Reinbek. Im Dorfmittelpunkt des Reinbeker Ortsteils endete nach 153 Jahren eine Ära – 120 Gäste wollten dabei sein. Hotelzimmer sollen bleiben.
Eine Ära geht zu Ende, mit der viele Reinbeker ungezählte emotionale Momente verbinden. Ob Hochzeiten, Jahrestage, Konfirmationen oder gesellige Treffen von Parteien, Feuerwehr und Vereinen – die Hackmacks waren perfekte Gastgeber und für viele Stammgäste auch Freunde in Prahls Gasthof. Eineinhalb Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes Hans-Karl (1951–2016) und gut drei Jahre nach dem 150. Jubiläum des Lokals zog Rosanna Hackmack (61) einen Schlussstrich. „Ein sehr emotionaler Moment“, sagte die Gastronomin.
Wirtin hatte mit solchem Andrang nicht gerechnet
Für sie und ihre Kinder war Prahls Gasthof über Jahrzehnte Wohnzimmer und Arbeitsplatz zugleich. Die Nachricht, dass das legendäre Bratkartoffelbüfett nun zum letzten Mal serviert wurde, hatte sich in Reinbek schnell verbreitet. Mehr als 120 Gäste füllten die Gaststuben. „Wir hatten mit so einem Andrang nicht gerechnet.“ Auch am Tag danach war auf dem Tresen kaum noch Platz neben den vielen Blumensträußen.
Vor dem Tresen genossen auch Ohes Feuerwehrchef Oliver Selke und dessen Vater Reiner Selke (73) eines der letzten frisch gezapften Biere. „Dass wir hier zum Feierabend mit Nachbarn zusammensitzen können, werden wir vermissen“, sagt Oliver Selke, der von den Hackmacks „Olli“ genannt wird. Reiner Selke hat früher selbst hinterm Tresen Bier gezapft. Er erinnert sich noch daran, wie der Senior zu ihm gesagt hatte: „Reiner, ich will die Preise erhöhen, sieh zu, dass Du Deine Hochzeit feierst.“
Wie tief verwurzelt Prahls Gasthof im Stadtteil und der Region ist, zeigte sich im Oktober 2014. Anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Gasthofes nahmen auch Ferdinand Fürst von Bismarck, seine Frau Elisabeth und sein Sohn Gregor an der Jubiläumstafel Platz. Mehr als 30 Jahre wurden im Schloss zahlreiche Jagdgesellschaften und Feiern von den Hackmacks begleitet.
Die sechs Hotelzimmer sollen weiter bewirtschaftet werden
Hans-Karl Hackmack hatte den Gasthof 1982 von seinem Vater gekauft. 1990 kamen Hotelzimmer hinzu. Das Entenessen der CDU und auch die „Oher Grazien“, ein Witwenclub, verdankt dem Gasthof so manche vergnügliche Stunde. Als „Köm-Kutscher“ hatte Hinrich Prahl den Grundstein für den Gasthof gelegt. Denn vor 153 Jahren fragte sich der Oher, warum er die Schönauer Schnäpse zu den Knechten und Bauern fahren soll, die könnten auch zu ihm kommen. 1864 eröffnete er in seiner strohgedeckten Bauernkate „Prahls Gasthof“. Das Haus brannte ab, wurde neu gebaut und 1954 in vierter Generation von Hans-Heinrich Hackmack (1924–2008), nach dem das Oher Stadion benannt wurde, übernommen. 1974 stieg Hans-Karl Hackmann mit seiner Ehefrau Rosanna ein.
Doch die nächste Generation mit Sohn Hans-Hermann Hackmack (37) ist nun nicht am Zug. „Die Kinder möchten eigene Wege gehen“, sagt Rosanna Hackmack. Einen Nachfolger für den Betrieb gebe es nicht. Es sei schwer, in der Gastronomie Personal zu finden. Sie wird neben dem Gasthof in Ohe wohnen bleiben und vorerst die sechs Hotelzimmer weiter bewirtschaften. Wie es mit dem Haus weitergeht, sei noch nicht entschieden.