Ahrensburg. 95 Prozent der Betriebe melden befriedigende bis gute Geschäfte. Auftragsbücher sind voll. Kunden warten teilweise lange auf Termine.

Auf höchstem Niveau – so verläuft das Jahr aus wirtschaftlicher Sicht für die Handwerksbetriebe in Stormarn. Laut Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Lübeck (Städte Kiel, Lübeck, Neumünster; Kreise Herzogtum Lauenburg, Ostholstein, Pinneberg, Plön, Segeberg, Steinburg, Stormarn) ist die Auftragslage so gut wie seit Ewigkeiten nicht mehr.

55 Prozent der Firmen melden für das dritte Quartal dieses Jahres eine gute Geschäftslage, 40 Prozent eine befriedigende und nur fünf Prozent eine schlechte. Vor einem Jahr bezeichneten 50 Prozent ihre Situation als gut, aber sieben Prozent als schlecht. Spitzenreiter bei der Beurteilung der konjunkturellen Lage ist das Ausbauhandwerk, in dem 69 Prozent aller Umfrageteilnehmer von einer guten Situation berichten. Für weitere 30 Prozent laufen die Geschäfte befriedigend und lediglich für ein Prozent schlecht.

Stabile Lage im Bauhauptgewerbe

Fast genauso rosig sind die Aussichten im Bauhauptgewerbe. Dieser Zweig konnte die stabile Geschäftslage aus dem Vorquartal mit 57 Prozent „gut“ und 43 Prozent „befriedigend“ bestätigen. Schlecht ging es niemand. Eine erhebliche Verbesserung verzeichneten für Juli bis September erneut die Handwerke für den gewerblichen Bedarf, zu denen Metallbauer, Gebäudereiniger und Kälteanlagenbauer zählen. Mittlerweile sprechen 92 Prozent der Betriebe von einer befriedigenden bis guten Situation und nur noch acht Prozent von einer schlechten.

Das Dienstleistungshandwerk, zu dem die vielen Frisöre gehören, verbesserte sich im Quartalsvergleich ebenfalls deutlich. 31 Prozent meldeten gute und weitere 50 Prozent befriedigende Geschäfte.

Aufschwung in den Sommermonaten: Nahrungsmittelhandwerk

Nach einer merklichen Verschlechterung im zweiten Quartal ging es für das Nahrungsmittelhandwerk (unter anderem Bäcker und Fleischer) in den Sommermonaten wieder bergauf. 40 Prozent der Betriebe melden eine gute, 47 Prozent eine befriedigende und 13 Prozent eine schlechte Geschäftslage.

Dagegen hat sich die Situation im Kfz-Handwerk zum Vorquartal leicht verschlechtert. Während auf der einen Seite nur noch 23 Prozent gute Geschäfte meldeten, sprachen auf der anderen Seite ebenfalls 23 Prozent von schlechten Geschäften.

Etliche Firmen sind für die nächsten Monate ausgebucht

Günther Stapelfeld, Präsident Handwerskammer Schleswig-Holstein, sagt: „Das Handwerk verzeichnet ein ungebrochenes Konjunkturhoch.“
Günther Stapelfeld, Präsident Handwerskammer Schleswig-Holstein, sagt: „Das Handwerk verzeichnet ein ungebrochenes Konjunkturhoch.“ © HA | privat

Den deutlichsten Rückgang musste das vergleichsweise kleine Gesundheitshandwerk (Augenoptiker, Hörgeräteakustiker, Zahntechniker) verkraften. Nur noch etwa jeder vierte Betrieb blickt auf eine gute Geschäftslage.

Das schmälert den äußerst positiven Gesamteindruck allerdings wenig. „Das Handwerk verzeichnet seit Jahren ein ungebrochenes Konjunkturhoch“, sagt Günther Stapelfeldt, Präsident der Handwerkskammer Schleswig-Holstein. Das habe einerseits mit der Zinsentwicklung der vergangenen Jahre und andererseits mit der guten Beschäftigungslage zu tun. „Sie beeinflusst das Konsum- und Investitionsverhalten der Verbraucher positiv und sorgt für volle Auftragsbücher“, so Stapelfeldt.

Es gibt sogar schon Abwehangebote

Der Kammerpräsident erwartet eine Konsolidierung auf hohem Niveau. Tatsächlich gehen trotz der bereits sehr guten Geschäftslage 17 Prozent der Betriebe von einer erneuten Verbesserung im vierten Quartal aus.

Für die Kunden bedeutet das allerdings: Sie müssen bei Aufträgen weiterhin Geduld haben. Nicht selten dauert es Monate, bis Handwerker freie Termine haben. „Etliche Firmen sind zu“, sagt der Leitende Kreisbaudirektor Klaus Kucinski, der in der Kreisverwaltung ständig mit Auftragsvergaben zu tun hat. „Es gibt sogar schon Abwehrangebote: Am hohen Preis erkennt man, wenn ein Betrieb den Auftrag gar nicht haben möchte.“

Kreisverwaltung nicht vor Absagen gefeit

Für den Bürger, der einmal im Leben ein Haus baue, sei das ungleich schwieriger als für eine große Behörde. „Wir haben in jedem Bereich eine Hand voll Partner, bei denen wir seit Jahren Stammkunde sind“, so Kucinski. Da würden auch kleinere Reparaturen schnell und zuverlässig erledigt.

Allerdings ist selbst die Kreisverwaltung nicht vor Absagen gefeit. So habe ein Kollege von Kucinski vor Kurzem ein Angebot eines Handwerkers einholen wollen. Dort lief nur der Anrufbeantworter: Bis Mai 2018 seien keine Termine mehr frei.

Mehr als die Hälfte der Firmen hat nur ein bis vier Mitarbeiter

19.224 selbstständigeHandwerksunternehmen gibt es in Schleswig-Holstein. Davon waren laut Statistikamt Nord im Jahr 2015 mehr als die Hälfte im Baugewerbe tätig.

Im Ausbaugewerbe (Elektrotechniker, Installateure, Maler/Lackierer, Tischler) arbeiten 41 Prozent der Firmen.

Das Bauhauptgewerbe (Maurer, Zimmerer, Dachdecker, Straßenbau) ist mit 18 Prozent die zweitgrößte Gruppe.

Die Handwerke für den privaten Bedarf (vor allem Friseure, aber auch seltene Gewerbe wie Vergolder oder Hutmacher) folgen mit 14 Prozent. Die wenigsten Handwerker sind im Gesundheits- und Lebensmittelgewerbe tätig.

Mehr als 123.000 Menschen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Hinzu kommen gut 21.000 Minijobber. Einschließlich der Inhaber arbeiten fast 165.000 Frauen und Männer im Handwerk.

57 Prozent der Betriebe sind sehr klein mit ein bis vier Beschäftigten. Weitere 22 Prozent haben fünf bis neun Mitarbeiter. Etwa jede fünfte Firma im Norden kann zehn und mehr Stellen vorweisen.

16,1 Milliarden Euro Umsatz machten die Handwerksunternehmen vor zwei Jahren landesweit. Das war ein Prozent mehr als ein Jahr zuvor. kx

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