Tangstedt. Das Abendblatt stellt Ausflugsziele in Stormarn vor. Heute: die Alte Rader Schule des „Ratiopharm“-Zwillings Folke Kaempfe.

Der Tangstedter Ortsteil Rade besteht aus wenig mehr als 150 Häusern. Kaum vorstellbar also, dass hier einmal eine Schule betrieben wurde. „Richtig Dorf“, sagt Folke ­Kaempfe, die auf der Terrasse des weitläufigen Biergartens sitzt. Vor 50 Jahren grasten hier noch Schafe im Grünen, erzählt sie, während die Mädchen und Jungen drinnen den Schulstoff durchkauten. In den 60er-Jahren musste die Schule dann schließen, stand viele Jahre leer und wurde in den 80ern zur Gastronomie. Seit einem Jahr betreibt Folke Kaempfe nun die „Alte Rader Schule“ – als Restaurant mit weitläufigem Biergarten, das in vielerlei Hinsicht versucht, zwischen den Welten zu vermitteln.

Restaurantleiter Guido Quast kocht „bodenständig, aber mit Pfiff“ HA Sebastian Knorr Biergarten mit Sonnenschirm und Strandkorb

Da wäre zum einen die Lage. Denn Kaempfes Restaurant liegt zwar im ländlichen Schleswig-Holstein, aus unmittelbarer Nähe grüßt jedoch die immer weiterwachsende Metropole Hamburg. Regionen also, die kulinarisch nicht immer auf der gleichen Wellenlänge liegen. Erschwerend kommt hinzu, dass im klassischen Biergarten nun mal Hefe-Weißbier gereicht wird. Die 39-Jährige kommt aber nicht aus München, sondern ist in Flensburg geboren. Und die Nordlichter mögen ihr herbes Pils ebenso wie die Bayern ihr Hefeweizen.

Kaempfe nimmt es gelassen. Die 39 Jahre alte Restaurant-Betreiberin sitzt in sportlichen Turnschuhen und schickem Sommerkleid auf der Terrasse vor der Alten Schule. Über ihr der Sonnenschirm von Paulaner, drei Meter weiter ein Strandkorb, gesponsert von der Flensburger Brauerei. Beide Biere gibt es hier frisch gezapft.

Bei gutem Wetter wird hier gegrillt

„Wir wollten den Biergarten beibehalten“, sagt Kaempfe. Allerdings sollte der Außenbereich nicht mehr so zünftig wie bei den Vorbesitzern sein. Auf der Terrasse stehen jetzt also leichte Gartenmöbel aus Holz, Blumen zieren die Tische, ein Spielplatz ist entstanden. Sonntags gibt es hier außerdem Kaffee und Kuchen, bei gutem Wetter wird gegrillt. Im Innenbereich dominieren nun helle Farben. Und die Speisekarte ist schlanker geworden.

Aus knapp zwanzig Gerichten kann der Gast derzeit wählen. Es gibt einige Klassiker wie Wiener Schnitzel oder Roastbeef. Doch viele Angebote wechseln mit den Jahreszeiten. „Wir gehen nach den Produkten“, sagt Kaempfe. Gerade sind Pfifferlinge auf der Karte: Also gibt es die Pilze als Süppchen, mit Pasta oder Rumpsteak. Und Matjestatar mit Gurken und roten Zwiebeln.

Vom Biergarten sind es nur wenige Schritte zum Rader Wald HA Sebastian Knorr Die Gerichte kosten zwischen neun und 26 Euro

Als kulinarisches Vermittlungsangebot zwischen gutbürgerlicher Landhausküche und Hamburger Szenegas­tronomie dürfte wohl das letzte Gericht auf der Karte gelten: Wildburger mit Trüffelmayonnaise. Preislich liegen die Gerichte zwischen neun und 26 Euro. „Wir kochen bodenständig, aber mit Pfiff“, sagt Restaurantleiter Guido Quast (25).

Das Essen kommt offenbar an. Die Küche habe sich mit dem Inhaberwechsel wieder gebessert, verrät ein älteres Paar aus Hamburg, das gerade an einem der Tische auf der Terrasse Getränke bestellt hat. Die letzten Jahre habe man „eine Pause gemacht“ und sei jetzt wieder regelmäßig hier.

Gäste können Aula und Klassenzimmer buchen

Kaempfe freut sich über den Zuspruch. Besonders stolz ist sie aber, dass die Nachbarschaft aus Rade wieder den Weg ins Restaurant findet. „Lange Zeit war hier nur für Veranstaltungen geöffnet“, sagt sie. „Wir kombinieren Veranstaltungen mit dem À-la-carte-Geschäft.“

Veranstaltungen, das sind zum Beispiel private Feste und Firmenevents, für die Gäste einen der Innenräume (Aula, Klassenzimmer oder Lehrerzimmer) oder eine der Terrassen buchen können. Hinzu kommen hausinterne Events: Derzeit organisiert Kaempfe Schulkonzerte, zu denen sie junge Musiker aus der Region einlädt. Ende des Monats feiert die neue Alte Schule Geburtstag: Am Sonnabend, 27. August, ist die Feier, bei der es Barbecue und Livemusik gibt.

Der Biergarten ist sehr beliebt. Es gibt Pils und Hefeweizen HA Alte Schule Rade Werbespots machten Kaempfe in ganz Deutschland bekannt

Für ihren Traum vom eigenen Restaurant hat Folke Kaempfe ihr Leben in Hamburg aufgegeben, ist aber in gewisser Weise zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Hamburger Hotel Grand Elysée. Danach kehrte sie der Gastronomie den Rücken zu, wie sie sagt. Grund war ein Werbevertrag für „Ratiopharm“, der Folke Kaempfe und ihre Zwillingsschwester Gyde deutschlandweit berühmt machte.

Es folgten eine eigene Castingagentur für Zwillinge, ein Studium der Angewandten Kulturwissenschaften, eine Weltreise und eine eigene Produktionsfirma. Ob sie noch auf die Spots angesprochen werde? „Ständig“, sagt Kaempfe, häufig sei es nur das Gefühl: „Wir kennen uns doch.“ „Aber wenn ich mit meiner Schwester unterwegs bin, auf jeden Fall.“ Ob sie das nerve? „Überhaupt nicht.“

Nach dem Trubel also jetzt Stormarner Idylle und ein neuer Posten. Sie liebe den Rader Wald, sagt sie, schätze sehr die Natur hier. Außerdem habe sie als „Direktorin ein tolles Kollegium“, sagt Kaempfe. Und das kleine Rade hat wieder eine Schule, die auch spontanen Besuchern offen steht. Eine Bildungseinrichtung, die selbst die kühnsten Schülerträume überragen mag: mit Biergarten auf dem Schulhof.

Alte Rader Schule Rader Weg 209
in Tangstedt. Tel.: 040/607 11 68,
Homepage: www.raderschule.de,
Öffnungszeiten: Mittwoch-Sonntag ab 12 Uhr