Bürger äußern bei einer Versammlung Kritik an den geplanten S4-Lärmschutzwänden im Zentrum und an den Wohraum-Plänen für den Süden.
Wie soll Ahrensburg in Zukunft aussehen? Wie stark soll das Mittelzentrum noch wachsen? Werden sechs Meter hohe S-4-Lärmschutzwände die Stadt zerteilen? Wird es in den Außengebieten hunderte neue Wohneinheiten geben? Fragen wie diese treiben offenbar viele Ahrensburger um, die sich um ihre Stadt Sorgen machen.
So haben rund 200 Bürger die Gelegenheit genutzt, sich auf der Einwohnerversammlung zu informieren, Verwaltung und Politik Fragen zu stellen und Anregungen zu geben. Dies waren mehr als bei vergangenen Einwohnerversammlungen. Insofern war es eine gute Wahl von Bürgervorsteher Roland Wilde (CDU), die Ahrensburger erstmals in den Alfred-Rust-Saal am Wulfsdorfer Weg einzuladen anstatt wie früher in den beengteren Marstall.
Der gute Besuch war sicherlich den beiden Hauptthemen geschuldet, die Wilde auf die Tagesordnung gesetzt hatte und die bereits für Aufregung, Zündstoff und Diskussionen in Ahrensburg gesorgt hatten – der geplante Lärmschutz an der künftigen S-4-Strecke und der vorgesehene neue Flächennutzungsplan für die Schlossstadt.
Pläne der Deutschen Bahn ergeben auch Probleme
Zum Thema Lärmschutz informierten Ahrensburgs Bauamtsleiter Peter Kania und der von der Stadt beauftragte Gutachter Frank Dittmar über die Pläne der Deutschen Bahn und die daraus folgenden Probleme für Ahrensburg. Der Hintergrund: Die Bahn will beim ab 2020 geplanten Ausbau der neuen Bahnlinie S 4 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe bis zu sechs Meter hohe Lärmschutzwände an den Gleisen in Ahrensburg errichten.
„Diese Wände stören und durchschneiden die prägenden und historischen Strukturen und Sichtachsen in der Innenstadt“, sagte Peter Kania. Deshalb und weil sie mit Graffiti besprüht werden könnten, wolle die Stadt sie im Bereich zwischen Bahnhof und Manhagener Allee entlang einer Strecke von 450 Metern unbedingt verhindern. Diplom-Physiker Dittmar informierte über den Schall der durchfahrenden Züge und die Mittel, diesen bei einer Öffnung der Lärmschutzwände in der Innenstadt zu vermindern. Dazu nannte er niedrigere Wände, sogenannte Schienenstegdämpfer und besondere Gleise, die regelmäßig abgeschliffen werden.
Lärmschutzwände entlang elf Kilometer langer Strecke geplant
Auf die Nachfrage eines Bürgers sagte Kania, dass die Lärmschutzwände auf Ahrensburger Gebiet fast lückenlos entlang einer Strecke von elf Kilometern stehen würden. Außerhalb der Innenstadt halte die Stadt die Wände aber für erträglich. „Die Abwägung zwischen Sichtbeeinträchtigung und Lärmschutz fällt für die Stadt für den Letzteren aus“, sagt er auf Abendblatt-Nachfrage. Unbeantwortet blieb jedoch die Frage einer Bürgerin, wie viele Züge genau derzeit und nach dem S-4-Ausbau durch die Stadt fahren würden. „Es werden mehr sein“, konnte Gutachter Dittmar darauf nur antworten.
„Der Lärmschutz ist nicht nötig wegen der S 4, sondern wegen der Zunahme des Güterverkehrs durch die Fehmarnbeltquerung“, meinte ein Einwohner. „Diese Güterzüge brauchen wir hier nicht, es muss eine Alternativplanung geben.“ Dazu sagte Kania: „Die Lärmschutzwände werden durch die S 4 ausgelöst, nicht durch den Güterverkehr.“ Der Bauamtsleiter stellte klar: „Die Stadt will Lärmschutz, aber maßvoll. Wo es keine Wände geben soll, wollen wir einen Schutz mit anderen Mitteln.“
Bürger und Politik haben viele Einwände gegen neuen Flächennutzungsplan
Zum anderen großen Thema des Abends, dem neuen Flächennutzungsplan, gab es einen einleitenden Vortrag des Bauamtsleiters über Bedeutung und Wirkung eines solchen Plans. Derzeit liegt der Entwurf der Verwaltung für einen neuen Plan vor, gegen den viele Bürger und die Politik Einwände erhoben hatten. Peter Kania legte dar, dass Ahrensburg noch Flächen für 356 Wohneinheiten ausweisen müsse, um den vom Land vorhergesagten Wohnraumbedarf bis 2030 zu decken.
Zu diesem Thema meldete sich Jürgen Siemers zu Wort, der Vorsitzende des Bürger- und Grundeigentümervereins (BGV) Waldgut Hagen. Er machte eine Eingabe zur weiteren Beratung in der Stadtverordnetenversammlung. Darin fordert der Verein die Erhaltung der Landschafts- und Naturschutzgebiete in Ahrensburgs Süden, die Schaffung von neuem Wohnraum durch Nachverdichtung bestehender Bebauung und ein Verkehrskonzept für den Süden.
Auf Nachverdichtung bezog sich auch der Ahrensburger Jörgen Wortmann mit einer Frage: „Warum wird auf dem Stormarnplatz kein Wohnraum geschaffen?“ Darauf antwortete Bürgermeister Michael Sarach: „Dafür gab es bislang keine politische Mehrheit bei den Stadtverordneten. Vielleicht gibt es sie ja künftig.“
Versammlungsthemen lassen Raum für Diskussionen
Zu der umstrittenen Darstellung von Wohnbaupotenzialflächen im Flächenplanentwurf, also von Gebieten, auf denen in Zukunft Wohnbebauung möglich sein soll, sagte Michael Sarach: „Wir brauchen Flächen und Zahlen für den Plan, um rechnerisch die Vorgaben des Landes zu erfüllen. Die tatsächliche und endgültige Bebauung liegt in der Hand von Ahrensburg, darüber wird später und nur hier entschieden.“
Darauf fragte ein Bürger nach: „Was passiert, wenn Ahrensburg die Vorgaben des Landes nicht erfüllt?“ Dazu sagte der Bürgermeister: „Der Landesentwicklungsplan gilt auch für Ahrensburg. Er, der Regional- und der Flächennutzungsplan müssen im Einklang stehen. Ansonsten verstößt Ahrensburg gegen das Baugesetzbuch und der Innenminister verweigert seine Zustimmung zum Flächenplan.“ Dies, so Sarach weiter, sein nicht sein Wille. Er habe sich an Recht und Gesetz zu halten.
Alles in allem erfuhren die Teilnehmer der Versammlung kaum neue Sachinformationen zu den besprochenen Themen. Offen blieb etwa, wann genau die Einwendungen der Bürger zum Flächenplan beschieden werden. Und ebenso, wie die Stadt weiter gegen die Lärmschutzwände der Bahn vorgehen will. In jedem Fall werden beide Themen weiter für Diskussionen sorgen.