Ahrensburg. Mit einer bewegenden musikalischen Abschiedsfeier für den Pianisten Gottfried Böttger würdigen Wegbegleiter und Fans ihren Freund.
Gottfried Böttger brachte die Menschen zusammen. Mit seiner Musik, mit seinem Herzen. Und das über Generationen, wie die Abschiedsfeier für den am 16. Oktober mit 67 Jahren gestorbenen Ahrensburger im Restaurant Strehl zeigte. Von Sängerin Johanna Zimmermann und Pianist Finn Fleischer (beide 20) über Udo Lindenberg (71) bis zu Trompeter Abbi Hübner (84) erwiesen Dutzende Musikerkollegen ihrem Freund „Gotti“ die Ehre.
Und jeden verband eine persönliche Geschichte mit Böttger, der die letzten sieben Jahre mit seiner Lebenspartnerin Ellen von Spányi (65) in Ahrensburg wohnte. So erinnerte Udo Lindenberg an die „dollen 70er“, in denen beide in Hamburg-Winterhude eine Wohngemeinschaft mit Marius Müller-Westernhagen und Otto Waalkes hatten. „Gottfried war damals mit seinen Ideen ein Pionier“, so Lindenberg, „und er ist auch jetzt ein Pionier, ist uns vorausgegangen.“ Auf das Panik-Orchester habe Gottfried Böttger viel Einfluss gehabt. Auch beim ersten Konzert saß er am Klavier. „Ich hatte zwei Flaschen Doppelkorn im Kopf, aber Gotti meinte hinterher, wir hätten uns gut angestellt“, so Lindenberg. Später setzte er seinen Freund mit einer Zeile im Hit „Andrea Doria“ ein Denkmal: „Gottfried heißt der Knabe, da hinten am Klavier. Und für jede Nummer Ragtime kriegt er’n Korn und’n Bier.“
Lindenberg sang zum Abschied „Mackie Messer“
Zum Abschied sang Lindenberg, der diesmal alkoholfreies Weizenbier trank, „Mackie Messer“, eins von Böttgers Lieblingsliedern: „Ich bin mir ganz sicher, er blickt jetzt auf uns herunter.“ Der Moment hätte ihm gefallen: Den Platz am Klavier übernahm Bendix Böttger, der 18 Jahre alte Sohn. Nach zwei weiteren Stücken mit Lindenberg am Schlagzeug gab’s langen Applaus vom Publikum.
Die Moderation des Abends hatte mit Axel Zwingenberger (62) ein anderer langjähriger Freund übernommen. „Wir wollen Gottfried in einer Art gedenken, die seiner Fröhlichkeit Raum lässt“, sagte Zwingenberger. Dazu passte das große Porträtbild, das Pop-Art-Künstler Kurt Schulzke mitgebracht hatte. Es zeigt Böttger mit einem strahlenden Lächeln. „Das Bild ist vor zehn Jahren anlässlich der Nord-Award-Verleihung in Ahrensburg entstanden“, so Schulzke. Den Preis für charismatische Persönlichkeiten, die den Norden repräsentieren, hatte Böttger damals mit seinen Boogie-Kollegen Zwingenberger und Vince Weber bekommen.
Manisch und Roberto Weiß spielten Zigeunerjazz
Zu den jüngeren Wegbegleitern zählten die Zigeunerjazz-Gitarristen Manusch und Roberto Weiß. In der Sinti-Sprache habe Böttger wegen seiner früheren Lockenmähne einen besonderen Spitznamen bekommen, verriet der 41-jährige Manusch: Die Übersetzung laute „der Haarige“. Die Freundschaft sei über seine Eltern entstanden, habe in schwierigen Zeiten gehalten. „Gottfried war auch für mich da, als es mir nicht gut ging“, so Manusch Weiß.
Zwei weitere junge Kollegen kamen aus Dresden nach Ahrensburg: Mario Meusel (Schlagzeug) und Christian Schöbel (Klavier) vom Duo 2Hot. Der Pianist aus Sachsen hob den Humor seines norddeutschen Kollegen hervor: „Als wir uns bei einer Session in Leipzig zum ersten Mal trafen, war von Anfang an eine tiefe Freundschaft zu spüren – über alle Sprachbarrieren hinweg.“ Zu der für 2018 geplanten gemeinsamen Tour komme es leider nicht mehr.
Schülerin von Böttger reise aus Spanien an
Gottfried Böttgers außerordentliche Hilfsbereitschaft erwähnte Ezio Nori, Eisdielen- und Restaurantinhaber sowie ebenfalls begeisterter Pianist aus Ahrensburg. „Wenn ich gefragt habe, ob er mal wieder spielen könne, war er sofort dabei.“ Das bestätigte Peter Achner vom Verein Rock Kids St. Pauli, den Böttger über Jahre unterstützte.
Sängerin Johanna Zimmermann war extra aus Spanien angereist, wo sie ein soziales Jahr absolviert. Mit dem gleichfalls 20 Jahre alten Finn Fleischer am Klavier interpretierte sie „My Funny Valentine“. Die beiden früheren Stormarnschüler hatten Böttger bei der Ahrensburger Musiknacht kennengelernt und danach Unterricht bei ihm.
Saxofonist Reiner Regel sagt Danke mit „Tears in Heaven“
Mit einem Song, „den Gottfried geliebt hat“, eröffnete die Band „8 to the Bar“ ihre Reminiszens: „Roll Over Beethoven“ vom ebenfalls in diesem Jahr gestorbenen Chuck Berry. „Gottfried war einer der großzügigsten Menschen, hat sich selbst immer im Hintergrund gehalten“, so Gitarrist und Sänger Claas Vogt. Pianist Günther Brackmann ergänzte: „Es ist gut zu wissen, dass da oben jetzt jemand wartet, der etwas von Blues und Boogie versteht.“
Saxofonist Reiner Regel sorgte für einen weiteren bewegenden Moment das Abends: Am Ende von „Tears in Heaven“ wischte nicht nur er sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Zum Abschluss drängten sich nach viereinhalb Stunden neun Musiker auf die kleine Bühne, rockten „Bye-bye“ in den Saal. So laut, als wollten sie sicher sein, dass auch „Gotti“ es hört.