Ahrensburg. Wegen Beleidigung angeklagter Großhansdorfer erscheint erneut nicht vor Gericht. Staatsanwalt pädiert für Strafe auf Bewährung.
Es wirkt wie ein Versuch, zum Ende des Gerichtsverfahrens einem Urteil zu entkommen. Erwin T. (Name geändert), der sich seit Mai wegen Beleidigung vor dem Amtsgericht in Ahrensburg verantworten muss, ist erneut nicht zu seinem Verhandlungstermin gekommen. Wie beim vorherigen Mal ordnete Richter Paul Holtkamp eine Vorführung an, doch die Polizei konnte den Angeklagten nicht an seiner Wohnanschrift in Großhansdorf antreffen.
So hielt Staatsanwalt Jens Buscher in Abwesenheit des Angeklagten sein Plädoyer, in dem er eine zehnmonatige Haftstrafe für den 58 Jahre alten Erwin T. forderte, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Rund eine Stunde dauerte der Vortrag des Anklägers, der auf alle 15 Anklagepunkte einging und begründete, warum T. die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten habe. Auf die hatte sich der Großhansdorfer immer wieder berufen.
Angeklagter verwies auf Recht zum Gegenschlag
Es wurde deutlich, wie schnell Menschen ins Visier von Erwin T. geraten können. So sind insbesondere Anwälte, die T.s Gegner in diversen Zivilverfahren vertreten haben, zu Zielen des Pöblers geworden. Genauso erging es Richtern, die nicht zugunsten von Erwin T. entscheiden haben. Unter anderem wurde ein Anwalt, der T.s Erzfeind, einen Ahrensburger Internetblogger, vertreten hatte, massiv diffamiert und beleidigt. In Briefen bezeichnet T. den Juristen als Verbrecher und unterste Stufe der Menschheitsentwicklung.
Im Verfahren verwies der Angeklagte auf sein Recht zum Gegenschlag, da der Anwalt zuvor ihn beleidigt habe. „Diese Schreiben wollte der Angeklagte nachreichen, doch das ist nie passiert“, sagte der Staatsanwalt.
Buscher: „Macht er so weiter, droht ihm Gefängnis“
Bei Erwin T. sei ein Muster zu erkennen. „Passen ihm Entscheidungen von Richtern oder Schreiben von Anwälten nicht, fühlt er sich als Verfolgter und setzt alles mit den Machenschaften im Dritten Reich gleich“, sagte Buscher. „Das ist grotesk und absurd. Es zeigt ein fragwürdiges Geschichtsbewusstsein.“
Bei der Frage, ob die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden könne, habe sich der Staatsanwalt schwer getan. Einsicht in das eigene Fehlverhalten sei bei T. nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Im Prozess beschimpfte er weiter Zeugen als Nazis.
T. war 2014 bereits wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nur wenige Monate später habe er erneut andere Menschen beleidigt. Buscher sprach von einem „komplett nicht vorhandenen Unrechtsbewusstsein“.
Dennoch sah der Ankläger eine Möglichkeit für Bewährung. „Er bekommt erstmals eine Freiheitsstrafe. Macht er so weiter, droht ihm Gefängnis, was ein gutes Druckmittel ist.“ Der Prozess soll am 8. Dezember fortgesetzt werden.