Reinbek. Amselstieg-Anwohner sind genervt von Temposündern und falsch geparkten Autos. Die neue Bürgerinitiative legt Findlinge auf Grünflächen.

Hunderte Fotos hat Marina Walter in den vergangenen Jahren schon gemacht und damit ihr Dilemma und das ihrer Nachbarn dokumentiert. Auf ihnen sind Autos zu sehen, die den Amselstieg im Reinbeker Stadtteil Ohe zuparken – inklusive der Grundstücksauffahrten. Genauso ärgert die Anwohner, dass viele Autos dort zu schnell unterwegs sind. Die Straße ist als verkehrsberuhigter Bereich deklariert und damit eine sogenannte Spielstraße. Hier gilt Schrittgeschwindigkeit.

Seit 2004 setzen sich die Betroffenen für eine Verbesserung der Situation ein, haben Lösungsvorschläge gemacht, die von der Stadt aber nicht umgesetzt wurden. Jetzt haben Walter und ihre Mitstreiter eine Bürgerinitiative gegründet, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen – und bereits selbst Hand angelegt im Kampf gegen Verkehrsrowdys. Einige haben Findlinge auf den Grünstreifen am Gehweg platziert und legen den Autos somit Steine in den Weg.

Walter zeigte mehrere Falschparker an

„Zumindest größere Fahrzeuge passen da nicht mehr hin“, sagt Walter. Die 57-Jährige hat den Bereich vor ihrem Haus bepflanzt. Das darf sie, weil die Übersetzerin eine Grünpatenschaft übernommen hat. In der Vergangenheit hat Walter mehrere Falschparker angezeigt. Genervt ist auch Nachbar Dietmar Schulz (57). Er sagt: „Es wären beinahe Kinder angefahren worden.“ Er fühle sich von der Stadt im Stich gelassen. Ein weiteres Problem nennt Annette Görn (40), Maschinistin bei der Oher Feuerwehr: „Wenn alles zugeparkt ist, kommen hier keine Rettungsfahrzeuge durch. Görn hat drei Kinder. Sie sagt: „Am Abend, wenn die Fußballer den gegenüberliegenden Sportplatz nutzen, lasse ich den Nachwuchs nicht mehr allein auf die Straße.“

Im Amselstieg gibt es 16 Häuser. Die Straße ist zugleich Durchfahrt zur Sportanlage des FC Voran Ohe. 2005 wurde dort eine Kita eingerichtet, 2014 kam der Waldkindergarten hinzu. Die Anwohner klagen, dass sowohl Kita-Eltern und Sportler sowie die Besucher von Veranstaltungen zu schnell unterwegs und für das Parkplatzchaos verantwortlich seien.

Anwohner wünschen sich Steinschwellen

Die Verwaltung veranlasste schon im Dezember 2008 eine Verkehrszählung samt Geschwindigkeitsmessung an 28 Tagen. Das Ergebnis: Im Schnitt waren am Amselstieg 527 Fahrzeuge unterwegs. Der Höchstwert lag bei 879 – an jenem Tag war ein Fußball-Turnier. In dem Rathaus-Schreiben an einen Anwohner heißt es: „Besondere Belastungen durch Sportveranstaltungen an Wochenenden sind aus der Auswertung nicht erkennbar.“

Das wundert Marina Walter. Sie sagt: „Die Zahlen liegen über den empfohlenen maximal 500 Verkehrsbewegungen am Tag.“ Außerdem kam heraus, dass rund 76 Prozent der Autos Richtung Sportgelände mit 15 bis 24 km/h fuhren. Schrittgeschwindigkeit legt die Straßenverkehrsordnung nicht fest. Die Definition ist Gerichten überlassen. Nach ihrer Auffassung orientiert sich das erlaubte Tempo an der Geschwindigkeit eines schreitenden Fußgängers. Je nach Gerichtsauffassung können fünf, sieben oder sogar 15 km/h als Schrittgeschwindigkeit angesehen werden. Untätig war die Stadt nicht. Auch sie platzierte Findlinge, verlegte zudem Matten aus hartem Kunststoff im Kampf gegen Temposünder. „Das hat aber nichts gebracht“, sagt Walter. Die Anwohner wünschen sich Steinschwellen, hätten diese auch aus eigener Tasche bezahlt. Das lehnte die Stadt ab. SPD-Fraktionschef Volker Müller: „Diese Variante hat Nachteile bei Rettungseinsätzen, wenn zum Beispiel Menschen mit Rückenverletzungen transportiert werden. Das haben Betroffene so erzählt.“

Sportverein soll umziehen, neue Wohnungen entstehen

Reinbeks Bauamtsleiter Sven Noetzel sagt: „Der Amselstieg ist kein Unfallschwerpunkt. Ich habe zwar Verständnis für die Anwohner, aber keine Lösung parat.“ Mittelfristig soll der Sportverein umziehen und das Areal für Wohnbebauung genutzt werden. Als Alternative schlagen einige Politiker vor, die Anlage zu erweitern mit einer Halle. „In beiden Fällen sollte es eine Erschließung geben, die den Amselstieg entlastet“, sagt Sozialdemokrat Müller. Die Bürgerinitiative hat Gesprächsbedarf und einen Termin im Rathaus angefragt.