Travenbrück. Autobahngeräusche stören vor allem die Zehntausende von Gästen , die jedes Jahr nach Nütschau kommen. Politiker will eine Lösung finden.
Verkehrslärm bedroht die Ruhe im Kloster Nütschau. Noch hat der Störfaktor keine biblischen Ausmaße angenommen. Doch mittlerweile beschweren sich immer mehr Gäste der Benediktinermönche in dem Travenbrücker Ortsteil über die Geräuschkulisse.
„Wenn jemand fragt, dann behaupte ich, das Rauschen komme von der Ostsee“, sagt Bruder Johannes und lacht. Was sich mit viel Fantasie und gutem Willen nach Meeresrauschen anhört, sind in Wirklichkeit Lastwagen und Pkw. Die donnern tagein tagaus über die nahe gelegene A 21. Nur am Sonntag ist es verhältnismäßig ruhig. An den anderen Tagen ist die alte Schallschutzwand aus den 80er-Jahren mit dem Verkehrsaufkommen überfordert.
Rund 23.000 Gäste pro Jahr übernachten im Kloster
Es sind weniger die Mönche, die sich an dem gleichmäßigen Grundrauschen stören, welches das Klostergelände seit einiger Zeit von Westen her heimsucht. Die Gemeinschaft hat sich an den Verkehrslärm gewöhnt. „Wir leben und arbeiten hier“, sagt Bruder Johannes. Um Stille zu finden, gehe er woanders hin. „Doch um uns geht es hier auch nicht“, so der Prior des Klosters.
Vielmehr fühlen sich immer wieder die Gäste des Hauses gestört. Einige haben deswegen bereits ihren Aufenthalt vorzeitig abgebrochen. Bruder Johannes kann das verstehen. Immerhin suchen die Menschen hier nach Entspannung, wollen dem Alltag entfliehen, und bei vielen liege der Fokus dabei auf der erhofften Stille.
Eigentlich ein Ort der Ruhe: das Kloster Nütschau. Es ist das nördlichste Benediktinerkloster Deutschlands HA Finn Fischer Kloster kämpft seit 80er-Jahren für Schallschutzmauer
Jährlich bewirtet das Benediktinerkloster 23.000 Übernachtungsgäste. Hinzu kommen die Tagesgäste. Wald und Brennermoor in Klosternähe zählen zu den schönsten Naherholungsgebiete der Region. Stormarner Radwanderweg, Mönchs- und Jakobsweg treffen hier aufeinander. Entsprechend groß ist auch die touristische Bedeutung. „Für viele Menschen ist das hier ein sehr sinnstiftender Ort, und die Natur trägt einen großen Teil dazu bei“, sagt Bruder Benedikt. Auch er hat gelernt, mit der nahe gelegenen Autobahn zu leben. „Aber auch ich merke, dass der Verkehr zunimmt“, sagt der stellvertretende Leiter des Klosters. Wie viel Lärm auf dem Klostergelände ankommt, hängt von mehreren Faktoren ab. Besonders schlimm ist es bei Westwind und wenn die Bäume zwischen Priorat und Autobahn keine Blätter tragen.
Alles begann mit dem Ausbau der B 404 zur Autobahn. Das war in den 80er-Jahren. Damals kämpfte das Kloster für den Bau einer Schallschutzmauer – sogar mit juristischen Mitteln. Die Mönche schalteten einen Rechtsanwalt ein, bis der Bund endlich nachgab und eine etwa vier Meter hohe Holzwand entlang der Autobahn errichten ließ. Die hielt auch lange Zeit den Lärm im Zaum. Doch mittlerweile überfordert die zunehmende Verkehrsdichte das 1986 errichtete Bauwerk. Durch den geplanten Ausbau der verbliebenen B 404 ab dem Kreuz Bargteheide könnte sich die Situation mittelfristig noch verschärfen. Um ihren Gästen innerhalb der zum Kloster gehörenden Gebäude ihre Ruhe zu bieten, wurden bereits Schallschutzfenster eingebaut. Weitere Nachbesserungen sollen folgen.
Gero Storjohann, CDU-Bundestagsabgeordneter, sagt: „ich werde mich mit dem schleswig-holsteinischen Verkehrsminister Bernd Buchholz über die Lösung des Problems unterhalten.“ HA Bundetag/Knittermeier Autobahnlärm nicht das erste Verkehrsproblem
Auf Initiative eines Klosterbesuchers machte sich am Mittwoch der Bundestagsabgeordnete Gero Storjohann (CDU) auf den Weg ins Kloster, um sich mit den Brüdern über das Lärmproblem zu unterhalten. Bei einer Ortsbegehung stellte auch der Bundespolitiker fest: „So laut dürfte es hinter einer Lärmschutzwand nicht sein.“ Die jetzige Wand erfülle die Anforderungen nicht. Auch müsse sie verlängert werden, um einen besseren Lärmschutz zu gewährleisten. „Deswegen werde ich mich mit dem schleswig-holsteinischen Verkehrsminister Bernd Buchholz über die Lösung des Problems unterhalten“, sagte Storjohann.
Der Autobahnlärm ist nicht das erste Verkehrsproblem. Ein paar Sorgen bereitet den Mönchen auch die Straße vor dem Priorat, die morgens und abends während der Pendlerzeiten stark befahren ist. Bislang sorgen zwei Blumenkübel am Fahrbahnrand dafür, dass am Kloster und vor dem gegenüberliegenden Jugendhaus langsam gefahren wird. Doch immer wieder gibt es in der Gemeinde Diskussionen, die Schikanen abzubauen. „Das würde wohl dazu führen, dass dort wieder schneller gefahren wird“, vermutet Bruder Johannes. Vor Jahren verirrten sich außerdem immer wieder große Sattelzüge nach Nütschau und mussten auf der schmalen Straße vor dem Priorat rangieren. Grund dafür war eine fehlerhafte Navigationssoftware, die vielen Lkw-Fahrern den ungeeigneten Weg durch die Gemeinde zu einem Autobahnzubringer empfahl. „Das hat sich mit einem Softwareupdate der Navigationsgeräte-Hersteller glücklicherweise erledigt“, sagt Bruder Benedikt. Um das Problem mit dem Autobahnlärm zu beheben, braucht es wohl etwas mehr als ein Software-Update. Doch vielleicht erhört Gott – und die Bundesregierung – die Gebete nach Ruhe in dem nördlichsten Benediktinerkloster der Republik.