Grosshansdorf. Das Abendblatt stellt in einer Serie in lockerer Folge Kleingartenvereine vor. Heute sind wir in Großhansdorf.
und Chiara Schmitz
Ein langer Weg führt die Besucher des Kleingartenvereins Radeland in Großhansdorf an 50 Parzellen vorbei. Auf dem Areal zwischen Wald und Feldern ist nichts zu hören außer dem Summen der Mücken, die an diesem lauen Sommerabend die ansonsten ruhigen Gemüter der Kleingärtner erhitzen. Doch all das trübt deren Glück nicht. Im beschaulichen Großhansdorf haben viele ihre ganz persönliche Oase gefunden.
Die grüne Oase inspiriert die Künstlerin Martina Hilbert
Helga Möller (66) aus Ammersbek verbringt beinahe den ganzen Sommer am Radeland. „Mit meinem Mann mache ich hier Urlaub“, sagt die Rentnerin. Was sie motiviert, hier einen Garten zu pflegen? „Die Freude an der Arbeit im Grünen hat uns hierher geführt.“ Der Einsatz hat sich gelohnt. In einem Gemüsebeet wachsen neben Roter Bete auch Fenchel, Rhabarber und Erdbeeren. Der Anbau von Gemüse und Obst hat eine lange Tradition. Kleingarten-Vorstand Uwe Pölitz: „Ich kann mich an eine ältere Dame erinnern, die mit dem Ertrag ihrer Ernte die Pacht bezahlt hat.“ Strenge Regeln für Pächter gebe es nicht, sagt Pölitz. „Wenn zum Beispiel einmal jemand in seiner Laube übernachtet, stört das hier niemanden.“ Solche Freiheiten schätzen die Kleingärtner in der Waldgemeinde offenbar seit Generationen. Mitte August feierte Radeland 70. Geburtstag.
Das Einladungsplakat zum Fest hat Künstlerin Martina Hilber mitgestaltet. Sie und ihr Mann Peter haben ihre Liebe zum Kleingärtnern vor drei Jahren entdeckt. Die 61-Jährige und ihr Mann sind Hoisdorfer, entdeckten den Verein während eines Spaziergangs. Martina Hilber war sofort begeistert. Ihren Mann musste sie noch überzeugen. Doch heute unterstützt der 65-Jährige seine Frau tatkräftig bei der Gartenarbeit. Erntet gern das Beet ab, in dem Kohlrabi, Gurken, Salate, Fenchel, Rote Bete und mehr wachsen. Nur Tomaten wollen jetzt nicht gedeihen, „schimmeln vor sich hin“, sagt Peter Hilber.
Einige Lauben verfügen über Kochnischen
Martina Hilber sagt: „Ich komme meist nach der Arbeit hierher. Es ist meine Oase – wie eine kleine Insel.“ Ein Eiland, dass die Künstlerin inspiriert. Ihre Bilder sind ein Mix aus graphischen Elementen und Zeichnungen. Beim Jubiläumsfest machte sie aus elf Werken bare Münze, verkaufte sie an Bekannte und ein Kleingärtnerpärchen. Von anderen Bildern mag sie sich nicht trennen. Einige schmücken die Wände der Laube, die sie liebevoll Casa Tina nennt. Das Schild mit dem Schriftzug, das den Eingang zur Laube ziert, ist ein Geschenk ihrer Tochter.
Auf dem älteren Teil der Anlage, auf dem auch die Parzelle von Helga Möller steht, erinnert wenig an einen Kleingartenverein. Die imposanten Lauben wirken eher wie kleine Ferienhäuser. „Die stehen unter Bestandsschutz. Die Lauben auf dem erweiterten Gelände dürfen aber eine Größe von 24 Quadratmetern nicht überschreiten“, sagt Uwe Pölitz. Mitte der 1970er-Jahre wuchs der Kleingartenverein um rund die Hälfte auf etwa 21 Hektar. Als Luxus-Kleingärtner sehen sie sich die Pächter jedoch nicht, obwohl alle Gartenhäuser über Strom- und Wasseranschluss verfügen. Auch gibt es Kochnischen in einigen Lauben.
Kleingärtner kommen gut mit Flüchtlingen von nebenan klar
Martina Hilber schätzt solchen Komfort, den es in vielen anderen Kleingartenvereinen nicht gibt. Auch eine benachbarte Unterkunft für Asylbewerber stört hier niemanden. Im Gegenteil. Laut Vereinsvorstand Friedrich Heine kommen die Kleingärtner gut mit den neuen Nachbarn klar, empfinden sie als „ruhig und angenehm. Neulich war ich mit meiner Schubkarre auf einem der Wege unterwegs. Als mir eine Gruppe von Flüchtlingen entgegekam, wurde ich gefragt, ob sie mir helfen können“, sagt Heine. Ohnehin werde kulturelle Vieflat am Radeland groß geschrieben. „Wir haben hier deutsche Familien mit polnischen oder russischen Wurzeln. Und einen Finnen“, sagt Uwe Pölitz.
Das ist der Verein
Sonntags ab 11 Uhr treffen sich die Gartenfreunde zum Frühschoppen im urigen Vereinsheim. Friedrich Heine, mit 83 Jahren zweitältestes Mitglied im Verein, scherzt: „Die Treffen am Sonntag halten jung.“ Seit mehr als 40 Jahren ist er in Großhansdorf Hobbygärtner. Aber auch neue Mitglieder bereichern die Gemeinschaft. Pölitz: „Was uns besonders freut: immer mehr Handwerker finden ihren Weg zu uns. Davon profitieren wir alle.“