafte Gipfel eines Martyriums, das sowohl Svea T. als auch ihre Eltern lange Zeit durchleben mussten. Nach der Trennung folgten Beleidigungen, Morddrohungen. Mehrfach wurde Sven S. angezeigt. An einem Tag im Frühjahr 2016 nahm der schon mehrfach verurteilte Straftäter der jungen Frau Handy und Schlüssel ab, wollte sie nicht mehr gehen lassen. Unter einem Vorwand konnte sie sich befreien und erhielt ihre von S. „beschlagnahmten“ Habseligkeiten nur mithilfe eines Polizisten zurück. An einem anderen Tag verfolgte Sven S. seine zu Tode geängstigte Ex-Freundin mit seinem Van bis nach Hammoor und nötigte sie zum Anhalten.

Und trotzdem schaffte es der Angeklagte immer wieder, Kontakt mit dem späteren Opfer aufzunehmen. Sie chatteten zeitweise fast täglich über Whats­App und sie erledigte Einkäufe für ihn. Doch eine Beziehung war es nicht. Jedenfalls nicht für Svea. Als sie ihrem Ex-Freund dann einige Tage vor der Tat schrieb, sie schaffe das alles nicht mehr und dass sie „künftig getrennte Wege gehen sollten“, war das wohl ihr Todesurteil. Der von einer Gutachterin als äußerst besitzergreifend und manipulativ beschriebene Sven S. wollte die Zurückweisung nicht akzeptieren.

Der Richter zitiert Drohungen und Beschimpfungen

Es ist nicht nur die brutale Tat an sich, die schockiert. Immer wieder ist aus den Besucherreihen vereinzelt Stöhnen zu hören, wenn der Richter eine der widerlichen Beschimpfungen oder Drohungen aus den Chatverläufen verliest. Die Details seines Verhaltens sind schwer zu ertragen. Beide Ex-Freundinnen von Sven S. hatten vor Gericht ähnliche Erlebnisse mit dem aggressiven Bodybuilder geschildert. „Es gab immer mal wieder Ohrfeigen aus nichtigen Gründen“, zitiert Richter Singelmann aus den Aussagen.

Mehr als 100 Anzeigen hätten die Ex-Freundinnen insgesamt erstattet. Doch das hatte offenbar nie einen nennenswerten Effekt. So stellt sich unweigerlich die Frage, ob der Tod der lebensfrohen Frau, die viele Freunde hatte, von ihren Kollegen auf dem Erdbeerhof Glantz geschätzt wurde, hätte verhindert werden können. „Von Anzeigen, Kontaktverboten oder Besuchen der Polizei ließ sich S. nie beeindrucken“, stellte Singelmann fest. Die Beziehung mit Svea T. sei ein Abbild seiner vorigen Partnerschaften gewesen. Doch diese letzte endete tödlich.

Sven S. folgte der Urteilsbegründung nahezu regungslos, wie schon dem gesamten Verfahren. Keine mündliche Entschuldigung, kein Bedauern. Den Eltern bleibt die Genugtuung, dass der Mord mit der Maximalstrafe gesühnt wird. Doch ihr Kind wird das nicht zurückbringen. Nach dem Ende der Verhandlung brachen die Eltern und einige von Sveas Freundinnen in Tränen aus, umarmten sich. Erleichtert darüber, dass der Prozess nach mehr als einem Jahr endlich ein Ende gefunden hat – und Sven S. für lange Zeit nicht mehr auf freiem Fuß sein wird.