Siek. Das Bundesministerium für Ernährung startet die Kampagne „Macht Dampf“. Im Internet können Speisepläne eingesehen werden.

Die Zahl übergewichtiger Kinder hat sich in den vergangenen 40 Jahren weltweit verzehnfacht. Das besagt eine aktuelle Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO. Vor allem ungesunde, kostengünstige Ernährung habe dazu beigetragen. Zwar stagnieren die Zahlen in den Industrieländern, doch das sei kein Grund zur Entwarnung. Petra Schulze-Lohmann, Ökotrophologin von der Koordinierungsstelle Kitaverpflegung, sagt: „Oft ist die Verpflegung der Kinder an Schulen und Kitas nicht zufriedenstellend.“

Das Abendblatt wollte es genauer wissen, hat nachgehakt. „Es gibt keine Vorgaben, wie das Essen zubereitet werden muss“, sagt Schulze-Lohmann. „Außer den Eltern kontrolliert niemand die Zusammenstellung der Menüs. Vieles hängt mit dem guten Willen der Unternehmen zusammen.“ Das bestätigt auch Jörg Günther vom Fachdienst Gesundheit des Kreises in Bad Oldesloe. Für die Einhaltung der Hygienevorschriften sei das Veterinäramt zuständig, welches die Schulen und Kindergärten in Stormarn regelmäßig überprüft. Doch Speisepläne gehören nicht zum Aufgabengebiet. Eltern bekommen nun jedoch über die Internetplattform „Macht Dampf“ die Gelegenheit, Speisepläne zu checken.

Preise für das Essen liegen zwischen zwei und 3,70 Euro

166 Kindertagesstätten, Ganztags- und weiterführende Schulen kochen sprichwörtlich ihr eigenes Süppchen. Sie bestimmen, wer das Essen liefert oder ob selbst gekocht wird. In Stormarn gibt es eine Vielzahl von Lieferanten. Ob kleiner Partyservice oder großer Caterer – die Auswahl hängt von den örtlichen Begebenheiten ab. Auch die Preise variieren in den Kommunen von aktuell zwei bis 3,70 Euro pro Mahlzeit.

Speiseplan wird vier Wochen lang überprüft

Isst mein Kind in der Tagesstätte oder in der Schule auch genug Gemüse, Getreide und Milchprodukte, Fleisch aber nur in Maßen? Antworten auf solche Fragen können Eltern künftig selbst finden.

Mit der Kampagne „Macht Dampf“ hat das Bundesministerium für Ernährung jetzt eine Plattform eingerichtet. Im Internet gibt es einen Test, der Aufschluss gibt, ob die Ernährung ausgewogen ist.

Der Speiseplan-Check nach den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung wertet das Angebot der Einrichtungen über vier Wochen aus. Die Adresse im Netz: www.macht-dampf.de.

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2007 veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen, 2009 für die in Kindertagesstätten. Diese werden laufend aktualisiert. Doch die Einhaltung dieser Regeln erfolgt freiwillig – eine Zertifizierung ist teuer und wird selten in Anspruch genommen. „Das System geht an den Bedürfnissen der Kinder vorbei“, kritisiert Schulze-Lohmann. Problematisch seien unter anderem Lieferanten, die ihr Essen nicht auf die Anforderungen Heranwachsender abstimmen. Vitamine aus der Nahrung kämen zum Beispiel durch lange Warmhaltezeiten nur in unzureichender Menge bei den Kindern an.

In Bezug auf die Zusammenstellung des Speiseplans haben Ernährungsexperten genaue Vorstellungen: Gemüse, Salat oder Rohkost sollen für die körperliche Leistungsfähigkeit täglich auf dem Speiseplan stehen, Leitungswasser immer verfügbar sein. Als Grundstoff für eine ausgewogene Ernährung kommen Kartoffeln und Getreideprodukte – gern auch als Vollkornvariante – hinzu. Allerdings nicht in Form von industriell hergestellten Kartoffelerzeugnissen wie Pommes oder Kroketten. Milchprodukte und Obst gehören zweimal in der Woche dazu, Fleisch und Wurst hingegen höchstens an zwei Tagen. Bei Fisch ist vor allem Seefisch gesund, da er reich an Omega-3-Fettsäuren ist, genauso wie das Rapsöl, welches zu den „guten“ Fetten zählt.

Menüs für Kinder sind weniger gesüßt und gesalzen

Nach eigenen Angaben arbeitet Meyer Menü nach den Richtlinien der DGE. Er ist einer der größten Caterer im Norden und versorgt täglich 700 Kinder in Stormarn. Bio-Produkte, ausgefeilte Menüpläne und Zertifikate sollen eine gesunde Ernährung garantieren. Um 3 Uhr morgens starten die Vorbereitungen für das Mittagessen, um 8 Uhr rollen die ersten Wagen in Siek vom Hof. Das Essen ist so gegart, dass es auf dem Weg noch „nachziehen“ kann. So bleiben Konsistenz und möglichst auch Vitamine weitgehend erhalten. Neben Kindergärten und Schulen, die ein Viertel der Kunden ausmachen, beliefert Meyer Menü auch Firmen- und Privatkunden. „Für Kinder haben wir eigene Menüs, die nicht so stark gesalzen und gesüßt sind“, sagt Betriebsleiter Dierk Töpfer. Das Essen komme ohne Zusatzstoffe aus, ein Großteil des Fleisches ist aus der eigenen Metzgerei, das Obst ab sofort bio-zertifiziert. „Wir bemühen uns, den Wünschen der Verbraucher nachzukommen“, sagt Töpfer. „Daher sind einige unserer Menüs nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen des Forschungsinstitutes für Kinderernährung in Dortmund zertifiziert und bieten eine optimierte Mischkost für eine gesunde Ernährung.“

Dierk Töpfer sagt, er garantiere seinen Kunden gesunde Produkte
Dierk Töpfer sagt, er garantiere seinen Kunden gesunde Produkte © Melissa Jahn | Melissa Jahn

Doch nicht immer sei das von den Kunden gewünscht. Es gebe Einrichtungen, die sich mehr frittierte Lebensmittel wie Pommes wünschen würden. Dies könne in einer Großküche mit längeren Transportzeiten nicht umgesetzt werden, da sonst die Qualität verloren gehe. Die Auswahl der Wochenpläne erfolge ebenfalls nach den Vorstellungen der Kitas und Schulen. Während einige Einrichtungen auf Obst und Gemüse setzen, dürfen Fleisch und Süßspeisen bei anderen täglich sein. „Wir versuchen unsere Kunden zu beraten“, so der Betriebsleiter. „Da Essen lediglich ein Beiwerk ist, möchten sich viele Leitungskräfte nicht detailliert mit der idealen Ernährung für Kinder auseinandersetzen.“ Bei aller Planung komme es aber auch auf die Akzeptanz der Kinder an, denn nur dann kämen die Nährstoffe auch in ausreichender Menge an. Töpfer: „Unser Essen kann noch so gesund sein. Wenn es den Kindern nicht schmeckt, bedienen sie sich später am Süßigkeitenschrank zu Hause.“

An Bargteheider Schule gehört gute Ernährung zum Alltag

Um besonders gut auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen zu können, stellte die Leitung der Kita Otto-Hahn-Straße in Bargteheide ihre Verpflegung auf die eigene Küche um. Sie folgt einem Trend, den laut Ökotrophologin Schulze-Lohmann wieder einige Kindergärten für sich entdecken. „Wir sehen direkt, was gut ankommt und was nicht“, so Kita-Leiterin Christine Lochter. „Das ist ein enormer Vorteil, den unsere Kinder zu schätzen wissen.“ Zusätzlich sei sie von der Frische des selbst gekochten Essens überzeugt. Nun gebe es knusprige Kartoffelpuffer und frische Salate, die erst kurz vorher zubereitet werden. „Die Kinder erleben bei uns, wie Essen gekocht wird“, so Lochter. „Wenn Zwiebeln gebraten werden, strömt der Geruch durchs Haus. Es gehört zu unserem pädagogischen Konzept, dass das Essen nicht einfach aus der Warmhaltebox kommt.“

Das gefalle auch den Eltern. Viele lobten das Essen und freuten sich auch über das Frühstücksbuffet, welches den Kindern jeden Morgen zur Verfügung steht. Wählen können die Kleinen hier selbst und nach dem jeweiligen Geschmack. Gesunde Ernährung wird so auch für die Kleinsten greifbar.