Ahrensburg. Unterkünfte könnten durch Familiennachzug knapp werden. Stadt sucht bereits nach Grundstück für Neubau. Kreis sieht keine Probleme.
Obwohl im Moment gähnende Leere in vielen Containern der Ahrensburger Flüchtlingsunterkunft am Kornkamp herrscht, weil nur 31 von 120 Plätzen belegt sind, könnte sich die Situation im kommenden Jahr schnell ändern. Die Stadt Ahrensburg geht davon aus, dass dann nicht mehr ausreichend Plätze zur Verfügung stehen und ist auf der Suche nach einem Grundstück für eine neue Unterkunft. Michael Cyrkel, Fachdienstleiter im Amt für Soziale Hilfen, sagt: „Wir gehen davon aus, dass 124 neue Flüchtlingen und Familiennachzügler im Jahr 2018 zu uns kommen. Nach der Quote wären es sogar 159.“ In der Verwaltung werde für das kommende Jahr mit der Aufnahme von 6000 neuen Flüchtlingen und dem Familiennachzug von 8000 Angehörigen in ganz Schleswig-Holstein gerechnet. Davon müsste der Kreis Stormarn 8,4 Prozent aufnehmen, was insgesamt rund 1200 Menschen entspricht, sagt Cyrkel. Das Kieler Innenministerium wollte die Zahlen nicht kommentieren.
Familiennachzug ist nur schwer kalkulierbar
Der Nachzug von Familienangehörigen ließe sich jedoch nur schwer kalkulieren, so Cyrkel. Denn diese zögen zu ihren direkten Angehörigen und würden nicht per Quote verteilt. Um den Bedarf besser abschätzen zu können, habe die Stadt deswegen die in Frage kommenden Flüchtlinge befragt, rechne so mit einem Nachzug von 56 Personen im kommenden Jahr. „Das wissen wir aber nur von ,unseren’ Flüchtlingen“, so Michael Cyrkel. Wer anerkannter Flüchtling sei, dürfe sich in ganz Schleswig-Holstein eine Wohnung suchen und bekomme diese bei Bedarf vom Jobcenter bezahlt. Sie fielen dann jedoch aus der Betreuung der Stadt oder Gemeinde.
„Wenn sie zu uns ziehen, wissen wir das erst einmal gar nicht“, so der Fachdienstleiter. Erhält die Familie nun ein Visum, wird binnen Tagen oder Wochen eine größere Bleibe benötigt. „Erst dann kommen sie zu uns und wir müssen sie in der Regel wieder in einer Notunterkunft unterbringen“, sagt Cyrkel. Dies gehe meist nur kurzfristig, da das Jobcenter erst dann eine größere Unterkunft bezahle, wenn das Ankunftsdatum der Familie, zum Beispiel durch Buchung der Flugtickets, bekannt sei. Dabei sei Ahrensburg als Mittelzentrum und wegen seiner Nähe zu Hamburg offenbar beliebt, ohne dass es dafür belastbare Zahlen gebe.
Merh als 500 Personen sind in den Unterkünften der Stadt
Hinzu komme ein weiteres Problem, so der Fachdienstleiter: Wegen des angespannten Wohnungsmarktes in Ahrensburg sei es schwierig, bereits hier lebende Flüchtlinge, Asylbewerber und auch von Obdachlosigkeit Bedrohte auf dem Wohnungsmarkt unterzubringen. „Deswegen bleiben sie viel länger in unseren Unterkünften, als wir gedacht haben“, sagt er. Die Folge: Aktuell sind nur 89 Plätze frei. Außerdem muss eine Unterkunft mit 25 Plätzen auf dem Gelände der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule wahrscheinlich Ende nächsten Jahres geräumt werden, „weil die Schule erweitert werden soll.“
Deswegen suche Ahrensburg nach einem passenden Grundstück im Eigentum der Stadt, um eine Unterkunft nach dem Modell der Holzhäuser am Ahrensburger Kamp zu errichten. „Dafür sind 550.000 Euro im Haushalt für das nächste Jahr vorgesehen“, sagt Cyrkel. Ein möglicher Standort sei jedoch noch nicht absehbar.
Aktuell leben in Ahrensburg mehr als 500 Personen in Unterkünften der Stadt. Der größte Teil von ihnen sind Flüchtlinge. Bis Anfang November dieses Jahres sind 41 Flüchtlinge und 32 Familiennachzügler hinzugekommen. „Die werden auf die Quote angerechnet, deswegen haben wir im Moment unser Soll um elf Personen übererfüllt. Alles Nachzügler“, so Cyrkel. Deswegen rechne er damit, dass mindestens 124 Personen nach Stormarn kommen, vielleicht sogar die der Quote entsprechenden 159. „Dann reichen unsere Kapazitäten selbst mit einem Neubau nicht“, sagt Michael Cyrkel.
In der Kreisverwaltung sieht man noch keine Engpässe
Während die Kapazitäten in Ahrensburg also knapp zu werden drohen, sieht der Kreis Stormarn derzeit noch keine Probleme. Edith Ulferts, Fachbereichsleiterin für Soziales, sagt: „Wenn Flüchtlinge zu verteilen sind, können sich Kommunen um die Aufnahme bewerben.“ Daher könne der Kreis diese im Moment dort zuteilen, wo Quoten noch nicht erfüllt wurden und Plätze vorhanden sind. Die Kommunen seien mitunter froh, so ihre Kapazitäten besser auslasten zu können.
Wie sich der in diesem Jahr einsetzende Nachzug in 2018 entwickle, ließe sich jedoch kaum prognostizieren. Sie erwähnt zwei weitere Unsicherheitsfaktoren: Die andauernde Krise im Nahen Osten und die Regierungsbildung in Berlin. „Die Nachzugssperre für die Familien von Flüchtlingen, die subsidiären Schutz genießen, wie das im Moment auf die meisten Syrer zutrifft, läuft im März kommenden Jahres aus“, sagt Ulferts. Ob sie verlängert wird, ist Teil der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen.